Auf den Spuren von Alaba

Kevin Friesenbichler
Im Moment sind sieben ÖFB-Nachwuchsspieler bei Bayern München engagiert.

Im Schatten von David Alaba hoffen weitere junge Österreicher auf den großen Durchbruch beim FC Bayern. Alessandro Schöpf (19 Jahre/Mittelfeld/Bayern II), Kevin Friesenbichler (19/Angriff/Bayern II), Christian Derflinger (19/Mittelfeld/Bayern II), Ylli Sallahi (19/Abwehr/U19), Oliver Markoutz (18/Angriff/U19), Stefan Hager (18/Abwehr/U19) und Marco Friedl (15/Angriff/U16) scharren beim deutschen Fußball-Rekordmeister und aktuellen Champions-League-Finalisten bereits in den Startlöchern.

Österreichisches Potenzial nutzen

Bayerns mittlerweile pensionierter Ex-Nachwuchschef Werner Kern (re.) war an den Verpflichtungen der ÖFB-Hoffnungen maßgeblich beteiligt und ist von ihrem Potenzial überzeugt - ebenso wie von jenem des österreichischen Fußballs generell. "Ich bin mir sicher, dass die österreichische Nationalmannschaft in den nächsten Jahren die Qualifikation für ein großes Turnier schaffen wird.

In Österreich wachsen hervorragende Fußballer heran, dort gibt es eine erstklassige Grundausbildung", sagte der 67-jährige Deutsche. Aus diesem Grund suchen die Bayern gerne südlich der Grenze nach Nachwuchshoffnungen. "Wir haben immer gern auf österreichische Spieler zurückgegriffen, auch wegen der gleichen Sprache und Kultur."

Bessere Chancen im Ausland

Dennoch könne man nicht davon ausgehen, dass es regelmäßig Österreicher in die Kampfmannschaft der Münchner schaffen. "Das sind alle gute Jungs, aber wenn erwartet wird, dass sie alle so werden wie Alaba, überfordert man sie. Das Wichtigste ist, dass sie im deutschen Profi-Fußball Fuß fassen können", betonte Kern.

Die Kritik aus Österreich, dass die größten heimischen Talente immer wieder von ausländischen Klubs zu einem relativ geringen Preis abgeworben werden, kann Kern nicht nachvollziehen. "Ich verstehe nicht, dass sich einige in Österreich aufregen, wenn junge österreichische Spieler ins Ausland gehen. Dort werden sie einfach mehr gefordert und können sich besser entwickeln."

Testspiele für die Profis

Wer sich von der aktuellen jungen österreichischen Bayern-Riege am besten entwickeln könnte, wollte Kern nicht prophezeien. Besonders positiv habe sich zuletzt aber Schöpf hervorgetan. "Er ist ein großartiger Fußballer, der jetzt auch reifer geworden ist."

Im Gegensatz zum Tiroler haben Friesenbichler und Markoutz schon Testspiel-Erfahrungen in Bayerns Profi-Truppe gesammelt. Im vergangenen Juli, als sich die Stars noch auf Urlaub befanden, trafen sie sogar in einem Probegalopp gegen eine Trentino-Auswahl.

Knasmüller scheiterte

Während die Zukunft von Schöpf und Co. bei den Bayern noch offen ist, sind in der Vergangenheit auch einige Österreicher im Bayern-Nachwuchs gescheitert - so etwa Christoph Knasmüllner.

Der Wiener kam 2008 gemeinsam mit Alaba von der Austria nach München und war laut Kern praktisch genauso talentiert. "Bei ihm ist es dann aber leider in die andere Richtung gegangen", erzählte der Bayer.

Kern fungierte von 1998 bis vergangenen Juli als Nachwuchschef der Münchner. Von 1973 bis 1977 arbeitete er unter Udo Lattek und Dettmar Cramer als Co-Trainer der Profis und gewann in dieser Zeit dreimal den Meistercup. Es folgten Stationen als Chefcoach unter anderem bei Nürnberg, Trier und Ulm, danach übernahm Kern von 1983 bis 1998 den Posten des Managers für die weltweite adidas-Fußball-Promotion.

Als David Alaba vor fünf Jahren zum FC Bayern gewechselt ist, hat noch wenig auf eine glanzvolle Karriere beim deutschen Fußball-Rekordmeister hingedeutet. Aber jener Mann, der den Wiener einst nach München lotste, war schon damals vom Potenzial des Rohdiamanten überzeugt. "Ich habe vom ersten Tag an, als ich ihn gesehen habe, gewusst, dass er sich bei den Bayern durchsetzen wird", erklärte Werner Kern.

Alaba sofort verpflichtet

Der seit vergangenen Sommer pensionierte Ex-Nachwuchschef des Champions-League-Finalisten wurde 2008 vom damaligen Bayern-Juniorentrainer Heiko Vogel - später Coach von Aleksandar Dragovic beim FC Basel - auf Alaba aufmerksam gemacht. Daraufhin beobachtete Kern den zu dieser Zeit 15-Jährigen in einem Testspiel von Austrias U18-Team - und entschloss sich sofort, ihn nach München zu holen.

Auf den Spuren von Alaba
APA438678-2 - 13072009 - WIEN - ÷STERREICH: ZU APA TEXT SI - Der Nachwuchs-Chef der Bayern Werner Kern (r.) und David Alaba (l.) anl. der PK des ÖFB "Vorstellung des Projekt 12" am Montag, 13. Juli 2009, in Wien. APA-FOTO: HELMUT FOHRINGER
Alaba und sein Vater wurden in die bayrische Hauptstadt eingeladen, noch am selben Tag war man sich über einen Vertrag einig. Alaba junior wollte aber vor der Unterschrift noch die Austria informieren. "Am nächsten Tag hat mich Ernst Neumann (Anm.: damals Statthalter von Frank Stronach bei der Austria) angerufen und beschimpft", erzählte Kern.

Er habe den Wienern das Talent aber nicht "ausgespannt", betonte der 67-jährige Deutsche. "Entscheidend war, dass er sich in der Schule in Hollabrunn nicht wirklich wohlgefühlt hat." Alaba, der 150.000 Euro Ausbildungsentschädigung kostete (derzeitiger Marktwert: 22 Millionen Euro), schlug Angebote von Werder Bremen, Bayer Leverkusen sowie von englischen und italienischen Klubs aus und entschied sich für München, wo er sich schnell einlebte.

Alaba mental stark

"Obwohl er etwas schüchtern war, hat er sich nie schwergetan. Das lag vor allem daran, dass er schon damals mental unglaublich stark war, immer am Boden geblieben ist und eine gute Erziehung bekommen hat. Dazu kommt noch die gute Ausbildung bei der Austria und als Straßenfußballer", sagte Kern.

Schon bald nach dem Wechsel ging es mit Alaba steil bergauf. "Er war von Anfang an bei allen Trainern und Mitspielern beliebt, weil er eine gute Mischung hat - auf der einen Seite den nötigen Ernst, auf der anderen Seite einen guten Schmäh", meinte Kern.

Diese Eigenschaften machten sich mittlerweile bezahlt. "David ist meiner Meinung nach der beste Linksverteidiger der Welt", sagte der frühere Bayern-Nachwuchschef.

Mittelfeld oder Verteidigung

Dabei sieht sich Alaba selbst nach wie vor eher als Mittelfeldspieler. "Aber ich habe ihm immer gesagt, er muss einmal schauen, in die Kampfmannschaft zu kommen. Über die Position sollte er sich keine Gedanken machen. Das Wichtigste ist, dass er regelmäßig spielt. Es bringt nichts, auf einer Position die Nummer zwei zu sein, wenn man auf einer anderen Position die Nummer eins sein kann", sagte Kern.

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