In der Krise kreuzen sich Wege der Wiener Klubs

Wem gelingt der Befreiungsschlag, Rapid (li. Thomas Schrammel) oder der Austria (re. Markus Suttner)?
Die Austria wartet noch immer auf den ersten Sieg, bei Rapid toben nach den Pleiten gegen Altach und Helsinki die Fans.

Die zwei besten Wiener Klubs haben schon bessere Zeiten gesehen. Gemeinsam holten die Traditionsvereine in dieser Saison neun Punkte – um sechs weniger als Salzburg oder der WAC. Bei Gastgeber Austria wird um die angeschlagenen Neuzugänge Marco Meilinger und Omer Damari gebangt. Bei Rapid sind nach der Rückkehr vom 1:2 in Helsinki nicht nur beim verletzten Christopher Dibon (Hüftprellung) die Folgewirkungen zu spüren. Freitagabend war ein Treffen der Klubspitze mit den empörten Vertretern der aktiven Fanszene angesetzt (siehe unten).

Das erste Derby nach dem Angriff von Rapid-"Fans" auf Austria-Talent Valentin Grubeck wurde von den Behörden schon zuvor als "Risikospiel" eingestuft.

Natürlich strotzen wir nicht gerade vor Selbstvertrauen", gibt Austria-Trainer Gerald Baumgartner zu. "Aber im Training passt alles, hängt sich jeder rein." Und trotzdem stehen die Favoritner nach fünf Runden noch ohne Sieg da. "Einige Spieler sind im Training ganz stark und bringen die Leistung im Match nicht, obwohl sie auf ihren Lieblingspositionen spielen."

Der berühmte Hebel. Wo soll er angesetzt werden?

- Generell einmal mit dem Auftanken von Selbstvertrauen. "Mit Siegen geht dann alles besser, weil Fußball spielen können alle.

- Oder bei den Neuen? "Sie haben alle Qualitäten, die Austrianer haben sollten. Sie sind aber noch nicht dort, wo wir sie haben wollen." Ob die angeschlagenen Omer Damari und Marco Meilinger ("Ich glaube schon, dass es gehen wird") überhaupt auf dem Feld stehen werden, ist noch unklar.

- Oder bei der Spielweise? Baumgartners Rezept in dieser Angelegenheit: "Aggressiver und dynamischer nach vorne spielen. "

- Oder bei Altgedienten, die neuerdings zu Zuschauern werden? Roman Kienast ("Er hatte eine starke Trainingswoche") oder auch Florian Mader hätten sich laut Baumgartner in der Derby-Woche empfohlen, könnten ante portas stehen, wenn Damari und Meilinger ausfallen. Und auch die Talente Sascha Horvath und Peter Michorl sind langsam bereit. "Sie hatten beide gesundheitliche Probleme." Sollten übrigens alle fit werden, ist es nicht ausgeschlossen, dass sich der Kader verändert, bestätigt auch Baumgartner.

- Oder soll gar der Gegner mithelfen, Austria zum ersten Sieg zu verhelfen? "Man hat es in Helsinki gesehen, Rapid kämpft mit denselben Problemen wie wir, sind spielbestimmend, aber vor dem Tor zu wenig konsequent und erhalten dumme Tore." Dazu kommt die Spielweise, wie James Holland befindet. "Vielleicht tut es gut, wenn der Gegner das Spiel macht. Bisher hatten wir Gegner, die aus der Defensive kamen."

Klar ist, dass vor dem Derby der Druck nicht kleiner wird. "Wer damit nicht umgehen kann, ist sowieso fehl am Platz", sagt Baumgartner, der sich seinen Start in Wien "nicht so zäh" vorgestellt hat.

Der Termin war lange ausgemacht, eine kurzfristige Absage hätte nach fehlendem Mut ausgesehen. Also gaben der Präsident und sein Vize Freitagabend ehrenamtliche Watschenmänner: Michael Krammer und Christoph Peschek stellten sich den Fragen der führenden Vertreter von Rapids aktiver Fanszene. Also zum Großteil jenen Anhängern, die in Helsinki nach dem 1:2 im Play-off-Hinspiel der Europa League besonders kritisch reagiert haben.

Viele der 600 Mitgereisten, die bis zum Schlusspfiff für lautstarke Unterstützung gesorgt hatten, artikulierten danach ebenso eindeutig und mit schmähenden Gesten, dass die Spieler gar nicht auf die Idee kommen sollten, sich wie üblich vor dem Fanblock zu verabschieden.

Der enorme Unmut der Fans – der sich wie 2014 üblich, auch in den sozialen Medien ausbreitete – überrascht und verwirrt die Führungsfiguren des Vereins. Das ist auch an der stark unterschiedlichen Beurteilung der Lage zu bemerken.

"Nach einem 1:2 auswärts im Europacup die Mannschaft auszupfeifen, wenn sie zwar keine große, aber eine ordentliche Leistung gebracht hat, das verstehe ich nicht", sagte Krammer beim Rückflug. "Die Mannschaft kann diese Situation schnell auflösen – mit Siegen", meint wiederum Peschek. Zoran Barisic wollte in Finnland zum Fan-Thema "nichts sagen", nach einer Nacht mit wenig Schlaf meint der Trainer: "Diese Reaktion hilft der Mannschaft nicht. Aus der Vergangenheit kann man lernen, dass nur Zusammenhalt zu Erfolgen führt. Rapid sollte auch in schlechten Zeiten eine Familie sein." Sportdirektor Andreas Müller, der nach 20 Jahren bei Schalke größeres Theater gewohnt ist, erklärt hingegen verständnisvoll: "Die Fans sind sehr kritisch – das dürfen sie auch."

Historisch ungefährlich

Zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte wurde in den ersten sieben Pflichtspielen der Saison nie mehr als ein Tor erzielt. Bei dieser Bilanz hätte ein Wiederaufbrechen der Fan-Probleme gerade noch gefehlt. Das Derby am Sonntag und der Kampf um die Gruppenphase am Donnerstag werden den Weg weisen. Barisic und Müller sind weiter "zu 100 Prozent überzeugt", dass sowohl die Kaderqualität, wie auch die Neuzugänge und das derzeit nicht effiziente Spielsystem passen.

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