Kiraly: "Jogginghose auch daheim? Niemals"

Gabor Kiraly hat durch seine graue Jogginghose Berühmtheit erlangt.
Torhüter Gabor Kiraly über Ungarns Fußball, sein persönliches Markenzeichen und Toni Polster.

Mit 39 Jahren und 91 Tagen ist Lothar Matthäus der älteste Spieler, der je bei einer Europameisterschaft gespielt hat. Heute, wenn Österreich gegen Ungarn spielt, wird Gabor Kiraly mit 40 Jahren und 75 Tagen den Deutschen in seinem ersten EM-Spiel ablösen. Der KURIER traf den Kult-Torhüter, der durch seine graue Jogginghose Berühmtheit erlangt hat.

KURIER: Wie sorgsam müssen Sie mit Ihrem Körper umgehen, um mit 40 Jahren noch spielen zu können?

Gabor Kiraly: Ich lebe so wie vor 15 oder 20 Jahren auch. Ich weiß, was ich will. Deswegen gehört gute Ernährung dazu. Der Körper sendet einige Signale, auf die ich schaue. Das funktioniert.

Sie haben 103 Länderspiele für Ungarn bestritten. Können Sie sich an die drei gegen Österreich erinnern?

Ja, zwei waren in Österreich und eines in Budapest. An das erste 1998 habe ich besonders gute Erinnerungen. Da habe ich in in der 7. Minute einen Elfmeter von Toni Polster gehalten, das war mein erster Ballkontakt im Spiel. Verloren habe ich keines der drei Spiele gegen Österreich. Wäre nicht schlecht, wenn die Serie hält.

Was war Ihre erste Reaktion nach der Gruppenauslosung?

Ungarn hat sich nach so langer Zeit wieder für ein Turnier qualifiziert. Wir müssen es genießen, dabei zu sein.

Damit wird man sich aber auch in Ungarn nicht zufriedengeben. Wie sehen Ihre Ziele aus?

Wir müssen auf uns schauen, jeden Gegner respektieren, aber unsere Stärken zeigen. Das haben wir auch im Play-off gegen Norwegen getan. Aber das Turnier zu genießen, ist wichtig. Die Ungarn haben in den vergangenen 30 Jahren bei großen Turnieren immer anderen Nationen die Daumen gedrückt. Jetzt sind wir selbst dabei.

Was hat die Qualifikation in Ungarn ausgelöst?

Es war unglaublich am Tag danach. Die Kindergärtnerin in Szombathely, die keine Ahnung vom Fußball hat, hat alles mitbekommen. Da merkt man, dass die Emotion nicht nur bei uns Sportlern groß war.

Sie haben eine bewegte Karriere hingelegt und einiges erreicht. Welchen Stellenwert hat diese erfolgreiche Qualifikation für Sie persönlich?

Ich bin seit 18 Jahren bei der Nationalmannschaft. Es ist sehr schön, noch so ein Turnier zu erleben. Aber es muss für unsere jungen Spieler genauso wichtig sein. Die dürfen sich nicht denken: ,Gut, jetzt haben wir es mit Ungarn zur EM geschafft und deshalb schon alles erreicht.‘ Für die ist es eine Chance.

Wie den meisten Österreichern fehlt auch Ihnen die Turniererfahrung. Glauben Sie, dass der Auftakt in so ein Turnier sehr wichtig ist?

Es ist wichtig, gut zu starten. Aber es wird nicht über alles entscheiden. Vielleicht ist es ein bisschen witzig, wenn ich Ihnen sage, dass ich nie Europa- oder Weltmeisterschaften im Fernsehen gesehen habe.

Ist das Ihr Ernst?

Absolut. Ich habe nur diesen einen Monat im Sommer, um Urlaub und Pause zu machen. Da schaue ich keinen Fußball. Ich schaue auch nicht unter der Saison am Abend die Champions League.

Warum nicht?

Weil ich täglich Fußball arbeite. Ich komme nach Hause nach einem Tag mit Fußball. Warum soll ich dann auch noch im Fernsehen Fußball schauen? Ich mache dann lieber etwas mit der Familie.

Wie gehen Sie dann damit um, dass Ihnen der geliebte Sommerurlaub in diesem Jahr abhandenkommt?

Das wird ganz anders. Aber einmal in meiner Karriere geht das schon (lacht).

Wer ist der Gruppenfavorit?

Es gibt keinen. Da kann jeder jeden schlagen und weiterkommen.

Haben Sie in Ihrer Karriere schon gegen Cristiano Ronaldo gespielt?

Mehrmals in England. Ich denke, er hat mir nur ein Tor geschossen – einen Abstauber aus kurzer Distanz.

Ist es etwas Besonderes, gegen Spieler wie ihn zu spielen?

Für mich nicht. Ich habe gegen viele Topstars gespielt. Gegen Rivaldo, Figo oder Van Nistelrooy. Vor dem Tor war Thierry Henry der Beste.

Sie feiern mit 40 Jahren Ihre EM-Premiere. Wie schön ist es, der Fußball-Welt noch einmal die graue Jogginghose zu zeigen?

Ich spiele seit 20 Jahren damit. Für mich ist sie nichts Besonderes, sondern ganz gewöhnlich wie Handschuhe.

Tragen Sie auch daheim auf der Couch die graue Jogginghose?

Nein, privat nie. Da trage ich Jeans. Ich arbeite ja eh mit einer grauen Jogginghose. Für mich ist es witzig, wenn Leute auf der Straße Jogginghosen tragen.

Wie erklären Sie den Aufschwung in Ungarns Fußball?

Es gab vor einigen Jahren einen Neustart. Die Situation jetzt ist eine kleine Zwischenstation, nicht die Endstation. Wir entwickeln uns Schritt für Schritt. Auch die Deutschen haben etwas aufgebaut über viele Jahre und Geduld gehabt. Diese Geduld hat in Ungarn lange gefehlt. Und irgendwann war sie plötzlich da.

Was wissen Sie über den österreichischen Fußball?

Er ist sehr stabil geworden. Die Nationalspieler spielen in Top-Ligen. Aber sie sind auch noch nicht am Ende.

Gegen Toni Polster haben Sie in Deutschland einige Duelle gehabt. Wer hat die bessere Bilanz?

Fragen Sie doch ihn.

Seine Antwort kennen wir. Er hat sicher immer gewonnen.

Nicht immer!

Stimmt es, dass Ihr Vater in Österreich gespielt hat?

Ja, nach seiner Profi-Karriere in Oberwart und Unterwart.

Kann es sein, dass Sie nach der EM aufhören?

Ich hab’ noch ein weiteres Jahr Vertrag bei Haladas. Ich kann jederzeit aufhören, oder auch meinen Vertrag verlängern. Wenn der Tag kommt, an dem ich nicht mehr gerne zum Training gehe, höre ich auf.

Zwickt es schon irgendwo?

Natürlich habe ich einige Schmerzen. Alles tut ein bisschen weh. Ich schaue immer von Halbsaison zu Halbsaison. Nach dem EM-Play-off gegen Norwegen wollten mich wieder Vereine im Ausland haben. 18 Jahre als Legionär sind aber genug.

Wer ist der beste Torhüter der Welt für Sie?

Was bedeutet, der Beste‘? Ein Torwart ist nicht nur gut, wenn er schwierige Bälle hält. Es geht auch darum, zu kommunizieren und die Abwehr zu organisieren. Und von dieser Seite kenne ich die anderen Torhüter nicht. Ob Neuer, Buffon oder Cech, die ich auch persönlich kenne. Es gibt viele gute. Natürlich ist das Mitspielen mit dem Fuß wichtiger geworden. Aber die Kommunikation ist viel wichtiger. Ich kommuniziere und organisiere meine Abwehrspieler, dadurch habe ich am Ende weniger zu tun.

Privat

Gabor Kiraly wurde am 1. 4. 1976 in Szombathely geboren. Er ist verheiratet und hat eine Tochter und einen Sohn, der Nachwuchstormann ist.

Karriere

Mit 21 Jahren verließ Kiraly Haladas Szombathely und wechselte zu Hertha BSC, wo er sieben Jahre spielte. Danach war er u. a. bei Crystal Palace, Aston Villa, Fulham und 1860 München aktiv.

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