Rosberg nach Hockenheim-Pleite angeschlagen

Nico Rosberg fiel am Start zurück.
Red Bull geht mit einem Erfolgserlebnis in die Sommerpause.

Lewis Hamilton und Red Bull Racing waren im letzten Rennen vor der Formel-1-Sommerpause die großen Gewinner. Der Titelverteidiger baute im 12. von 21 WM-Rennen mit dem Sieg in Hockenheim seinen Vorsprung auf Nico Rosberg auf 19 Zähler aus. Die "Österreicher" überholten mit dem ersten Doppel-Podium seit über einem Jahr Ferrari in der Konstrukteurs-WM. Weiter geht die WM-Hatz am 28. August in Spa.

Vor allem Rosberg tut sich nach dem neuerlichen Rückschlag ausgerechnet beim Heimrennen schwer. Im Bemühen um seinen so ersehnten ersten WM-Titel im elften Formel-1-Jahr hat der 31-jährige Deutsche mittlerweile schwer zu kämpfen. "Nein", betonte Rosberg nach seinem Pleiten-Pech-und-Patzer-Heimrennen dennoch. Es sei nicht schwerer an Tagen wie diesen, den Glauben an sich zu bewahren. "Weil ich genug Möglichkeiten habe, mir selbst zu zeigen, dass ich nach schwierigen Momenten immer am stärksten bin", sagte er.

Rosberg wirkte nach dem Doppelrückschlag von Ungarn (2. nach Pole) und Hockenheim (4. nach Pole) allerdings weiter schwer angeschlagen. Der schlechte Start - die Kupplung war nicht optimal eingestellt. Die Strafe für sein Überholmanöver - Rosberg konnte sie nicht nachvollziehen. Die defekte Stoppuhr beim Absitzen der Fünf-Sekunden-Strafe - letztlich nicht mehr entscheidend. All das war zu viel, Rosberg verpasste im zwölften Saisonrennen zum fünften Mal das Podest.

Aufholjagd

Seit vier Rennen wartet er auf einen Sieg. Zwei Jahre nach Rosbergs Erfolg auf dem Heimkurs durfte sich diesmal ausgerechnet Hamilton von den Fans auf der Mercedes-Tribüne feiern lassen. Und der hochdekorierte Brite in Diensten des deutschen Werksteams genoss es, auch wenn er die Wende im Titelkampf selbst als verrückt bezeichnete. 62 Punkte holte Hamilton in sieben Rennen auf.

Vor dem Knall in Barcelona, als sich die beiden Silberpfeile gegenseitig ins Aus schossen, hatte Hamilton 43 Zähler Rückstand auf Rosberg. Jetzt hat Hamilton 19 Punkte mehr: "Ob ich das Gefühl habe, dass ich die Nase vorn habe? Jetzt noch nicht."

Der Brite weiß, dass schon bald Strafen auf ihn zukommen. Im Wagen des 49-fachen Grand-Prix-Siegers dürfte in den nächsten Rennen ein weiterer Motor fällig werden. Weil er dann die Mindestzahl überschreitet, droht ihm eine Zurückstufung in der Startaufstellung. Für Hamilton in der aktuellen Verfassung dürfte selbst dies aber eher Herausforderung denn Nachteil sein. "An einem guten Tag, denke ich, ist er unschlagbar", meinte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff.

"Mega-Naturtalent"

Der so Hochgelobte gab sich aber erst gar keinem Übermut hin. "Ich halte mich nicht für unbezwingbar", meinte Hamilton. Unter größtem Druck scheint sich das "Mega-Naturtalent" (Rosberg) Hamilton aber erst richtig zu entfalten.

Die Hoffnungen von Sebastian Vettel, in diesem Jahr in den WM-Kampf einzugreifen, haben sich seit langem zerschlagen. Mittlerweile ist Red Bull an Ferrari vorbeigezogen, Ferrari ist nur noch dritte Kraft. "Die erste Hälfte der Saison ist nicht so gelaufen, wie wir es uns vorgestellt haben, wir müssen an uns arbeiten", sagte Vettel - nicht ohne sich selbst zu hinterfragen: "Ich hatte zu viele Aufs und Abs, die mir Punkte gekostet haben. Aber wir kämpfen weiter."

Bei Red Bull herrscht hingegen endlich wieder Partystimmung. Daniel Ricciardo wurde in seinem 100. Formel-1-Rennen Zweiter vor Max Verstappen. Damit ist das vierfache Weltmeisterteam, das 2015 arg unter der Motorenschwäche zu kämpfen hatte, auch formal vor Ferrari die zweite Kraft in der Königsklasse.

"Unser Ziel war, vor Ferrari in die Sommerpause zu gehen", sagte Teamchef Christian Horner zufrieden, nachdem sich die Motoren-Updates bei Renault schon seit längerem positiv auswirken. Vier Rennen zuvor war das Team von Dietrich Mateschitz noch 37 Zähler hinter Ferrari gelegen, nun ist man 14 Punkte voraus. Auch der einzige Nicht-Mercedes-Sieg 2016 wurde mit Verstappen in Spanien von einem Red-Bull-Fahrer errungen.

Entzückt ist auch Ricciardo, der sich zwischendurch gegenüber dem 18-jährigen Jungstar Verstappen benachteiligt gewähnt hatte. "Zweites Podium in Folge", jubelte der Australier, der den Sieger-Champagner aus dem Schuh trank.

Dennoch kann wohl nur noch Rosberg Hamilton am nächsten Titel hindern. Vier Titel und mehr gelangen bisher nur Michael Schumacher (7), Juan-Manuel Fangio (5), Alain Prost und Vettel (je 4). Zwei Siege noch, und Hamilton zieht in der GP-Erfolgsstatistik bereits mit Prost (51) gleich. Nur Rekordweltmeister Michael Schumacher war erfolgreicher (91).

Mit Siegen in Spa-Francorchamps und eine Woche später beim Ferrari-Heimspiel in Monza kann Hamilton Prost rechnerisch schon erreichen. Bis dahin will auch er sich aber erstmal ein bisschen entspannen von der Formel-1-Hinrunde. "Ihr hättet da einiges zu schreiben", meinte der für seinen entspannten Jetset-Lifestyle bekannte Brite lachend zu seiner Feriengestaltung. Mehr verriet er nicht, bevor er sich im Gegensatz zu Rosberg bestens gelaunt verabschiedete.

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