Football-EM will Sport und Party verbinden

Österreich gilt als einer der Favoriten bei der Heim-EM.
Steigende Einschaltquoten und Klub-Neugründungen sieht Präsident Eschlböck als Indiz für die steigende Beliebtheit des Sports.

Die Heim-WM 2011 hat in vielerlei Hinsicht die Erwartungen übertroffen. Nun will der österreichische Football-Verband (AFBÖ) mit der EM eins draufsetzen. Das stetige Wachstum des Sports, das sich etwa in Vereinsgründungen und steigenden Einschaltquoten niederschlägt, soll noch lange nicht zu Ende sein, betonte AFBÖ-Präsident Michael Eschlböck.

Beim WM-Finale vor drei Jahren erlebte das Ernst-Happel-Stadion im Wiener Prater ein rauschendes Fest. Laute Musik, Feuerwerkskörper explodierten und dutzende Cheerleader tanzten, als eine überlegene US-Auswahl Kanada mit 50:7 niederwalzte. Eschlböck hat sich vor allem ein Moment tief ins Gedächtnis eingebrannt: "Als auf den Rängen 20.000 Zuschauer auf einmal völlig spontan den Biene-Maja-Song gesungen haben. Das zeigt, die Leute hatten einfach ihren Spaß."

Positive Emotionen

Ähnliche Szenen will man auch 2014 sehen. Zwar gibt es weniger Spiele als bei der WM, da das Teilnehmerfeld statt acht nur sechs Mannschaften umfasst. Das Fehlen der Top-Nationen aus Übersee wie USA, Kanada oder Japan soll dem erwarteten Spektakel aber keinen Abbruch tun. Wie es auch im Football-Mutterland jenseits des Atlantiks üblich ist, steht dabei nicht allein das Treiben auf dem Rasen im Mittelpunkt. Mit einem üppigen Rahmenprogramm soll der Spieltag regelrecht zelebriert werden.

"Vor den Stadien in Wien, Graz und St. Pölten wird eine große PreGame-Area aufgebaut, in der es auch Stationen zum Selber-Ausprobieren wie eine Wurfwand geben wird. Die Areal in Wien am Finaltag hat zusätzlich ein Spielfeld, auf dem die Schulmeisterschaften im Flag Football stattfinden", erklärte Eschlböck. "Wir wollen damit bleibende Erinnerungen schaffen, die positive Emotionen auslösen. Die Leute sollen nachher sagen: 'Das war ein tolles Event!'"

Am aufsteigenden Ast

Auf diese Weise will der Verband bisher nur marginal Interessierte in Fans verwandeln, die ihre neue Leidenschaft dann auch in den Alltag mitnehmen. So sollen die Zuschauerzahlen in der Austrian Football League (AFL) gesteigert werden, mehr Aktive zum Sport gebracht werden und bald neue Vereine aus dem Boden schießen.

Seit WM-Ende hat es laut Eschlböck zehn Neugründungen gegeben. "Und witzigerweise kommen die nicht aus Ballungszentren, sondern aus dem ländlichen Bereich. Zum Beispiel die Pannonia Eagles im Burgenland, die Pongau Ravens, die Pinzgau Devils, die Weinviertel Spartans, die Fürstenfeld Raptors", zählte der AFBÖ-Boss auf. "Wir sind schön langsam dabei, die Landkarte zu füllen."

Jedem Haushalt sein Football

Auch die NFL-Berichterstattung auf Puls 4 beschert der Football-Community laufend Zuwachs. Eschlböck kommentiert jeden Sonntag ein Spiel der nordamerikanischen Profiliga mit. "Die Geschichte läuft super. Wir haben die Einschaltquoten 2013 im Vergleich zu 2012 teilweise verdoppelt." Nur mit der verlorenen Anonymität muss sich der Niederösterreicher noch anfreunden. "Manchmal sitze ich in der Straßenbahn und denke mir: Na gut, jetzt solltest du nicht unbedingt in der Nase bohren, weil dich schauen schon drei Leute an, weil sie dich vielleicht kennen könnten."

Letztlich unterstreicht es aber nur den Erfolg der Sendung - und das dient wiederum dem großen Ganzen. Football sei heute keine Unbekannte mehr, sehr viele könnten damit schon etwas anfangen, so Eschlböck. In Zukunft soll der Sport in der Gunst der Österreicher noch weiter nach oben klettern. "Wir haben ja sozusagen eine Vision, die da lautet: Ein Football in jedem Haushalt." Will heißen: Das Spielgerät soll zu einem völlig normalen, alltäglichen Gegenstand werden. Eine gelungene EM könnte den Weg dahin verkürzen.

Grundsätzliches: Ziel des taktisch sehr vielfältigen Spiels ist es, Raumgewinn zu erzielen und dadurch in die gegnerische Endzone zu gelangen. Der Football darf einmal pro Spielzug nach vorne geworfen werden, dazu besteht die Möglichkeit, ihn per Laufspiel nach vorne zu tragen. Gespielt wird elf gegen elf, wobei immer die "Offense" einer Mannschaft gegen die "Defense" des Gegners spielt. Wechselt das Angriffsrecht, wechseln auch auf beiden Seiten die Formationen.

Spielablauf: Innerhalb von vier Versuchen sind zehn Yards an Territorium zu überwinden. Gelingt dies der angreifenden Mannschaft, gibt es vier weitere Versuche ("Downs"). Gelingt dies nicht, erhält die verteidigende Mannschaft den Ball - üblicherweise im vierten Versuch durch einen möglichst weiten Kick ("Punt"). Jeder Spielzug beginnt an dem Punkt, an dem der vergangene geendet hat ("Line of Scrimmage"). Ziel ist jeweils die gegnerische Endzone.

Punkte: Das Erreichen der gegnerischen Endzone ("Touchdown") bringt sechs Punkte. Danach besteht die Chance auf einen Extrapunkt, indem der Kicker den Ball zwischen die Torpfosten schießt. Aus dem Spiel sind solche Kicks ebenfalls erlaubt. Ein solches "Field Goal" zählt drei Punkte. Erreicht ein Spieler anstelle des Extrapunkts noch einmal die Endzone, bringt das zwei Punkte ("Two Point Conversion"). Wird ein Spieler in der eigenen Endzone zu Fall gebracht, ist das ein "Safety" - ebenfalls zwei Punkte.

Regelverstöße: Vergehen werden von den Referees mit gelben Flaggen angezeigt, die auf das Spielfeld geworfen werden. Verstöße werden mit Strafen geahndet, die üblicherweise Raumverlust zur Folge haben. Das Regelwerk ist komplex. Grundsätzlich dürfen Spieler, die den Ball tragen, aber mit Vollkontakt zu Fall gebracht werden.

Spielbeginn: Das Spiel und die zweite Hälfte sowie eine mögliche Verlängerung beginnen jeweils mit einem Kick-off von der eigenen 30-Yard-Linie. Die empfangende Mannschaft versucht, den Ball so weit wie möglich zurückzutragen und beginnt dann von dieser Feldposition aus ihre Angriffsserie.

Spielzeit: Viermal zwölf Minuten im internationalen Football, in der NFL viermal fünfzehn. Die EM wird nach leicht adaptierten College-Regeln gespielt. Feldpositionen werden nach dem ersten und dritten Viertel beibehalten, lediglich nach der Halbzeit erfolgt ein neuer Ankick. Nach Ende eines Spielzuges hat das angreifende Teams jeweils 40 Sekunden Zeit, einen neuen Spielzug zu starten. Die Spieluhr wird bei missglückten Pässen oder Outbällen angehalten, nicht aber bei erfolgreichen Spielzügen.

Verlängerung: In der EM-Gruppenphase ist ein Spiel bei einem Unentschieden zu Ende. In der Finalphase erhält jedes Team an der 25-Yard-Linie des Gegners einmal den Ball und versucht, mit einer Angriffsserie, möglichst viele Punkte zu erzielen. Die Spieluhr spielt in der Verlängerung keine Rolle mehr. Sollte keine Entscheidung fallen, wird das Prozedere wiederholt. In der NFL dauert die Verlängerung ebenfalls 15 Minuten.

Spielfeld: Rechteckig, 120 Yards lang, jeweils in Zehner-Sektionen unterteilt. Die beiden am weitesten voneinander entfernten Zonen sind die Endzonen. Dazwischen liegen 100 Yards an freier Spielfläche.

Maße: Weil die österreichischen Stadien zu wenig lang sind, ist ein Yard bei der EM mit 87,5 cm genormt (IFAF-Yard). Ein "echtes" Yard sind 91,44 cm. Ein EM-Spielfeld ist damit um knapp vier Meter kürzer als eines in der nordamerikanischen Profiliga NFL.

Österreichs Football-Nationalmannschaft will bei der heute beginnenden Heim-EM im Gegensatz zur WM nicht leer ausgehen. Ziel ist das Finale um Gold im Ernst-Happel-Stadion, dazu muss das Team von Trainer Jakob Dieplinger aber wohl beide Gruppenspiele in Graz gewinnen. Am Samstag wartet zum Auftakt Dänemark. Der Weg nach Wien führt aber nur über Vize-Europameister Frankreich.

Vor vier Jahren hatte sich Österreich bei der Weltmeisterschaft im eigenen Land viel vorgenommen. Im Idealfall wollte das Team mit zwei Siegen in der Gruppenphase anschreiben, sogar mit einer Medaille wurde trotz der übermächtig scheinenden Konkurrenz spekuliert. Am Ende vermied die AFBÖ-Auswahl mit einem 48:10-Sieg über Australien gerade noch den letzten Platz. "Sportlich gesehen war die WM 2011 ganz klar eine Enttäuschung", machte Verbandspräsident Michael Eschlböck deutlich.

Diesmal will man den heimischen Fans Grund zum Jubeln geben. Bronze ist fast Pflicht, doch die Zielsetzung geht darüber hinaus. "Bei der letzten EM haben wir den dritten Platz geholt, jetzt wollen wir uns steigern. Das ist nur möglich, wenn wir das Finale erreichen", sagte Headcoach Dieplinger, der bis 2011 als Wide Receiver bei den Raiders Tirol und im Nationalteam aktiv war. "Das wird zwar sehr schwierig, aber wir sind zuversichtlich."

Hürde Frankreich

Die "Woche der Wahrheit" für Österreichs Team bricht am Samstag (19.00 Uhr/live ORF Sport+) in Graz an. Seit Donnerstag bereiten der 29-Jährige und sein Trainerstab die Mannschaft in der Steiermark auf die Auftaktpartie in Gruppe B gegen Dänemark vor. "Das ist die große Unbekannte", meinte Dieplinger über den Aufsteiger aus der B-EM. "Die Dänen haben sich in den vergangenen Jahren enorm weiterentwickelt, der Football erlebt dort zurzeit einen Aufschwung. Wir erwarten einen sehr gefährlichen ersten Gegner."

Die wahre Hürde wartet am Mittwoch mit Frankreich. Der EM-Zweite ist so etwas wie der "Angstgegner" der Österreicher, zuletzt setzte es bei der WM eine 16:24-Niederlage. "Frankreich ist sicher die größte Herausforderung", sagte Dieplinger und bezeichnete den Konkurrenten als "rundum starkes Team ohne wirkliche Schwachstelle. Sie haben eine bärenstarke Verteidigung, sehr große und athletische Receiver, die wir vor drei Jahren nur schwer decken konnten, eine solide 'Offense Line' und sind auch bei den 'Special Teams' top." Die sechs College-Athleten aus Kanada mit französischem Pass, auf die Coach Larry Legault zurückgreifen kann, sind auch kein Manko.

Österreich will mit einem relativ jungen Haufen dagegenhalten, der Altersschnitt liegt bei 24,5 Jahren. Dieplingers Vorteil ist, dass er den heimischen Nachwuchs wohl wie kaum ein Zweiter kennt. Sozusagen in seiner ersten Amtshandlung als Cheftrainer des Verbandes führte er die U19-Junioren 2013 zum EM-Titel. Vor seiner Bestellung werkte der in San Francisco geborene Tiroler als 'Offense Coordinator' jener U19-Mannschaft, die 2011 EM-Gold holte und bei der WM 2012 Platz vier eroberte.

Einige aus der Erfolgstruppe von damals sind nun Stützen des A-Teams, unter anderem die Wide Receiver Laurinho Walch (21, Vienna Vikings) und Clemens Erlsbacher (21), Runningback Andreas Hofbauer (21, beide Raiders Tirol) oder Linebacker Marco Zöchner (21, Graz Giants). Andererseits stehen auch einige WM-gestählte Routiniers wie Quarterback Christoph Gross (25, Vienna Vikings), Receiver Thomas Haider (26), Offense Lineman Robert Dragotinits (34, beide Danube Dragons) oder Verteidiger Florian Grünsteidl (32, Vikings) im Kader.

20.000 am Finaltag

"Die Mischung passt ganz gut. Wir haben vor allem darauf geachtet, dass alle körperlich auf einem hohen Niveau sind. Das war in der Vergangenheit nicht immer so. Da hat man bei ein paar älteren Spielern doch gemerkt, dass sie schon über ihrem Zenit waren", erklärte Dieplinger, der mit Felix Stadler (20) und Kenzo Mandl (22) auch zwei junge Talente vom Drittligisten Traun Steelsharks in sein Aufgebot holte. Bitter ist der Ausfall von Kapitän Valentin Gruber, der Offense Lineman erlitt vor zwei Wochen einen Kreuzbandriss.

Neben dem sportlichen Erfolg, in dem die Veranstaltung aus rot-weiß-roter Sicht gipfeln soll, steht bei der EM genauso der organisatorische Aspekt im Vordergrund. Zum Finale der Weltmeisterschaft 2011 strömten 20.000 Zuschauer ins Ernst-Happel-Stadion, womit ein neuer Besucherrekord für ein WM-Endspiel stand. Heuer sollen es am 7. Juni noch mehr werden. "Wir peilen jetzt nicht offensiv die 30.000-Marke an, aber eine Spur deutlich über 20.000 würden wir uns wünschen", sagte AFBÖ-Präsident Eschlböck. Ein Spiel mit österreichischer Beteiligung wäre bei diesem Vorhaben garantiert hilfreich.

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