Australian Open: Die Stunde der Giganten

Ein Hauch von Nostalgie: Nadal steht erstmals seit 2014 in einem Major-Semifinale.
Die heurige Auflage steht ganz im Zeichen der großen Comebacks - und der Altstars wie Rafael Nadal.

Gewiss, auch wenn so manches überraschend kommt dieser Tage in Melbourne: Ein neues Zeitalter im Tennissport ist wohl eher nicht ausgebrochen. Sechs von acht Teilnehmern am Halbfinale sind über 30. Bei den Damen sorgte die 25-jährige Amerikanerin Coco Vandeweghe für eine Reduzierung des Altersschnitts (32,5 Jahre), bei den Herren gesellt sich der Bulgare Grigor Dimitrow, ebenso 25, zum Altherren-Trio (Durchschnittsalter: 30,25).

Power-Sisters

Die Australian Open könnte man heuer das Turnier der großen, berührenden Comebacks bezeichnen. Venus Williams, 36 und schlagfertig wie schon lange nicht, wird in der Nacht auf Donnerstag von Vandeweghe gefordert, im anderen Semifinale treffen gegen 6 Uhr früh (MEZ) ihre um ein Jahr jüngere Schwester Serena (könnte bald ein Comeback als Nummer eins geben) und Mirjana Lucic-Baroni, 34, aufeinander.

Australian Open: Die Stunde der Giganten
Croatia's Mirjana Lucic-Baroni celebrates her victory against Czech Republic's Karolina Pliskova during their women's singles quarter-final match on day ten of the Australian Open tennis tournament in Melbourne on January 25, 2017. / AFP PHOTO / PETER PARKS / IMAGE RESTRICTED TO EDITORIAL USE - STRICTLY NO COMMERCIAL USE
Die Kroatin darf wohl ganz besonders als Comeback-Lady bezeichnet werden, erst einmal hatte sie ein Grand-Slam-Semifinale erreicht – das war 1999 in Wimbledon. Dazwischen folgten bittere Jahre: Das ehemalige Wunderkind flüchtete mit ihrer Mutter und ihren vier Geschwistern vor ihrem gewalttätigen Vater Marinko, dem sie vorwarf, er habe sie zehn Jahre lang physisch und psychisch terrorisiert und ihr auch das Geld gestohlen, das sie als Profi verdient hatte. Erst vor wenigen Jahren feierte sie ihr Comeback, nun ist sie wieder in den Top 50.

Revival

Giants never sleep: Auch bei den Herren tat ein Duo das, was es vor einigen Jahren fast ausschließlich tat: zu gewinnen. Nach Roger Federer, der im August 36 wird, erreichte gestern nach einer fulminanten Leistung auch Rafael Nadal das Semifinale.

Der 30-Jährige besiegte den als Nummer drei gesetzten Kanadier Milos Raonic 6:4, 7:6, 6:4. "Ich hatte viele harte Momente, deshalb genieße ich es umso mehr", sagt Nadal, der zuletzt bei den French Open 2014 (damals holte er seinen neunten Titel in Paris) in einem Major-Halbfinale stand. Dazwischen lagen Verletzungen und Formkrisen. Er trifft am Freitag auf Dimitrow, der vor Jahren bereits als "Baby-Federer" bezeichnet wurde. Nadal sagt: "Das wird eine große Herausforderung."

Auch Roger Federer hat die Chance auf seinen ersten Grand-Slam-Titel seit 2012, als er zum siebenten Mal in Wimbledon triumphierte. Der Superstar trifft in einem Schweizer Halbfinale (Donnerstag, 9 Uhr MEZ/live Eurosport) auf den bald 32-jährigen Stan Wawrinka. Favorit vom Ranking her wäre Wawrinka (Nummer 4, Federer Nummer 17), allerdings führt Federer im direkten Duell 18:3.

Freilich, die noch verbliebenen Herren in Melbourne profitieren auch von der frühzeitigen Abschiednahme von Novak Djokovic und Andy Murray. Die beiden Topspieler werden übrigens zum nächsten Grand-Slam-Turnier (am 28. Mai starten die French Open) auch schon als 30-Jährige antreten. Der Brite vollendet am 15. Mai das 30. Lebensjahr, der Serbe exakt eine Woche später.

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