Josef Bierbichler
Eigentlich hält er das Fernsehen für eine „Verdummungsfabrik“. Umso erfreulicherer, dass Josef Bierbichler, der just am Tag der ROMY-Gala (26. April) Geburtstag feiert, sich trotzdem hin und wieder dafür hergibt. Wie für den ZDF-Sechsteiler „Verbrechen“ nach dem Bestseller des Strafverteidigers und Schriftstellers Ferdinand von Schirach. Bierbichler spielt darin den Anwalt Friedrich Leonhardt, der an die Unschuld seiner Mandanten glaubt und vor Gericht möglichst milde Urteile herausholen will. Dafür gibt es eine Nominierung für die Goldene ROMY.
In einem Porträt des Bayerischen Fernsehens bezeichnet er den Weg zur Schauspielerei als reinen Zufall, einen Reflex, eine fixe Idee: „Ich hab' überhaupt nicht nachdenken müssen, was ich machen will.“ Kindheit und Jugendjahre verbrachte der Bauernsohn in Ambach am Starnberger See, wo er 1948 geboren wurde. Schon früh stieg er in dem idyllisch gelegenen Gasthaus „Zum Fischmeister“ ein, das er aber schon vor Jahren verpachtete.
Laiendarsteller
Mit 13 ging er einige Zeit in ein katholisches Internat im schwäbischen Donauwörth. Nach der Schulzeit besuchte er eine Hotelfachschule und trat als Laiendarsteller bei einem Bauerntheater am Starnberger See auf. Anfang der 1970er Jahre absolvierte er die Schauspielausbildung an der Münchner Otto-Falckenberg-Schule.
Bald feiert er Erfolge auf bedeutenden Bühnen in München, Hamburg, Berlin oder Wien. Einen großen Publikumserfolg konnte er mit dem Stück „Der Brandner Kaspar“ feiern, das 1975 auch fürs Fernsehen inszeniert wurde.
Prägend wird für Bierbichler die Begegnung mit Herbert Achternbusch (ab 1976). Zahlreiche gemeinsame Projekte für Theater und Film entstehen, darunter „Bierkampf“ oder „Heilt Hitler“.
Rohe Kräfte walten in seinem selbst konzipierten Theaterstück „Holzschlachten. Ein Stück Arbeit“ von 2006 an der Berliner Schaubühne. Darin verarbeitete er Interviews des KZ-Arztes Hans Münch und Monologe des Autors Florian List.
Haneke
Relativ selten steht Bierbichler auch für Film und Fernsehen vor der Kamera, dreht mit Werner Herzog und Tom Tykwer und spielt in Michael Hanekes „Das weiße Band“ und in Wolfgang Murnbergers „Der Knochenmann“. Mehrfach küren ihn Kritiker zum „Schauspieler des Jahres“, Bierbichler erhält 1998 den Adolf-Grimme-Preis in Gold („Freier Fall“) und 2007 den Deutschen Filmpreis als „Bester Schauspieler“ für „Winterreise“. 2008 folgt der Theaterpreis Berlin.
Auf die Gunst seiner Zuschauer schielt Bierbichler nicht, Applaus empfindet er als eher unangenehm. „Das Publikum ist mir ehrlich gesagt relativ wurscht. Ich habe keine Angst davor und auch kein Lampenfieber“, sagt er in einem Interview.
2001 erscheint Bierbichlers autobiografisch gefärbtes Buch „Verfluchtes Fleisch“, zehn Jahre später der 400 Seiten dicke Roman „Mittelreich“. Darin erzählt der unverheiratete Vater von drei Kindern die Geschichte einer Bauern- und Wirtsfamilie über drei Generationen hinweg.
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