7 Gründe für Salzburgs Rückfall
Es ist noch gar nicht so lange her. Mitte November trennten die Austria und Salzburg gerade einmal zwei Punkte. Dann folgte die 17. Runde. In dieser gewann Austria 3:1 gegen Mattersburg, Salzburg verlor in Ried 1:3.
Der Rückstand des eigentlichen Titelfavoriten beträgt nach dem 1:1 im Nachtragsspiel beim WAC bei einem Spiel weniger satte 14 Punkte. In den Wintermonaten ist der Titelkampf wohl entschieden worden. Der KURIER begibt sich auf Spurensuche, warum Salzburg Austria nicht mehr Paroli bieten kann.
1. Berechenbarkeit
"Wir haben die Mitte zugemacht und die Salzburger flanken lassen, weil sie da nicht so gefährlich sind", erklärte WAC-Trainer Nenad Bjelica, wie sein Team am Mittwoch keine einzige Chance des Gegners aus dem Spiel heraus zugelassen hat.
Salzburg hat nur ein Konzept: das schnelle Umschaltspiel. Steht ein Gegner kompakt, der die Räume eng und beim Herausspielen keine Fehler macht, dann stehen die Salzburger an. In Wolfsberg wurde so viel geflankt wie selten zuvor – eigentlich sinnlos, weil es für hohe Bälle keine Abnehmer gibt.
2. Kaderqualität
Salzburg hat die mit Abstand teuerste Mannschaft der Bundesliga. Aber trotzdem gibt es im Kader ein extremes Leistungsgefälle. Einige Positionen sind mit Spielern besetzt, die selbst in der Bundesliga nicht zu den Topleuten zählen. Dazu gibt zu viele ähnliche Typen und keinen Leitwolf, der gerade dann, wenn es nicht rund läuft, das Spiel an sich reißen kann.
3. Stagnation
Aber nicht nur sie: Es ist ein Salzburger Mysterium. Seit dem Einstieg von Red Bull 2005 hat sich ein Großteil der österreichischen Talente nicht so weiterentwickelt wie gehofft. Daran hat sich auch in dieser Saison nichts geändert, obwohl gerade junge Österreicher so viele Chancen bekommen wie nie zuvor.
4. Bodenverhältnisse
Es ist kein Geheimnis, dass in Österreich im Winter die Fußballplätze nicht ideal sind für ein schnelles Passspiel, wie es die Salzburger praktizieren wollen. Trotzdem wurde darauf verzichtet, Spieler im Kader zu haben, die auch für eine andere Spielart geeignet sind.
5. Jugendwahn
Es war die Vorgabe von Klubeigentümer Red Bull, auf Talente zu setzen. Dies zieht die sportliche Führung eisern durch. Dass Routine in Drucksituationen abgeht, beweisen aber die letzten Wochen. In Salzburg gibt es keine Balance zwischen Jung und Alt. Deshalb fehlt auch eine Hierarchie in der Mannschaft.
6. Leistungsabfall
Bei den Spielen ist momentan nichts davon zu merken. Die Mannschaft wirkt nicht so, als hätte sie eine wochenlange gemeinsame Vorbereitung hinter sich. Viele Dinge, die von Mitte September bis Mitte November schon sehr gut funktioniert haben, funktionieren nicht mehr.
7. Eigenfehler
"Wenn du hinten jedes Mal so dumme Tore kriegst, dann verdienst du keine drei Punkte", meinte Kevin Kampl nach dem WAC-Spiel. Unerklärliche Abwehrfehler sind seit der Niederlage in Ried ein treuer Begleiter. Zu oft passieren Unkonzentriertheiten, die prompt zu Gegentoren führen. Lässt die Offensive aus, kann die Defensive keine Spiele gewinnen.
Man male sich nur aus, Rapid würde über solch ein Budget verfügen, wie es Red Bull Salzburg alljährlich darf. Um dieses in einen zweiten Platz – abgeschlagen hinter der Austria – zu investieren. Also mehr als doppelt so viel wie zirka 20 Millionen, nur um die zweite Geige in der Bundesliga zu spielen. Es würde der Teufel los sein im Hanappi-Stadion.
Oben angeführtes Szenario würde möglicherweise die Grenze des guten Geschmacks manchmal überschreiten. Doch ein gewisser Unmut sei dem zahlenden Publikum zugebilligt. Emotionen, die man in Salzburg nicht kennt. Ein Retortenklub strahlt immer Laboratmosphäre aus, und in jener von Salzburg neigt sich eine weitere teure Versuchsreihe ihrem unbefriedigenden Ende zu.
Was passiert? Nix. Eigentlich. Wieder hat ein kostspielig angelegter Neubeginn, eine neu engagierte Führungscrew den Plan der Kontinuität durchkreuzt und neue Hoffnung geschürt, die durch eine neuerliche Investition von vielen Millionen nach Bestätigung lechzt.
Aber Salzburg schaffte es wieder nicht. Nämlich in der Fußball-Bundesliga im Preis-Leistungsverhältnis zumindest so souverän zu wirken, wie man sich in der Formel 1 tatsächlich präsentiert.
Alles wirkt blutleer. Kein Aufschrei, kein Kommentar.
Oder doch? Salzburgs Sportdirektor Ralf Rangnick gibt zu: „Ehrlich gesagt liegt mir das schwer im Magen.“ Gemeint hat er allerdings Hoffenheim. Seinen Ex-Klub, zitiert in der Bild.
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