Überblick: Die Autos der Saison 2017

Der neue Mercedes wird wohl wieder das Maß der Dinge werden.
Seit Sonntag sind alle zehn Formel-1-Boliden für die kommende Saison bekannt - der KURIER analysiert.

Die Formel-1-Saison 2017 ist nur noch wenige Wochen entfernt. Die Winterpause ist aber mittlerweile offiziell beendet. Am Montag starten die ersten Testfahrten vor dem Start der neuen Saison, und damit bietet sich die erste Gelegenheit, alle zehn neuen Rennwagen im direkten Vergleich zu erleben. Keine Frage - die Aussagekraft der Testfahrten ist begrenzt: Es wird experimentiert und herumprobiert, und wirkliche Gewissheit wird man erst in Melbourne haben, wenn am 26. März der erste Grand Prix der Saison absolviert ist.

Dennoch erlauben die Vorstellungen der neuen Boliden einen vorsichtigen Ausblick auf die Saison - auch, weil die eine oder andere Überraschung schon auf den ersten Blick zu erkennen war.

Mercedes-AMG Petronas

Es ist davon auszugehen, dass Mercedes auch 2017 das Team ist, dass es zu schlagen gilt - auch wenn der amtierende Weltmeister nicht mehr im Cockpit sitzt. Mit Dreifach-Weltmeister Lewis Hamilton sitzt der wohl kompletteste Rennfahrer der Gegenwart am Steuer des W08. Valtteri Bottas im zweiten Silberpfeil ist die große Unbekannte - der Finne hat bei Williams immer wieder Ausrufezeichen gesetzt, der ganz große Durchbruch war aber nicht dabei. Ob er derjenige sein wird, der Hamilton auf dem Weg zu seinem vierten Titel stoppt, darf angezweifelt werden.

Überblick: Die Autos der Saison 2017
Mercedes AMG Petronas Formula One driver Finland's Valtteri Bottas drives during a launch event for the new 2017 season car at the Silverstone motor racing circuit near Towcester, central England on February 23, 2017. / AFP PHOTO / OLI SCARFF
DerMercedes W08 wirkt auf den ersten Blick unaufgeregt, fast nüchtern. Mercedes verzichtete bei der Präsentation auf die Finne, wie sie bei der Konkurrenz omnipräsent ist. Stattdessen überzeugt der W08 mit vielen kleinen Details. Für Aufsehen sorgte vor allem der "T-Wing", ein ungewöhnlicher kleiner Zusatzflügel vor dem Heckflügel, den in ähnlicher Form sonst nur Ferrari verwendet. Viel Aufmerksamkeit schenkt man auch den Luftleitblechen vor den Seitenkästen - die Mercedes-Konstruktion zählt in diesem Bereich zu den ausgereifteren Versionen.

Red Bull Racing

Im Vorjahr etablierte sich Red Bull Racing als erster Verfolger der dominanten Mercedes-Truppe. Nur die Piloten des österreichisch-englischen Rennstalls konnten den Silberpfeilen Siege abluchsen. Kein Wunder also, dass die ganze Formel-1-Welt gebannt darauf gewartet hat, dass Red Bull seinen Boliden für 2017 endlich präsentiert - das neue Arbeitsgerät von Daniel Ricciardo und Max Verstappen gilt als wahrscheinlichster Herausforderer der Mercedes-Piloten. Mitverantwortlich dafür ist Aerodynamik-Genie Adrian Newey, der wesentlich am neuen Renner mitgewirkt hat - im flügellastigen neuen Reglement sicher ein Vorteil.

Überblick: Die Autos der Saison 2017
Der neue Red-Bull-Bolide erinnert optisch stark an seinen Vorgänger.
Auffällig amRed Bull RB13ist vor allem die Frontpartie. Wo beim Vorgänger noch ein kleiner Stummel hervorragte, tut sich nun ein Lufteinlass auf. Dessen genauer Zweck ist noch unklar, wahrscheinlich ist aber, dass der Tunnel die Anströmung zum Unterboden verbessern soll. Ansonsten überraschte Red Bull bei der Vorstellung mit erstaunlich wenig Details - nicht ausgeschlossen, dass schon beim Testauftakt deutlich mehr Flügelwerk am RB13 zum Einsatz kommt. Im Heck steckt auch 2017 ein als TAG Heuer getarnter Renault-Motor, der möglicherweise der größte Schwachpunkt im Vergleich zur Konkurrenz ist.

Scuderia Ferrari

In Maranello herrscht nach der enttäuschenden Saison 2016 Krisenstimmung. Vor der Saison gab man bei Ferrari zuversichtlich an, Mercedes in diesem Jahr den Titel streitig zu machen. Am Saisonende stand der enttäuschende dritte Rang in der Konstrukteurswertung, zudem blieb die Scuderia sieglos. Kein Wunder, dass bei Sebastian Vettel und Kimi Räikkönen der Druck 2017 besonders hoch ist. Zumindest Red Bull muss abgefangen werden, im besten Fall auch die Lücke zu Mercedes geschlossen werden. Der letzte WM-Titel ist schließlich schon zehn Jahre her.

Der Ferrari SF-70Hsticht in vielerlei Hinsicht hervor. Aerodynamisch ist die neue "rote Göttin" aggressiver gestaltet als die Konkurrenz, zudem wartet man mit einer Kombination aus Finne und T-Wing auf. Bemerkenswert sind auch die Seitenkästen: Die Lufteinlässe sind schmal und komplex gestaltet, die seitlichen Luftleitbleche gehen nahtlos in die Verkleidung über. Beim Motor will Ferrari massive Fortschritte gemacht haben - ob es aber reicht, um die Lücke zu Mercedes zu schließen, wird man erst in Melbourne wissen.

Force India

Force India war die Überraschung der vergangenen Saison. Mit Mercedes-Power im Heck und Sergio Perez' zwei Podestplätzen schaffte das Team von Vijay Mallya den Sprung auf Rang vier in der Konstrukteurswertung. Geht es nach Mallya, soll 2017 der Angriff auf die Top Drei erfolgen - und vielleicht sogar der erste SIeg gelingen. Neben Routinier Perez soll dafür Mercedes-Nachwuchsfahrer Esteban Ocon sorgen, der in seine erste komplette Formel-1-Saison startet. Auch 2017 kann Force India wieder auf Mercedes-Motoren setzen.

DerForce India-Mercedes VJM10fällt vor allem durch seine unkonventionelle Nase auf. Über dem Frontflügel teilt sie sich in drei Zinken, die - möglicherweise ähnlich dem Red-Bull-Tunnel - den Luftstrom auf den Unterboden kanalisieren sollen. Auf höhe der Vorderradaufhängung weist der VJM10 eine von den Ingenieuren als "Stirn" bezeichnete Stufe auf, die ähnlich einem Zusatzflügel den Anpressdruck auf den Vorderrädern erhöhen soll. Am Heck weist der VJM10 die markante Finne auf, kommt allerdings anders als Ferrari ohne den T-Wing aus.

Williams-Mercedes

Die Saison 2017 steht für Williams ganz im Zeichen des 40-jährigen Jubiläums. Dementsprechend trägt der neue Bolide auch den Namen FW40. Sportlich soll 2017 wieder der Sprung an Force India vorbei gelingen. Mit Felipe Massa bleibt einer der Vorjahrespiloten an Bord - auch wenn sich der Brasilianer am Ende der Saison 2016 schon in den Ruhestand verabschiedet hatte. Durch den Rücktritt von Nico Rosberg und den folgenden Wechsel von Valtteri Bottas zu Mercedes musste Williams Massa jedoch zum Comeback überreden. An seiner Seite startet der Kanadier Lance Stroll in seine Rookie-Saison.

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A handout picture released by Williams in London on February 25, 2017 shows the new Merecedes-powered Williams FW40 Formula One racing car for the team's 2017 season. / AFP PHOTO / Williams Grand Prix Engineering Limited / HO / RESTRICTED TO EDITORIAL USE - MANDATORY CREDIT "AFP PHOTO / Williams Grand Prix Engineering Limited / Drew Gibson - NO MARKETING NO ADVERTISING CAMPAIGNS - DISTRIBUTED AS A SERVICE TO CLIENTS
DerWilliams-Mercedes FW40weist in vielen Belangen erhebliche Ähnlichkeiten mit seinem Vorgänger auf. An der Front bleibt der aus den Vorjahren bekannte Stummel bestehen, auffällig ist aber ein Luftschacht auf der Oberseite der Nase. Die Luftleitbleche an den Seitenkästen wirken auf den Präsentationsfotos noch unausgereift, hier ist noch mit einiger Entwicklung zu rechnen. Die Finne am Heck ist schlicht, Zusatzflügel sucht mach auch hier vergebens. Unter der Motorabdeckung schlummert ein Mercedes-Triebwerk.

McLaren-Honda

"Change your game", heist der Slogan bei McLaren für die Saison 2017. Nach zwei durchwachsenen Jahren ist das auch bitter nötig. Honda hat angekündigt, der neue Motor sei ein massiver Schritt nach vorne - man will jetzt leistungsmäßig auf dem Niveau sein, das Mercedes im vergangenen Jahr hatte. Ob das ausreicht, damit Routinier Fernando Alonso und der belgische Rookie Stoffel Vandoorne den Anschluss an die Spitze schaffen, bleibt abzuwarten - ein Schritt nach vorne ist aber in jedem Fall nötig.

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A handout picture released by McLaren Honda on February 24, 2017 shows the McLaren-Honda MCL32 Formula One racing car for the 2017 season. / AFP PHOTO / MCLAREN HONDA / Steven TEE / RESTRICTED TO EDITORIAL USE - MANDATORY CREDIT "AFP PHOTO / MCLAREN HONA / STEVEN TEE" - NO MARKETING NO ADVERTISING CAMPAIGNS - DISTRIBUTED AS A SERVICE TO CLIENTS
Im Sinne des neuen Slogans ist auch das Erscheinungsbild desMcLaren MCL32neu. Statt mehrheitlich schwarz wie im Vorjahr dominiert ein auffälliges Orange, eine Hommage an die ursprüngliche Farbe des McLaren-Teams. Aerodynamisch betrachtet sticht die Frontpartie hervor, an der Frontflügelaufhängung fallen drei Kiemen auf, die den Luftstrom nach innen unter die Nase leiten sollen. Am Heck thront auch beim MCL32 die Finne, darunter liegt das Honda-Triebwerk. Die Seitenkästen beim McLaren ähneln denen des Ferrari, die Lufteinlässe sind schmal gehalten und von ausgefeilten Leitblechen umrahmt.

Toro Rosso-Renault

Die Saison 2017 bringt für die Scuderia Toro Rosso vor allem eines - einen neuen Motorenpartner. Anders als noch 2016 setzt das Red-Bull-Nachwuchsteam nicht mehr auf Ferrari, sondern auf Renault. Auch optisch bringt die neue Saison eine Veränderung - die Kombination von dunklem Blau und einem roten Bullen weicht einer eleganten, in hellerem Blau und Rot gehaltenen Lackierung mit silbernen Akzenten. Dafür bleibt die Fahrerpaarung dieselbe: Auch im neuen Jahr greifen wieder Carlos Sainz und Daniil Kvyat ins Steuer.

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Der neue Toro Rosso ist auch optisch ein neues E
DerToro Rosso-Renault STR12 besticht mit einer ungewöhnlich schmalen Nase. Ähnlich wie auch bei McLaren ist die Frontflügelaufhängung weit nach hinten gezogen. In der Nase verbirgt sich ein Lufteinlass, der zugehörige Austrittsschacht liegt oben auf der Frontpartie. Die Seitenkästen weisen am vorderen Ende die stärkste Taillierung von allen Boliden auf. Auf gleicher Höhe liegen gleich zwei senkrechte Leitbleche. Wie auch die Konkurrenz weist der STR12 eine (leicht taillierte) Finne am Heck auf.

Haas-Ferrari

Haas legte im Debütjahr 2016 einen beeindruckenden Start hin, in den ersten beiden Rennen gab es durch Romain Grosjean die beiden besten Saisonergebnisse zu feiern. Danach ging es kontinuierlich abwärts mit dem US-amerikanischen Team - Probleme mit der Standfestigkeit, aber auch eine sinkende Leistungskurve ließen nur noch drei weitere Punktplatzierungen zu. Für die zweite Formel-1-Saison begann man schon früh mit der Entwicklung, damit Grosjean und sein neuer Teamkollege Kevin Magnussen ein konkurrenzfähiges Fahrzeug zur Verfügung haben.

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Der neue Haas F1 ist im Vergleich zur Konkurrenz eher schlicht.
DerHaas-Ferrari VF17borgt sich einige aerodynamische Details beim Ferrari aus - kein Wunder, kooperiert man doch eng mit dem Team aus Maranello. Die Nase des neuen Boliden ähnelt stark dem Vorjahresferrari. Hinter der Vorderradaufhängung weist der neue Renner ein horizontales Luftleitblech auf, das die Anströmung der Seitenkästen verbessern soll. Abgesehen davon ist der Bolide eher konventionell konstruiert. Die Heckfinne ist - anders als bei der Konkurrenz - am hinteren Ende nicht senkrecht, sondern tailliert geschnitten.

Renault

Die werksseitige Rückkehr von Renault in die Formel-1-WM 2016 war - soviel war den Verantwortlichen von vorneherein klar - ein Übergangsjahr. Mit Kevin Magnussen und Jolyon Palmer wurden zwei Notlösungen als Fahrer verpflichtet, die Wunschfahrer sagten alle ab. Für 2017 hat man sich die Ziele vorsichtig höher gesteckt - regelmäßige Punktfahrten sind das Ziel. Anstelle von Magnussen hat man darum Nico Hülkenberg von Force India geholt, während Palmer nach einem starken Finish 2016 eine zweite Chance erhält.

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Renault präsentierte am Dienstag, 21.02.2017, das Fahrzeug für die Formel-1-Saison 2017. Nico Hülkenberg (GER) und Jolyon Palmer (GBR) werden den R.S. 17 pilotieren. Als Test- und Ersatzfahrer wurde Sergey Sirotkin (RUS) nominiert.
DerRenault R.S.17gilt als aerodynamischer Geheimtipp. Die Fahrzeugfront ist aggressiv gestaltet, auffällig ist vor allem die weit nach hinten gezogene Frontflügelaufhängung. Die Leitbleche an den Seitenkästen weisen - anders als bei der Konkurrenz - eine starke Taillierung auf, die Oberseite ist unerwartet stark nach hinten geneigt. Auch die Airbox über dem Cockpit fällt mir einem breiten Lufteinlass auf. Dahinter steht auch beim Renault die Flosse, die zwar weniger stark als beim Haas, aber doch tailliert ist.

Sauber-Ferrari

Lange Zeit sah es für Sauber im Jahr 2016 düster aus. Bis zum vorletzten Rennen lag man punktlos am Tabellenende, zudem drohte im Herbst der Konkurs. Das Blatt wendete sich (fast) rechtzeitig - in Brasilien holte Felipe Nasr zwei Punkte und damit Rang zehn im Endklassement, verbunden mit einer saftigen Prämie. Zudem fand sich ein Investor. Trotzdem gibt es einen Haken - das Geld reichte 2017 nicht für neue Motoren, Sauber muss mit Ferrari-Triebwerken von 2016 ein Auskommen finden. Dass Marcus Ericsson und Neuverpflichtung Pascal Wehrlein damit um die Punkte kämpfen können, ist eher unwahrscheinlich.

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Das aerodynamische Konzept desSauber-Ferrari C36ist vergleichsweise simpel, aber solide. Sauber setzt auf eine relativ kurze Frontflügelaufhängung und stark taillierte Seitenkästen. Die Luftleitelemente rund um die Seitenkästen sind konservativ gestaltet. Am Heck des Sauber thront eine Finne mit ähnlich starker Taillierung wie auch beim Haas. Auffällig ist die Airbox über dem Fahrer: Der Lufteinlass ist zweigeteilt, in der Mitte ragt eine Strebe hervor, die den Luftstrom verbessern soll.

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