Andreas Hagara beim America's Cup

Andreas Hagara beim America's Cup
Das kommende Wochenende geht als ein bemerkenswertes in die Geschichte des rot-weiß-roten Segelsports ein.

Mit Andreas Hagara nimmt erstmals ein Österreicher auf einem Boot des traditionellen America's Cup wettkampfmäßig das Steuer in die Hand. Der 47-Jährige wurde kurzfristig als Steuermann von Team China engagiert und soll die Chinesen in der WM-Serie auf Kurs bringen.

Der Katamaran des chinesischen Syndikats war in Portugal beim Auftakt der Serie, mit der sich sowohl die Herausforderer als auch Titelverteidiger Oracle Racing heuer und nächstes Jahr auf die 34. Auflage des Cups im Sommer 2013 vorbereiten, unter dem gebürtigem Australier Mitch Booth nur Neunter und Letzter geworden. Danach ging es sehr schnell. US-Skipper Charlie Ogletree rief seinen Tornado-Kumpel und Olympia-Coach Hagara an, der legte seinen Job als Geschäftsführer des neuen Golfclubs in Attersee kurzfristig still und flog nach England.

Eine Jahrhundertchance lässt man eben nicht sausen. "Alle im Club haben mich darin bestärkt, es zu tun", erzählte der in Attersee lebende Familienvater aus Wien. So kam es, dass nicht, wie lange vermutet, Doppelolympiasieger Roman Hagara, sondern dessen älterer Bruder Andreas nun als erster Segler aus dem Binnenland Österreich in der Formel 1 des Segelsports an den Start geht. Zusammen war man seinerzeit Welt- und Europameister im Tornado geworden. Nach der sportlichen Trennung Ende 1992 beendete Andreas 2003 seine Olympia-Karriere, während Roman in Sydney und Athen zusammen mit Hans Peter Steinacher Olympiasieger wurde.

"Das ist jetzt die Chance, nach der verpassten Olympiamedaille zumindest einen meiner großen Seglerträume wahr zu machen", weiß Andreas Hagara, der sich auch in den vergangenen Jahren durchs Segeln und Coaching einen guten Namen in Seglerkreisen bewahrt hat. "Dabei hatte ich den Traum fast schon ad acta gelegt", gab er zu.

In Südengland muss Hagara freilich nach nur wenigen Tagen Starkwind-Training (das spanische Boot überschlug sich) gegen die besten Großbootsegler der Welt antreten. 45 Fuß (rund 14 m) lang und fast 70 km/h schnell sind die von fünf Seglern bedienten AC45-Hightech-Katamarane, die selbst wiederum nur ein Vorgeschmack sind. Um die seit 1851 vergebene "Kanne" selbst wird 2013 ab dem Luis-Vuitton-Cup erstmals auf 72 Fuß (22 m) langen und 40 m hohen Doppelrumpf-Booten mit elf Mann Besatzung gesegelt.

Schon die aktuellen AC-Boote sind deutlich größer als die Extreme-40-Kats, auf denen Hagara zuletzt segelte und auf denen sein nach wie vor auf eine Chance in einem absoluten America's-Cup-Topteam wartender Bruder Roman derzeit die Herausforderung sucht. "Eine wirklich spektakuläre Serie", so Andreas. "Aber die Boote dort sind im Vergleich wie Spielzeuge". Die AC45 werden von sogenannten Wingsails (Flügelsegel) angetrieben. Tennisplatzgroße, starre und praktisch "aufgestellte" Flugzeug-Flügel, die keine Leerlaufstellung kennen.

Hagara stört es deshalb auch nicht, dass Team China trotz seiner internationalen Besatzung zu den Außenseitern zählt. "Dafür bin ich dort Steuermann und nicht einer von Hunderten in einem Top-Team, wo die wichtigen Positionen ohnehin schon durch namhafte Segler blockiert sind. Hier macht's mehr Spaß".

Statt weiter Blaue Bänder am Gardasee oder Attersee zu gewinnen, segelt Hagara nun vor der englischen Südküste um die Chance, womöglich auch in zwei Jahren vor San Francisco noch dabei zu sein. Persönliches Ziel in Plymouth ist, nicht die Rote Laterne zu tragen. So richtig los geht es erst am Mittwoch mit der Qualifikation für das Matchrace, wofür Platz sechs notwendig wäre.

Eine fast unmöglich scheinende Aufgabe. Erstens "droht" Starkwind, zweitens gelten zumindest vier der acht Konkurrenten als "unschlagbar". Allen voran die beiden von Russel Coutts und James Spithill pilotierten Oracles von US-Multi-Millionär Larry Ellison, der seine fertig montiert angelieferten Boote vom Containerschiff aus direkt ins Wasser heben lässt.

Gleich zwei Boote in der Vorbereitungs-Serie an den Start zu schicken, macht auch für Hagara Sinn und erinnert ihn an die Zeiten, als er und Bruder Roman einander schon im Training zu Topleistungen zwangen. Ob der Traum nach Plymouth weitergeht, wird Hagara selbst erst im Oktober wissen. Eines weiß der begeisterte Golfer aber jetzt schon: "Ich habe nichts zu verlieren."

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