Bilanz: Viel Pep, viele Titel, viel Gegenwind

Abschied: Pep Guardiola verlässt nach drei Jahren und vielen Titeln die Bayern.
Pep Guardiola sitzt im Cupfinale gegen Dortmund um letzten Mal auf der Bayern-Bank. Was bleibt in Erinnerung?

"Was einen Trainer groß macht, ist, was die Spieler am Ende über ihn sagen." Pep Guardiola

Eine Gelegenheit gibt’s noch. Eine allerletzte Chance, um Pep Guardiola einen würdigen Abschied zu bereiten und für ihn doch ausnahmsweise einmal die Stimme zu erheben. Oder werden sich die Pep-Sprechchöre von den Tribünen bei seinem finalen Auftritt im Cup-Endspiel zwischen Bayern und Dortmund in Berlin (20 Uhr, live in ARD, Sky) wieder so anhören wie während der gesamten dreijährigen Amtszeit?

Dabei schreien die Erfolge, die der Katalane in seinen drei Jahren bei den Bayern einfahren konnte, förmlich nach ständigen Standing Ovations. Nicht zu vergessen seine Liebeserklärung an München: "Ich liebe, liebe diese Stadt."

Aber hat das auf Gegenseitigkeit beruht? Hat die Stadt, haben die Fans jemals auch Pep Guardiola geliebt?

Der starke Gegenwind

Es war schon auffällig, dass der 45-jährige nur selten für das gelobt worden ist, was er in seiner Ära bei den Bayern getan und gewonnen hat. Vielmehr wurde Guardiola oft nur dafür kritisiert, was er ausdrücklich nicht gemacht und nicht gewonnen hat. Das nahm vor allem in den vergangenen Monaten, als sein Abschied Richtung Manchester City feststand, teilweise absurde Züge an.

Pep Guardiola wurde plötzlich etwa vorgehalten, dass er sich in München kaum in der Öffentlichkeit habe blicken lassen. Stimmt so nicht, denn er tauchte nicht nur im Zirkus Roncalli auf, er las im Literaturhaus auch einmal Gedichte des katalanischen Autors Miquel i Pol. Und im berühmten "Schumann’s" war Guardiola sogar Stammgast. Ja, selbst Oktoberfestbesuche ließ er lächelnd über sich ergehen, auch wenn Guardiola in der Lodentracht so fremd wirkte wie eine Stripperin im Rollkragenpullover.

Die unfaire Kritik

Ein weiterer Kritikpunkt betraf seinen distanzierten Umgang mit den Journalisten, denen er, wie übrigens schon in seiner Zeit beim FC Barcelona, weder Einzelinterviews noch Einblicke ins Privatleben gewährte. Diese Reserviertheit unterschied ihn von manchen Vorgängern, andererseits wird kein lokaler Reporter jetzt behaupten, dass Ex-Bayern-Trainer Louis van Gaal etwa ein angenehmerer Zeitgenosse gewesen wäre.

Am meisten angekreidet wurden Pep Guardiola allerdings die Auftritte in der Champions League, in der für die Bayern drei Mal in Folge im Semifinale Endstation war. Wenn’s jetzt ums Bilanzziehen geht, dann wird fast immer nur das Abschneiden im Europacup herangezogen. All die Superlative und Bestmarken, die unter Guardiola in der Meisterschaft aufgestellt wurden, fallen da meist unter den Tisch: die meisten Punkte, die meisten Spiele ohne Niederlage und Gegentor, der beste Saisonstart, die meisten Siege in Folge, der größte Vorsprung auf den Tabellenzweiten? Wird gerne übersehen.

Dieser Tage erst stellte Lothar Matthäus in der Sport Bild seine persönliche Hitparade der Bayern-Trainer auf. Guardiola schaffte es dabei nicht unter die ersten fünf. "Er wird nicht so lange im Gespräch bleiben. Ihm fehlt der Champions-League-Sieg."

Das schöne Spiel

Aus Matthäus spricht die alte Bayern-Schule. Nichts geht beim Rekordmeister, Titelsammler und Finanzkrösus über Zahlen,Fakten und Trophäen. Insofern hat einer wie Guardiola wohl nie richtig zu diesem Verein gepasst. "Titel sind nur Nummern", pflegt der Coach nämlich zu sagen. Guardiolas Antrieb sind nicht die Triumphe, ihm geht es vorrangig um das schöne, um das perfekte Spiel. "Der Trainer spricht durch seine Mannschaft, durch die Spielweise."

Dieser fast schon künstlerische Ansatz gefällt auch Joachim Löw. Die Kritik an Guardiola kann der Bundestrainer nicht nachvollziehen: "Guardiola hat unheimlich viel bewegt und die Bayern noch einmal auf ein anderes Niveau gehoben", sagte Löw der Süddeutschen Zeitung.

Die große Zukunft

Gut möglich, dass bald die leise Kritik vieler an Guardiola in lautes Wehklagen übergeht. Gut möglich, dass man in München diesen ehrgeizigen Trainer erst richtig zu schätzen weiß, wenn er weg ist. Gut möglich, dass sein Nachfolger Carlo Ancelotti in der Champions League die Früchte erntet, die Guardiola gesetzt hat.

"Ich habe mein Bestes gegeben", sagt Pep Guardiola.

"Er hat jeden Spieler weitergebracht", sagt Kapitän Philipp Lahm.

Das ist genau das, was Pep Guardiola hören wollte.

Mit Meister Bayern und Vizemeister Borussia Dortmund stehen sich im Pokal-Endspiel in Berlin (20 Uhr, live in ARD und Sky) jene zwei Mannschaften gegenüber, die in dieser Saison in einer eigenen Liga gespielt haben.

Das Duell
In der Meisterschaft fertigten die Bayern den Erzrivalen im Herbst mit 5:1 ab, das Duell im Frühjahr endete torlos. Bereits vor zwei Jahren standen sich die beiden Teams im Cup-Endspiel gegenüber, damals setzten sich die Bayern durch.

Die Cup-Bilanz
Rekordmeister Bayern ist mit 17 Erfolgen auch Rekordsieger im Cup. Dortmund hat bisher drei Mal den Cup geholt.

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