Der eigene Körper als Feind

Beim südafrikanischen Rugbyhelden Joost van der Westhuizen wurde eine unheilbare Nervenkrankheit diagnostiziert.

Das Drama nahm seinen Lauf im Dezember 2010: Joost van der Westhuizen wollte seine rechte Hand bewegen. Doch die Hand folgte nicht. "Ich hab' gedacht, das wäre eine alte Sportverletzung." Joost van der Westhuizen ist heute 40 Jahre alt, und er hat viel eingesteckt im Lauf seiner Rugby-Karriere. Den WM-Titel mit Südafrika 1995 zum Beispiel.

Und er hat viel ausgeteilt. So viel wie kein anderer Springbok: 38 Trys hat Van der Westhuizen in 89 Länderspielen gelegt, das ist bis heute Rekord. Seine Leistungen haben ihn in die Hall of Fame gebracht. Umso größer ist die Anteilnahme an dem, was seit Dezember 2010 passiert ist.

Ernüchtert

Im Verlauf des südafrikanischen Sommers nahmen die Ausfallerscheinungen zu. "Meine Sprache hat sich verändert. Manche haben mich gefragt, ob ich betrunken sei." Ein spaßiger Ringkampf im Swimmingpool zu Ostern brachte dann die Gewissheit, dass etwas nicht stimmte. Denn sein Kontrahent war Henry Kelbrick, und Henry Kelbrick ist nicht nur ein guter Freund, sondern auch Arzt.

"Ich spürte, dass Joosts rechter Arm viel schwächer war als der linke. Ich habe erst nichts gesagt, aber ich habe ihn dann genau beobachtet. Später habe ich einen Zungenschlag bemerkt, und Joost sagte, dass ihm das öfter passieren würde, wie aus heiterem Himmel. Da wusste ich, dass er Probleme hat."

Tödlich

Joost van der Westhuizens Problem heißt Amyotrophe Lateralsklerose (ALS, siehe "Hintergund"); die unheilbare Nervenkrankheit wurde durch Physiker Stephen Hawking der Öffentlichkeit bekannt. Die Erstdiagnose wurde im Mai in Südafrika gestellt und Ende Juli im Sunninghill Hospital in Cleveland (USA) bestätigt.

"Joost hat eine 80-prozentige Chance, dass er noch zwischen zwei und fünf Jahren zu leben hat", sagte Erik Pioro, einer der führenden ALS-Spezialisten weltweit, der die Untersuchungen leitete. "Und er hat eine 20-prozentige Chance, dass er länger lebt." Zu diesen 20 Prozent wolle er gehören, sagte Van der Westhuizen, er werde sicher nicht herumsitzen und sein Ende abwarten.

Letzte Woche spielte er zwei Mal Golf, traf Freunde und besuchte eine Modenschau. "Im Moment geht es ihm gut, und er ist auch mental guter Dinge", sagt Henry Kelbrick. "Ich werde kämpfen", sagt Joost van der Westhuizen. "Und wenn es das Letzte ist, was ich tue."
Das tut er auch juristisch: Derzeit läuft eine Schlammschlacht um die Scheidung von seiner Frau Amor Vittone, denn Joost van der Westhuizen will die gemeinsamen Kinder Jordan (7) und Kylie (5) öfter sehen.

Solange er noch kann.

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