Internat: "Das erste Jahr war schon super"

Internat: "Das erste Jahr war schon super"
Weg von zu Hause mit 14? Wenn man ein klares Ziel vor Augen hat, eine tolle Sache.

Lukas ist die Entscheidung, ins Internat zu gehen, nicht schwergefallen, denn der mittlerweile 15-Jährige hat ein klares Ziel: "Ich möchte ein richtig guter Fußballer werden, gleichzeitig aber auch die Schule machen. In Hollabrunn kann ich beides". Die HLW Hollabrunn und das Sportinternat stimmen sich nämlich so ab, dass die Schüler Lernen und Sport unter einen Hut bringen. Doch das Zentrum liegt 60 Kilometer von zu Hause entfernt, da war schnell klar, dass er unter der Woche im Internat bleibt. Lukas bereut es nicht: "Das erste Jahr war super, jetzt freue ich mich schon aufs zweite".

Lukas hat also sehr positive Erfahrungen gemacht und so wie ihm geht es mittlerweile vielen anderen Zöglingen in diversen Einrichtungen. Die Zeiten, in denen Missbrauch und autoritäre Erziehungsmethoden das Image der Internate schwer beschädigt haben, scheinen vorbei. Moderne Einrichtungen legen Wert auf pädagogische Erziehungsmethoden und einen offenen Umgang miteinander. Gute Institutionen setzen zudem auf ein vielseitiges Bildungsangebot mit Schwerpunkten, etwa mit fremdsprachlicher, musisch-kreativer, sportlicher, naturkundlich-technischer oder ökologischer Ausrichtung.

Für die Wahl der für das Kind besten Ausbildungsstätte sollte man sich auf jeden Fall Zeit nehmen. Auch finanzielle Aspekte gehören familiär abgesprochen, auch damit der Schüler weiß, was seine Ausbildung kostet. Brigitta Srncik von der Bildungsberatung des Stadtschulrates rät zudem, sich vorab genau zu überlegen, was man sich von der Schule und dem Internat erwartet: "Die Entscheidung muss dann gemeinsam mit dem Kind stattfinden. Wenn das Kind nicht auf das von den Eltern präferierte Internat möchte, ist das ein Nein."

Bei Lukas war die Entscheidung klar und die Eltern haben mitgezogen. Für sie war es aber eine Umstellung: "Vor allem am Anfang macht man sich Gedanken, ob alles gut geht.Da muss man lernen loszulassen", erklärt Vater Roman. Und genau dieser Prozess kann für ein Internat sprechen. Srncik: "Bei Internatskindern wird die Eigenverantwortung und damit das Selbstbewusstsein gestärkt. Sie merken, es geht auch ohne Eltern." Hat sich Lukas eigentlich in seinem ersten Jahr weg von zu Hause verändert? "Ja, ich glaube, ich bin selbstständiger geworden." Die Eltern stimmen stolz zu.

KURIER: Welche Frage wird Ihnen am häufigsten zum Thema Internat gestellt?
Detlef Kulessa: Kann mein Kind im Internat glücklich werden? Wird es uns nicht vermissen? Dahinter steckt immer die Befürchtung: Wird sich mein Kind aufgehoben fühlen? Deshalb ist die Wahl den Internats so enorm wichtig.

Eignet sich jedes Kind fürs Internat? Es macht nur Sinn, wenn das Kind will. Das ist das Erste und Wichtigste, was wir in unseren Beratungen herausbekommen müssen.

Wie findet man die optimale Einrichtung für sein Kind?
Das ist eine individuelle Angelegenheit. Je offener die Familien mit dem Thema umgehen, desto besser können sie beraten werden. Das beste Internat gibt es nicht, das beste für das jeweilige Kind sehr wohl.

Gibt es eigentlich einen Trend?
Der Trend geht eindeutig zu den Internaten, die sich durch ein besonderes Angebot auszeichnen.

Was spricht eigentlich für einen Internatsbesuch, was dagegen?
Kinder können sich in der strukturierten Gemeinschaft des Internats ganz anders entwickeln. Was Kinder dort schulisch erreichen, ist ihr Erfolg, den müssen sie nicht mit den ehrgeizigen Eltern teilen. Der tägliche Zoff bei den Hausaufgaben entfällt. Die jungen Menschen haben viele unterschiedliche Bezugspersonen, engen Kontakt zu Mitschülern, Lehrern und Betreuern, was von Vorteil für die Entwicklung sein kann. Der Nachteil liegt auf der Elternseite. Die müssen Erziehungsverantwortung abgeben, das tun die meisten sehr ungern.
Früher hatten Internate entweder etwas Elitäres oder etwas von Erziehungsheimstätten. Ist diese Diskrepanz heute immer noch so groß?
Es gibt in der Tat zwei Kategorien von Internaten: die problemorientierten und die chancenorientierten. Die ersteren wollen Probleme lösen: schulische, soziale, familiäre. Die zweiten wollen durch eine optimierte Lernumgebung zusätzliche Chancen zur Persönlichkeitsentwicklung anbieten. Das müssen aber nicht unbedingt Elite-Einrichtungen sein,

Haben Internate Zukunft?
Die Ganztagsschulen machen ihnen schwer zu schaffen, fordert sie aber auch. Internate, die ihren „Mehrwert“ klarmachen können, werden weiter prosperieren.

IMit welchen Kosten muss man im Schnitt für ein internationales Privatinternat rechnen?
Die Kosten beginnen bei ca. 1000 €/Monat und reichen bis ca. 3500 €. Wer es noch teurer möchte, muss in die Schweiz gehen, da gelten nach oben kaum Limits. England ist durch den Brexit schon deutlich günstiger geworden, man muss zwischen 1200 bis 3000 € rechnen. Günstiger ist es in Kanada. Eines der interessantesten Internatsländer überhaupt, da sich hier die amerikanische Offenheit und die europäische Verbindlichkeit wunderbar ergänzen.

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