Fußball-EM im Würgegriff der Hooligan-Gewalt

Drei Russen wurden in Schnellverfahren zu Gefängnisstrafen zwischen einem und zwei Jahren verurteilt.

Die Nacht blieb ruhig in Lille. Nach den Ausschreitungen am Mittwochabend kam die Stadt für einige Stunden zum Durchatmen. Die EM-Karawane zog indes weiter nach Lens, wo am Donnerstagnachmittag das britische Bruder-Duell zwischen England und Wales für höchste Alarmbereitschaft bei den Sicherheitsbehörden sorgte.

"Die Devise lautet, das Terrain zu besetzen. Wir werden alles tun, damit es ein Fest bleibt", versprach Präfektin Fabienne Buccio am Mittwochvormittag mit Blick auf die Bilder von Tränengasschwaden, prügelnden Polizisten und blutenden Personen in der Innenstadt von Lille. Sie belegen die Null-Toleranz-Strategie der französischen Beamten, die mit harter Hand gegen Ruhestörer vorgehen.

Als nach Ende des Spiels Russland gegen Slowakei (1:2) zahlreiche Fans beider Teams in die Altstadt strömten, kam es plötzlich zu Jagdszenen. Hunderte Briten stürmten durch die Straßen - offenbar, um sich mit verfeindeten Personen aus Russland zu schlagen. Nach den Vorkommnissen in Marseille, wo russische Hooligans im Stade Velodrome nach dem Abpfiff den englischen Fanblock gestürmt hatten, waren Hooligans von der Insel offenbar auf Rache aus. "Fuck off Russia" skandierten Engländer in Lille. Die Szenen wiederholten sich bis Mitternacht mehrfach. Immer wieder ging die Polizei dazwischen - meist mit Gewalt.

Gefängnisstrafen für drei Russen

Nach den brutalen Krawallen am Rande des Spiels Russland gegen England in Marseille wurden drei russische Hooligans zu Gefängnisstrafen zwischen einem und zwei Jahren verurteilt. Die drei Männer wurden am Donnerstag in der südfranzösischen Hafenstadt in Schnellverfahren schuldig gesprochen, regelrecht Jagd auf englische Fans gemacht zu haben.

Zusätzlich zu den Haftstrafen von zwölf, 18 und 24 Monaten wurde ein zweijähriges Einreiseverbot gegen die drei Russen verhängt. Die Verurteilten sind zwischen 28 und 33 Jahre alt.

Es waren jedoch nicht nur stark alkoholisierte Engländer, die für Krawalle sorgten. Auch einige Franzosen benahmen sich am späten Mittwochabend daneben, warfen Steine und Flaschen auf die Polizisten, die sich nicht nur mit Tränengas zur Wehr setzten. Auch Schlagstöcke und Hunde kamen zum Einsatz.

36 Festnahmen

Die traurige Bilanz des sechsten EM-Tages: Insgesamt 36 Personen wurden festgenommen, darunter auch sechs Russen, die schon an den Krawallen am vergangenen Samstag in Marseille beteiligt waren, und 50 Verletzte, von denen 16 in Krankenhäusern stationär behandelt werden mussten.

In Lens sollten 1.400 Polizisten beim "Battle of Britain" für Ruhe sorgen. Für die Nacht vor dem Spiel zog die Präfektin eine positive Zwischenbilanz: "Alles ist gut verlaufen." Acht Franzosen und ein Brite seien festgenommen worden, in erster Linie wegen Trunkenheit. Etwa 20 britische Beamte unterstützten die Franzosen am Donnerstag vor Ort.

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