Robert Lewandowski: Weltmarke aus Polen

Der Stürmer ist das Gesicht und das Herz des polnischen Teams. Donnerstag trifft er auf seine Wahlheimat Deutschland.

Die Hoffnungen ruhen auf Robert Lewandowski. Einmal tritt der Kapitän der polnischen Nationalmannschaft im roten Mannschaftstrikot auf, einmal schwingt er sich im eleganten Dreiteiler mit cooler Fliegerbrille aus dem Mannschaftsbus. Immer lässt er sich gern von Kindern umringen.

Seit der gebürtige Warschauer 2010 nach Deutschland zu Borussia Dortmund wechselte, ist die Bundesliga in Polens Medien ein großes Thema. Erst recht in diesen Tagen, wenn die Polen am Donnerstag Weltmeister Deutschland fordern (21 Uhr).

Erfolgsrezept

Anders als andere polnische Spieler lernte er schnell Deutsch und repräsentiert heute einen modernen, erfolgreichen Polen im Ausland. Wer heute auf Polens Bolzplätzen Kinder spielen sieht, erblickt oft Trikots von Dortmund oder von Bayern München, Lewandowskis aktuellem Verein. Nachwuchsspieler wollen so sein wie er.

Auf die Frage nach dem Wie auf dem Weg nach oben erwiderte der 27-Jährige mit dem gelassenen Lewandowski-Lächeln: "Daran glauben. So wenig und gleichzeitig so viel braucht es."

Doch nachspielbar ist sein Werdegang kaum: Ein Schlüsselerlebnis war eine schlimme Krise im Jahre 2005 – der Krebstod seines Vaters und der Rausschmiss bei Legia Warschau ließen ihn früh erwachsen und entschlossen werden.

Hoffnungen hegen angesichts der EM nicht nur die Fans und Fußballfunktionäre, es geht auch um viel Geld für Produktwerbung. Robert Lewandowski, sagt Michal Mango von Urban Communications, ist das "Symbol verwirklichter Träume". Die Leute wollen den gleichen Lebensstil, den er vorlebt.

Derzeit bewirbt der Sportler in Polen eine bekannte Marke koffeinhaltiger Brause, ein Smartphone, einen Fotoapparat, einen Telekommunikationskonzern, einen Rasierer und einen Sportartikelhersteller; in Deutschland tritt er zudem auch als Bayern-Werbeträger für eine Brauerei und einen Modekonzern auf.

Mit dem Kauf eines Apartments im Wohnhaus von Star-Architekt Daniel Libeskind in Warschau landete er einen weiteren Coup – die Medien schickten Fotos des lässigen Besitzers in seinem Domizil um die Welt. Der Immobilienentwickler braucht populäre Namen, schon vor zwei Jahren hätte das Prestigegebäude bezogen werden sollen, doch es fanden sich zu wenige Käufer. Gleichzeitig unterstrich Lewandowski seinen Ruf als Weltbürger.

Noch verdient er weit weniger als die internationalen Superstars Lionel Messi und Cristiano Ronaldo. Mariusz Siewierski, Lewandowskis Imageberater, plant nun den Aufstieg in die oberste Liga. Anstatt Produkte in einem oder einigen Ländern lokal zu bewerben, soll sein Gesicht einen solchen Bekanntheitsgrad erreichen, dass er als Werbeträger einer Weltmarke auftreten kann.

Es wäre ein großer Image-Erfolg für Polen, wo es sonst andersherum läuft – Hollywood-Stars wie Bruce Willis und Chuck Norris werden mit viel Geld an die Weichsel gelockt, um dort für Wodka oder eine Bank zu werben.

China-Kracher

Der Anfang ist in China gemacht. Das Smartphone der chinesischen Marke Huawei bewirbt der 27-Jährige zwar allein in einigen europäischen Ländern und in Israel. Doch in China, wo Facebook und Twitter verboten sind, ist er auf dem dortigen sozialen Netzwerk Weibo ein Star mit Millionen Fans.

Dabei hilft auch der Synergieeffekt durch seine Gattin Anna Lewandowska, die keine passive Spielerfrau ist, sondern mehrfache Meisterin in Karate. Auch sie hat Werbeverträge, teils treten sie gemeinsam auf, so etwa für einen Telekommunikationskonzern. In Polen fällt schon der Vergleich mit den Beckhams: die beiden seien eine Firma.

Zu einem weiteren Bekanntheitsgrad müssten nun in der EM die entsprechenden Tore fallen – am besten schon heute gegen Deutschland. Sonst könnten die Kritiker in Polen wieder laut werden: Der Star habe sich zu sehr mit Werbeverträgen anstatt mit dem Training für die Nationalelf beschäftigt.

Erstmals nach der Terrornacht vom 13. November kehrt die deutsche Nationalmannschaft ins Stade de France von St-Denis zurück. Damals starben insgesamt 130 Menschen, einige davon auch in unmittelbarer Nähe des Stadions.

„Man hat das im Hinterkopf“, sagte Torhüter Manuel Neuer vor der Partie gegen Polen. Das Weltmeisterteam hatte die gesamte Nacht im Stadion verbracht und war in der Früh nach dem Spiel überstürzt abgereist. Bundestrainer Joachim Löw sprach von einem „Schockerlebnis“, an ein Trauma aber glaubt er nicht: „Das ist aufgearbeitet innerhalb der Mannschaft.“ Sieben Monate später soll die Arena dem Titelmitfavoriten in besserer Erinnerung bleiben.

„Das wird schon ein vorentscheidendes Spiel, klar“, sagte Löw zur Einordnung der Partie zwischen den Siegern der ersten Runde. Deutschland schlug die Ukraine 2:0, Polen gewann gegen Nordirland 1:0. In bisher 21 Aufeinandertreffen gab es nur einen polnischen Sieg – dieser ist aber noch nicht lange her: Im Oktober 2014 feierte Polen einen 2:0-Heimsieg.

Dass Polen nicht nur aus Lewandowski (siehe oben) alleine besteht, war im deutschen Lager klar. Das Siegestor gegen die Nordiren schoss der starke Arkadiusz Milik von Ajax Amsterdam. Für Neuer sind die Polen vor allem so gefährlich, weil sie „den Lewy vorne drin haben als Weltklasse-Stürmer, aber auch andere starke Spieler“.

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