Walchhofers Erinnerung an Abfahrtsgold - "Meisterstück"

Walchhofers Erinnerung an Abfahrtsgold - "Meisterstück"
2003 wurde Michael Walchhofer in St. Moritz Abfahrts-Weltmeister, 2017 war er bei der WM-Eröffnung Ehrengast. Der Salzburger ist heute 41 Jahre alt, dreifacher Familienvater, Hotelier in Zauchensee und kann sich bestens an die Geschehnisse vor 14 Jahren erinnern. Vor allem deshalb, weil ihm die Abfahrt am 8. Februar 2003 geradezu perfekt gelungen war. "Es war", so Walchhofer, "mein Meisterstück".

"Walchi" verfolgt die aktuellen Skirennen auch heute noch intensiv. "Zum Teil sogar begeistert", wie er im APA-Gespräch zugab. Das müssen nicht zwangsläufig Abfahrten sein. "Riesentorläufe wie in Alta Badia, Val d'Isere oder Adelboden, die sind sportlich unglaublich spannend zum Anschauen. Das begeistert mich."

Begeisterung kommt auch nach 14 Jahren noch hoch, wenn Walchhofer an 2003 denkt. "Ich bin ja bei einigen Siegen gute Abfahrten gefahren. Aber gerade bei der WM habe ich es extrem gut hingebracht." Eher hatte man ihn damals als Kombi-Favoriten als einen in der Abfahrt gesehen, erinnert sich Walchhofer. "Die Reporterin hat mich nach dem Kombisieg in Kitz ganz entgeistert angeschaut, als ich sagte, dass ich mich bei der WM eher als Favorit in der Abfahrt sehe", muss der Salzburger heute noch schmunzeln.

Und er erklärte: "Ich bin davor vier Mal Zweiter geworden und das immer ohne perfekte Fahrten. Also habe ich gedacht, ich muss es einfach mal runter bringen, dann bin ich vorne. St. Moritz kam damals für mich genau zur richtigen Zeit." Es war von Beginn an der perfekte Tag. "Schon als ich in der Früh vom Balkon aus auf die sonnige Piste sah, habe ich gedacht, es ist angerichtet für ein perfektes Ski-Fest."

Bei der Analyse erinnert sich Walchhofer vor allem an eines. "Die technische Schlüsselstelle habe ich im Training nie wirklich hingebracht. Gut 50 Mal bin ich sie in den Tagen vor dem Rennen durchgegangen und in den letzten 24 Stunden habe ich mir immer wieder vorgestellt, wie ich da perfekt durchfahre."

Tatsächlich rettete er dann beim zunächst vermeintlichen Hundertstelkrimi mit Nummer 31 - damals bekam man nach einem Torfehler im Training ("Der war aber nicht absichtlich") eine Nummer über 30 - vor dem Norweger Kjetil Andre Aamodt die geschlagene Skination Österreich. "Sie sind alle auf ein paar Zehntel zusammengepickt. Dann kam ich und war fast eine Sekunde vorne. Ich bin es im Rennen genauso gefahren, wie ich es mir am Ende vorgestellt habe."

Deshalb sei die Situation etwas kurios gewesen. "Schon beim Zielsprung habe ich mir gedacht, das war jetzt die perfekte Fahrt. Es geht gar nicht anders, als dass ich jetzt Weltmeister bin." Beim Blick auf die Anzeigentafel sei er dann auch nicht besonders überrascht gewesen.

Den heutigen Abfahrts-Startern etwas mitzugeben, mag der ÖSV-Vizepräsident durchaus. Zum Thema Formaufbau weiß er: "Absolute Topläufer können die Form auf extrem hohem Level über lange Zeit halten, siehe Marcel Hirscher." Die Form gezielt zur WM hin aufzubauen, gehe natürlich auch. "Das Ziel sollte aber eher sein, von Anfang an Rennen zu gewinnen und bis zum Finale vorne mit zu fahren."

Dass die Moritz-Abfahrt alleine aufgrund der Topographie speziell ist, macht auch für Walchhofer "übliche Verdächtige" wie Kjetil Jansrud oder Beat Feuz zu Topfavoriten. Auch Steven Nyman hätte dazu gehört, der Amerikaner fehlt aber verletzt.

In St. Moritz müssen man "geschmeidig" fahren, so Walchhofer. "Das ist definitiv kein Bormio, Kitzbühel oder Wegen. Es hat zwar einige Schlüsselstellen, wo du technisch sauber drauf stehen musst. Im Grunde überwiegt aber das Gefühl. Deshalb ist auch Max Franz für mich ein Kandidat." Walchhofers Landsmann Hannes Reichelt könnte übrigens der dritte Salzburger Abfahrtsweltmeister in Folge in St. Moritz werden. 1974 triumphierte bekanntlich David Zwilling.

Warum das ÖSV-Abfahrtsteam im WM Winter lange brauchte um in die Gänge zu kommen, wundert auch den ÖSV-Vizepräsidenten Walchhofer. "Denn wir hätten eigentlich Athleten, die ständig um den Sieg mitfahren müssten."

Auch 2017 wird für Walchhofer das Wetter in St. Moritz ein mitentscheidender Faktor. Die Trainingsabsagen gleich am ersten Tag und das strahlend schöne Wetter 24 Stunden später bewiesen das. "Man kann hier innerhalb kurzer Zeit völlig andere Pistenverhältnisse vorfinden und braucht eine komplett andere Abstimmung. Die Serviceleute müssen also flexibel bleiben."

Wegen der Baumlosigkeit wird auf der Corviglia auch die Orientierung ein Problem. "Ich wünsche jedenfalls allen ein schönes Wetter", so Walchhofer.

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