Ein Systemfehler bremst Wiener Turnier

Ein Systemfehler bremst Wiener Turnier
Ab Montag wird in der Stadthalle aufgeschlagen, doch die ganz großen Namen fehlen auch heuer. Diese Lücke hat Gründe.

Es ist fast so, als wäre man in der Villa einer alternden Diva, die überall Bilder und Trophäen aus guten, alten Zeiten herumhängen hat: Die Galerie mit den Namen der Sieger in der nunmehr 37-jährigen Geschichte des Wiener Stadthallenturniers zeugt tatsächlich von einer großen Vergangenheit. Boris Becker gewann 1996, Pete Sampras zwei Jahre später, Andre Agassi 1994, Michael Stich 1991, Roger Federer triumphierte 2002 und 2003. Der letzte Star war da, bevor er ein Star wurde: Novak Djokovic siegte 2007 und schlug auch schon 2006 in Wien auf.

Und heute? Von Djokovic durfte man nur träumen, Andy Murrays Erscheinen beim Stadthallenturnier, das nun Erste-Bank-Open heißt, war nur zu einem äußerst geringen Prozentsatz wahrscheinlich. Der erlesene Kreis der Top Four, das sind neben Djokovic und Murray die großen Rafael Nadal und Roger Federer, wird wohl in diesen Zeiten in Wien nicht Geschichte schreiben.

Das Fehlen der ganz großen Namen hat Ursachen.

Das Wertungssystem: Weil die Zusammenkunft in der Stadthalle nur ein 250er-Turnier ist, gibt es kaum Punkte für die Weltrangliste. Die Besten müssen aber vier Grand-Slam-Turniere und acht Masters-1000-Events spielen, daneben dürfen in die Wertung nur zwei 250er-Turniere einfließen. Kurz und schlecht: Für die Weltrangliste bringt beispielsweise einem Novak Djokovic, der 13.860 Punkte auf dem Konto hat, ein mit 250 Punkten dotierter Sieg in Wien so gut wie nichts.

Der Stressfaktor: Das Programm der Topstars wird immer noch dichter, aufgrund der vielen Turniere sind viele mental und körperlich angeschlagen und wollen sich deshalb die 250-er-Turniere ersparen - so schön Wien auch wäre.

Der Zeitpunkt: Vor allem am Ende der Saison will keiner der Topleute bei einem 250er-Turnier noch Verletzungen riskieren, um bei den abschließenden größeren Turnieren - wie dem Masters - fit zu sein.

Das Geld: Wien hat zwar seit Jahren den Oktober-Termin, doch damals gab es im Verhältnis zu den großen Turnieren auch noch in Wien gute Preis- und Startgelder. In Doha zu Beginn des Jahres rücken die Stars selbst zu einem 250er-Turnier an, um sich eine Woche lang in Whirlpools verwöhnen zu lassen. Wiens Turnierdirektor Herwig Straka erklärt: "Bei Andy Murray ist es sicher am Geld gescheitert."

Die wenigen Stars: Heute locken zumeist nur die besten Vier und lokale Helden (jeden Alters wohlgemerkt) Fans an. Es gab Zeiten, in denen die halbe Tennisszene aus Ausnahmeerscheinungen bestand. Da gab es singende Rastafaris aus Haiti und Frankreich, fluchende US-Rüpel oder Clowns aus Frankreich und Persien.

Und trotzdem hat Wiens Turnierdirektor Herwig Straka Glück. "Jo-Wilfried Tsonga und Juan Martin del Potro sind neben den besten Vier die einzigen wirklichen Publikumsmagneten", sagt der ehemalige Becker-Coach Günter Bresnik. Und dann gibt es ja noch ein mit Spannung erwartetes Österreicher-Duell in Runde eins zwischen dem 44-jährigen Thomas Muster und dem 18-jährigen Dominic Thiem.

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