Wiesberger bei British Open im Golfer-Himmel

Fredrik Jacobson of Sweden balances his ball on the fourth green during a practice round ahead of the British Open golf championship at Muirfield in Scotland July 16, 2013. REUTERS/Toby Melville (BRITAIN - Tags: SPORT GOLF)
Bernd Wiesberger nennt die British Open sein Lieblings-Turnier. Erstmals ist er dabei.

Golf ist ein eigenartiges Spiel. Auch in der Wahrnehmung. Als „Spaziergang mit Ärgernissen“ beschrieb es einst Mark Twain. Der amerikanische Schriftsteller musste es wissen: Tom Sawyer und Huckleberry Finn ließ er in seinen Werken ausgiebig und ereignisreich spazieren.

Was Mark Twain die Laune am Spiel mit dem kleinen, weißen Ball verdorben hat, ist nicht überliefert. Vielleicht liegt es daran, dass er nie im schottischen Muirfield abgeschlagen hat.

So schrieb erst vor wenigen Monaten ein österreichischer Golfplatz-Tester beim Anblick des exklusivsten britischen Golf-Clubs, der ab heute, Donnerstag, zur Spielwiese für die Teilnehmer der 142. British Open wird: „Noch nie hat sich eine Ansichtskarte so real vor meinen Augen offenbart. Noch nie hatte ich diesen Gedanken: So wird es dereinst im Golfer-Himmel aussehen.“

Nun sind Golfplatz-Tester eher Chronisten als gefeierte Schriftsteller à la Mark Twain, aber in jedem Fall profund und weit genug gereist, um die Einzigartigkeit einer Anlage zu erkennen.

3800 Einwohner

Muirfield also. Ortschaft Gullane, schottische Ostküste, Nordsee, 3800 Einwohner. Das sind die harten Fakten eines rauen Landstrichs. Nicht sonderlich erwähnenswert, wäre da nicht Muirfield.

Im Jahr 1744 brachte die „ehrenwerte Gesellschaft der Edinburgh Golfer“ erstmals 13 Regeln für ihren Sport zu Pergament. Seit 122 Jahren residiert die Vereinigung in Muirfield, zum 16. Mal ist der Club heuer Ausrichter der British Open.

Erstmals betreten wird diesen geschichtsträchtigen Boden auch ein Österreicher: Für Bernd Wiesberger ist es die zweite Major-Teilnahme nach der PGA Championship im vergangenen August. „Ich habe es immer angestrebt, dorthin zu kommen, wo ich mich mit den Besten der Welt messen kann“, sagt Wiesberger. „Das Erfreuliche ist, dass ich sie an guten Tagen besiegen kann.“

Bei seiner Premiere auf der großen, weiten Golf-Bühne verpasste der Burgenländer zwar noch um einen Schlag die Final-Teilnahme, bei den British Open ist der Cut aber das Minimalziel. Bei zwanzig Turnieren in Folge hat der 27-Jährige zuletzt diese magische Grenze unterboten. Eine stolze Serie, doch noch lange kein Fall für das Rekordbuch: Tiger Woods gelang dies einst 142-mal nacheinander.

Die Konstanz hat Wiesberger in dieser Saison jedenfalls 500.000 Euro Preisgeld eingebracht und ihn bis auf Platz 58 der Weltrangliste klettern lassen. Besser war noch kein österreichischer Golfer klassiert. Die Top 50 markieren den nächsten Meilenstein. Gelingt der Sprung, wäre der dreifache Turniersieger bei allen vier Major-Bewerben startberechtigt.

Zukunftsmusik, die jedoch bereits leise durchklingt. Die Gegenwart heißt Muirfield und ist schwierig genug. Das liegt an den Umständen, die die British Open traditionell begleiten: Regen, Kälte, Wind – so präsentiert sich das Turnier im Regelfall.

148 Sandbunker

Dazu kommt eine für Nicht-Briten ungewohnte Linksgolf-Anlage, auf der die Open stets stattfinden. Das hat nichts mit der Spielrichtung zu tun, dafür mit der kargen und früher als unbrauchbar angesehenen Dünenlandschaft an Küstengebieten (Linksland). Nicht ein einziges Wasserhindernis, dafür jedoch 148 Sandbunker stellen sich den Teilnehmern in Muirfield in den Weg. Als Referenz für den Schwierigkeitsgrad darf erneut Tiger Woods herhalten: 2002, bei der letzten Ausgabe der British Open in Muirfield, schoss sich der US-Star mit einer 81 aus dem Titelrennen.

Eine schlechtere Runde hat sich der 14-fache Major-Gewinner bei einem Turnier dieser Kategorie noch nie notieren lassen müssen.

Mark Twain lässt grüßen.

Keine Rede von auf und davon. Lindsey Vonn und Tiger Woods sind, den Trennungsgerüchten vor einem Monat zum Trotz, ein Paar. Die US-Skifahrerin unterbrach sogar ihre Arbeit am Comeback nach dem Kreuzbandriss und drückt dem Golf-Star in Schottland die Daumen.

Die 28-Jährige, der die neue Ausgabe des US-Magazins Vogue eine mehrseitige Geschichte widmet, scherzte während der Trainingsrunde mit Nadine Moze, der Partnerin von Golfer Fred Couples.

Als Glücksbringer scheint Vonn zu helfen: Beim Masters in Augusta im April hatte die Olympiasiegerin Woods erstmals begleitet – der Topstar schloss das Turnier als Vierter ab. Bei den US Open im Juni hatte Vonn dann gefehlt – und Woods kam nicht über den 32. Rang hinaus.

Zuletzt zwang Woods eine Ellbogenverletzung zu einer einmonatigen Auszeit. Favorit auf den Turniersieg bleibt der 37-Jährige dennoch. „Ich habe vier Turniere in dieser Saison gewonnen. Und auch wenn es kein Major war, hatte ich immer meine Möglichkeiten. Ich muss mich nur weiter in diese Situationen bringen“, sagt Woods, der seit den US Open im Jahr 2008 auf seinen 15. Major-Titel wartet.

Ebenfalls hoch im Kurs steht Altmeister Ernie Els. Der 43-jährige Südafrikaner tritt nicht nur als Titelverteidiger an, er siegte auch beim bislang letzten Gastspiel der British Open in Muirfield (2002). Doch die Dichte im Golf ist so hoch wie selten zuvor: Bei den letzten 18 Major-Bewerben gab es 17 verschiedene Sieger. Nur Rory McIlroy triumphierte zwei Mal.

„Lächerlich!“

Für Diskussionen abseits der Greens sorgte ausgerechnet die Tradition. Der elitäre Club nimmt immer noch keine weiblichen Mitglieder auf. „Das wusste ich gar nicht. Ich finde es lächerlich, wenn manche Männer das brauchen“, sagt der deutsche Profi Martin Kaymer. Schottlands Ministerpräsident Alex Salmond sagte deswegen seinen Besuch ab. Nach dem Turnier wolle sich der Club dem Thema aber annehmen.

Markus Brier ist der Maßstab

Bernd Wiesberger ist der vierte Österreicher, der bei einem der vier Major-Turniere (Masters, US Open, British Open, PGA Championship) abschlagen durfte:

Markus Brier (1 x PGA, 6 x British),

Martin Wiegele (2 x British) und Manuel Trappel, der als Amateur-

Europameister die British Open bestreiten durfte. Bestes Resultat war der starke zwölfte Platz von Brier bei den British Open 2007.

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