Wie Manager Wagner ins Doping-Zwielicht kam

Wagner: 'Ich habe diese Kommentare nur abgegeben, um Leute zu beeindrucken.'
Der Ex-Eisenbahner geriet nun als Manager der Leichtathletik-Stars in den Fokus.

Die Reise von Robert Wagner zum amtierenden 100-Meter-Weltmeister Justin Gatlin begann nahe des Traunsees im idyllischen Scharnstein (OÖ) – und zwar in einem Zug. Der damalige Fahrdienstleiter der ÖBB begann nebenbei für die Sportredaktion der Oberösterreichischen Nachrichten zu arbeiten und hatte gegenüber seiner Kollegenschaft einen entscheidenden Vorteil: Als Mitarbeiter fuhr er gratis Zug.

Ein Umstand, den sich die Tageszeitung prompt zunutze machte. Die erste Dienstreise führte Quereinsteiger Wagner im Jahr 1987 in die Schweiz zum Letzigrund-Meeting der Leichtathleten. Der Sportart sollte der mittlerweile 57-Jährige bis heute treu bleiben, als namhafter Athleten- und erfolgreicher Veranstaltungsmanager (von Linz bis Südkorea) mit Wohnsitzen in Monaco, Amerika, auf Jamaika und in Oberösterreich.

Wie Manager Wagner ins Doping-Zwielicht kam
Athletics - World Athletics Championships – Men's 100 Metres Final - London Stadium, London, Britain - August 5, 2017. Justin Gatlin of the U.S. celebrates after winning the race. REUTERS/Dylan Martinez TPX IMAGES OF THE DAY

Auf die Dienste des Oberösterreichers vertraute zuletzt auch der streitbare, weil Doping-vorbelastete US-Sprintstar Justin Gatlin. Die spannende Frage, die sich seit Dienstag stellt, lautet in diesem Zusammenhang: Welche Dienste bot Robert Wagner dem derzeit schnellsten Mann der Welt an?

Im Fokus

In einem Trainingscamp in Florida ging Gatlins Betreuerstab verdeckten Reportern des britischen Telegraph in die journalistische Falle. Diese traten als Filmschaffende auf, die für eine Produktion auf der Suche nach Dopingmitteln für einen – fiktiven – Schauspieler im Krafttraining sind. Im Raum stand ein Honorar von mehr als 200.000 Euro. Vor versteckter Kamera erzählten Wagner und der mittlerweile gefeuerte Gatlin-Coach Dennis Mitchell, selbst Staffel-Olympiasieger und überführter Doper, von den gängigen Doping-Praktiken in der Szene. Wagner sagte, er könne die leistungssteigernden Substanzen jederzeit beschaffen, er habe verlässliche Bezugsquellen in Österreich.

Spätestens mit dieser Aussage ist Robert Wagner, für den die Unschuldsvermutung gilt, auch für die österreichischen Behörden interessant geworden. Dem Manager, der über Berater ausrichten lässt, er habe im Wissen ob des Mitschnitts alles nur gespielt, könnten nicht nur sportrechtliche Sanktionen drohen, sondern auch strafrechtliche Konsequenzen (siehe unten).

Der österreichische Leichtathletik-Verband beobachtet das Thema gespannt, aber aus der Distanz, Anknüpfungspunkte gebe es keine, wie Generalsekretär Helmut Baudis betont: "Robert Wagner betreut schon seit Jahren keinen der ÖLV-Spitzenathleten mehr." Ärger ob der Schlagzeilen kann aber auch er nicht verbergen: "Nun besteht wieder die Gefahr, dass es heißt: ‚Sind doch eh alle gedopt!‘"

Lediglich über das Linzer Gugl-Meeting habe man lose Beziehungen gehabt. Meeting-Direktor Wagner habe es laut Baudis aber vermehrt vorgezogen, internationale Stars nach Oberösterreich zu lotsen, als rot-weiß-roten Athleten die Chance einer größeren Bühne zu bieten.

Im Zwielicht

Es ist nicht das erste Mal, dass Robert Wagner unangenehme Fragen zum Thema Doping gestellt werden. Einige seiner – zugegeben vielen – Athleten wurden des Dopings bezichtigt oder gar überführt. Eine davon war die slowenische Mittelstreckenläuferin Jolanda Ceplak.

Die langjährige Rivalin der Österreicherin Stephanie Graf wurde im Sommer 2007 positiv auf EPO getestet. Ein paar Monate davor war die Olympiadritte noch das Zugpferd des Hallenmeetings in Wien. "Vielleicht war ich zu nahe bei Personen, die dann einen positiven Test abgeliefert haben", erzählte Robert Wagner einige Jahre später in einem Interview.

Doch Wagner geriet nicht in der Vergangenheit nur ins Doping-Zwielicht. Bei besagtem Meeting im Dusika-Stadion trat seine neu gegründete Firma AthleticBet.com als offizieller Haupt- und Namensponsor auf. Die Website, auf der man auf Leichtathletik-Bewerbe Wetten abschließen konnte, wurde von Beginn weg kritisch begleitet und bald auch wieder eingestellt. Zwar hatte Wagner damals die Geschäfte seiner Management-Agentur offiziell an einen Kollegen übergeben, dennoch standen die Athleten, auf die man wetten konnte, in einem Naheverhältnis zum Oberösterreicher.

Als einen der Geschäftsführer für AthleticBet.com konnte er sogar den Sohn des damaligen Generalsekretärs des Leichtathletik-Weltverbandes gewinnen. Nicht selten sprach Robert Wagner deshalb von der lieben "Leichtathletik-Familie".

Im Schwärmen

Eine andere alte Familie besuchte er noch vor Kurzem in Oberösterreich. Jene der OÖN-Sportredaktion. Dabei schwärmte Robert Wagner von einem lukrativen US-Filmprojekt, das für Gesprächsstoff sorgen wird. Er sollte Recht behalten. Handelte es sich dabei doch um die Undercover-Reporter.

Es passt ins Bild, dass die unlängst auf Netflix erschienene Dokumentation "Ikarus" über das russische Staatsdoping derzeit international gefeiert wird. Allgegenwärtig ist das Thema im Spitzensport, mitunter ein wenig aussichtslos wirkt der Kampf für Sauberkeit. Vielsagend ein Zitat des russischen Kronzeugen in der Doku: "Ihr müsst sehr gut sein, um uns zu erwischen. Wir sind die Besten, wenn es darum geht, zu betrügen."

Dabei haben etwa die österreichischen Institutionen, allen voran die Nationale Anti-Doping-Agentur (NADA), in den vergangenen Jahren schärfere Waffen vom Gesetzgeber im Kampf gegen Doping zur Verfügung gestellt bekommen. Die Akteneinsicht gehört ebenso dazu wie straf- und sportrechtliche Sanktionen für Betreuungspersonal. Erhärtet sich etwa in der Causa um Athletenmanager Robert Wagner der Anfangsverdacht, wird die NADA aktiv. Die dafür nötige Kontaktaufnahme mit amerikanischer und weltweiter Anti-Doping-Agentur WADA habe aber bereits stattgefunden, erklärt ein NADA-Sprecher auf KURIER-Nachfrage.

Bei den strafrechtlichen Tatbeständen wird unterschieden zwischen Besitz, Beschaffung und Weitergabe unerlaubter Substanzen (Strafandrohung bis zu fünf Jahre) sowie dem Tatbestand des Sportbetrugs (bis zu zehn Jahre). Selbiges gelte übrigens für einen involvierten Arzt, über den die Beschaffung der Substanzen gelaufen ist.

Graubereich

Auf sportrechtlicher Seite können Sperren von bis zu sechs Jahren gegen Betreuer und Manager ausgesprochen werden – zumindest auf offizieller Ebene. Ein Graubereich ist und bleibt aber weiterhin die Hobbysport-Szene, wo der Besitz und die Einnahme bis zu einem Grenzwert straffrei ist und die NADA überhaupt keinen juristischen Zugriff hat.

Das gilt nicht nur für die Einnahme von leistungssteigernden Substanzen, sondern auch für die Beschaffung. Der Großteil läuft über das Ausland beziehungsweise über das Internet ab, wobei laut NADA drei Viertel aller angebotenen Präparate gefälscht und daher von minderwertiger Qualität sind.

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