"Wir haben 80 Jahre lang vieles verschlafen, sind 2005 erwacht"

Auszeit: Marcos Nader (re.), Daniels Bruder, war Titelträger bei den Profis.
Neo-Bundestrainer Daniel Nader über die Versäumnisse, Talente, und Ziele für die Zukunft.

Der Wiener Daniel Nader ist Österreichs neuer Box-Bundestrainer. Im KURIER-Interview spricht der 34-jährige Bruder von Ex-EU-Champ Marcos über den Status quo im österreichischen Boxen.

KURIER: Österreich ist weit weg von einem Platz bei Olympia. Woran krankt es hierzulande?

Daniel Nader: Wir hatten in der Vergangenheit einfach zuwenig hoch qualifizierte Trainer, die unsere Talente im Spitzensport richtig ausgebildet haben. Leistungssport funktioniert nur über die Breite. Wir haben uns vor 2016 entschieden, mit unseren jungen Talenten die Olympia-Quali für Rio nicht zu machen, da alle nicht einmal 18 Jahre waren.

Wie will man diesem Trend entgegenwirken?

Mit unserem Nachwuchskonzept 2016 – 2020 sichern wir, dass etwas nachkommt. Zudem setzen wir in der Trainer-Ausbildung auf Qualität statt Quantität und damit auf internationale Standards. Und wir wollen für eine Zentralisierung der Besten auf dem Bundesstützpunkt sorgen. Wir wollen ein attraktives Package schnüren, ihnen die Gelegenheit bieten, mit den besten Trainern und Boxern des Landes zu arbeiten. Wir waren vor sechs Jahren, bevor es eine neue sportliche Führung gab, in diesem Bereich nirgends, jetzt klappt es schon besser, wie man in der österreichischen Bundesliga sieht und in der Aufstockung der Kader. Bei den Vereinen muss die Trainingsqualität angehoben werden.

Das klingt nach viel Arbeit.

Wir haben 80 Jahre lang vieles verschlafen und den Anschluss an die Boxwelt verloren. Erst 2005 sind wir erwacht, seit 2010 haben wir wieder Anschluss.

"Wir haben 80 Jahre lang vieles verschlafen, sind 2005 erwacht"
APA18820812-2_13062014 - WIEN - ÖSTERREICH: ZU APA0109 VOM 12.06.2014 - (v.l.) Eishockeyspieler Oliver Setzinger, Boxer Marcos Nader, Boxerin Nicole Trimmel, Fußballer David Alaba und Marcos' Bruder und Cheftrainer Daniel Nader während der offiziellen Neueröffnung des Boxzentrums "Bounce" am Donnerstag, 12. Juni 2014, in Wien. Der Club wurde 2005 von u.a. Daniel Nader gegründet und nun auf 1.500 Quadratmeter Trainingsfläche verdreifacht. +++ WIR WEISEN AUSDRÜCKLICH DARAUF HIN, DASS EINE VERWENDUNG DES BILDES AUS MEDIEN- UND/ODER URHEBERRECHTLICHEN GRÜNDEN AUSSCHLIESSLICH IM ZUSAMMENHANG MIT DEM ANGEFÜHRTEN ZWECK ERFOLGEN DARF - VOLLSTÄNDIGE COPYRIGHTNENNUNG VERPFLICHTEND +++ FOTO: APA/NUTVILLE/BOUNCE
Was sind die Ziele der nächsten Jahre?

Olympia. Wir haben uns noch nie qualifiziert. Als Biko Botowamungu 1988 dabei war, gab es keine sportlichen Qualifikationen. Wir haben sieben im Spitzenkader, die alle schon Medaillen bei großen Turnieren geholt haben, davon drei bei einer EM. Wir haben Hoffnungsträger, die jünger sind als 22. Unser Ziel sind zwei Tickets für Tokio 2020. Wenn jemand die Qualifikation schafft, kann er auch einen Topplatz oder gar eine Medaille holen. Das würde den Marktwert des Boxsports wieder steigern.

Hat man es als Profi leichter?

Ja, weil du dir die Gegner aussuchen kannst. Ohne ein professionelles Umfeld ist aber auch im Amateurbereich die Luft an der Spitze sehr dünn. Als olympischer Boxer hast du den ganzen Verband hinter dir und Ärzte, Physios. Zudem werden die Kosten gedeckt. In einem dualen Ausbilungssystem kann jeder Kader-Athlet neben der Boxkarriere einen Handelsschul-Abschluss oder einen Beruf erlernen. Auch der Heeressport ist hier ein wichtiger Partner.

Ihr Bruder Marcos war EU-Titelträger bei den Profis, nach der gescheiterten Olympia-Quali ist es still geworden. Wann wird man ihn wieder sehen?

Ich möchte dies nur generell beantworten. Du kannst nur professionell weitermachen, wenn du ganz große Ziele hast. Erst wenn er sagt, ich bin wieder 100 Prozent motiviert, ergibt es Sinn.

Wer war für Sie der größte Boxer der Geschichte?

Muhammad Ali hat unseren Sport revolutioniert und geprägt, vom Boxen her, aber auch als Mensch. Auch Mike Tyson war riesig.

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