"Ich wollte immer Schauspielerin werden"

Franzsika Weisz ist die neue NDR-"Tatort"-Kommissarin Julia Grosz
Franziska Weisz debütiert als Kommissarin an der Seite von Wotan Wilke Möhring im NDR-"Tatort" "Zorn Gottes".

Der Rummel um ihre Person ist dieser Tage groß. Auftritte in Talkshows, jede Menge Foto-Termine und Interviews standen auf dem Programm von Franziska Weisz. Die aus Breitenfurt bei Wien stammende, nun in Berlin lebende Schauspielerin ist die Neue im NDR-"Tatort". Ihren ersten Auftritt als Julia Grosz gemeinsam mit Wotan Wilke Möhring alias Kommissar Torsten Falke absolviert die 35-Jährige heute, Sonntag, mit der Folge "Zorn Gottes" (20.15, ORF2):

Ein junges Paar genießt den ersten warmen Tag, als plötzlich die Leiche eines Arabers in ihren Swimmingpool fällt. Die Ermittlungen führen Falke zum Flughafen Hannover, wo er auf schmerzhafte Weise Bundespolizistin Grosz kennenlernt. Bald wird ihnen klar, dass hier eine Schleuserbande am Werk ist, die ihre Dienste auch IS-Heimkehrern anbietet.

Terror

"Wir haben das ein halbes Jahr vor den Terrorakten in Paris gedreht. Keiner von uns hätte geglaubt oder befürchtet, dass unser Film so schnell auf diese fürchterliche Weise von der Realität eingeholt werden würde", sagt Weisz im KURIER-Gespräch. "Unser Fall spielt ja in Hannover, wo am Tag nach Paris ein Fußball-Länderspiel Deutschlands abgesagt werden musste. Das war gleich der nächste Schock."

"Ich wollte immer Schauspielerin werden"
tatort franziska weisz. honorarfrei.
Ihre Julia Grosz ist eine spröde, wortkarge Person. Erst spät erfährt man, dass sie in Afghanistan Traumatisches erlebt hat. Nur langsam öffnet sie sich Falke und deutet neben der harten auch die verletzliche Seite an. "Das macht eine Figur erst interessant", meint Weisz. "Kein Mensch ist eindimensional. Jeder noch so edle Ritter hat etwas, das plötzlich ein Drama losbrechen lassen kann. Das macht die Figuren greifbar und liebenswert." Das sei auch das große Plus von Reihen wie dem "Tatort": "Sie bieten die Möglichkeit, eine Figur über eine längere Zeit kennenzulernen."

Die Rolle der "Tatort"-Kommissarin ist ein weiterer Höhepunkt der Karriere von Franziska Weisz, die für ihre Leistung im Burgenland-Landkrimi heuer für die ROMY nominiert ist. "Ich wollte immer Schauspielerin werden", erzählt Weisz. "Schon als Kind habe ich mir die großen 70er-Jahre-Sonnenbrillen meiner Mutter verkehrt aufgesetzt, den Lockenstab in die Hand genommen und Nana Mouskouri imitiert. Oder ich habe Otto Waalkes und Jerry Lewis nachgemacht." Für sie sei auch völlig logisch gewesen, dass jeder Mensch Schauspieler werden will. "Ich war dann später überrascht, dass es ganz viele Menschen gibt, die das niemals machen wollen."

Wunder

Dass sie diesen, ihren Weg einschlagen konnte, ist purer Zufall. "Am Ende meiner Zeit am Gymnasium hatte ich mich in einer Modelagentur beworben, aber nie wirklich einen Job an Land gezogen und bin in der Kartei eingestaubt. Dann haben die mich zum Casting von Regisseur Ulrich Seidl geschickt." Der hat sie dann für eine Hauptrolle in "Hundstage" besetzt, der bei den Filmfestspielen in Venedig 2001 mit dem Großen Preis der Jury ausgezeichnet wurde. "Rückblickend betrachtet ist es ein Wunder, das ich entdeckt wurde."

Das Casting für Seidls Film war überhaupt ihr erstes Spiel vor einer Kamera. Eine richtige Schauspiel-Ausbildung hat sie nämlich nie absolviert. Weisz: "Ich habe Workshops gemacht und viel durch die Zusammenarbeit mit Regisseuren gelernt. Ich bin also nicht in eine Richtung trainiert. Vielleicht fühlt sich deshalb auch immer jedes Filmprojekt für mich so an, als wäre es das erste."

"Ich wollte immer Schauspielerin werden"
"Ein Geheimnis im Dorf - Schwester und Bruder", Als der neu gewählte Bürgermeister kurz vor der Amtsübernahme tödlich verunglückt, übernimmt seine junge Stellvertreterin Irene Kemmer vorübergehend das Zepter. Mit ihren einsamen Entscheidungen eckt sie im Dorf schnell an. Irene weigert sich, eine längst notwendige Umfahrungsstraße zu bewilligen. Auch als der Sternekoch Paul Berger das alte Dorfgasthaus wiederbeleben will, stellt sie sich quer. Dahinter scheint mehr als nur der Wunsch nach einer sauberen Amtsführung zu stecken. Seit langem wird Irenes Leben von einem brisanten Familiengeheimnis überschattet, das schwer auf ihrer Seele lastet.Im Bild: Franziska Weisz (Irene Kemmer). SENDUNG: ORF2 - MI - 30.03.2016 - 20:15 UHR. - Veroeffentlichung fuer Pressezwecke honorarfrei ausschliesslich im Zusammenhang mit oben genannter Sendung oder Veranstaltung des ORF bei Urhebernennung. Foto: ORF/Film27/Andrea Mayer-Rinner. Anderweitige Verwendung honorarpflichtig und nur nach schriftlicher Genehmigung der ORF-Fotoredaktion. Copyright: ORF, Wuerzburggasse 30, A-1136 Wien, Tel. +43-(0)1-87878-13606
Weisz spielt die unterschiedlichsten Rollen besetzt. Das kann das Publikum in diesen Wochen bestens verfolgen. Am 30. März ist sie in "Ein Geheimnis im Dorf – Bruder und Schwester" im ORF als Bürgermeisterin Irene zu sehen. Die kämpft mit den alten patriarchalischen Strukturen und Korruption. Eine starke Frau also – eine Formulierung, die Weisz gar nicht mag. "Das ist für mich wie der weiße Schimmel. Ich habe auch noch nie von einem ,Drama eines starken Mannes‘ gelesen." Irene sei schlicht eine Frau, die zu ihren Idealen auch in der Politik steht und keine Konfrontation scheut, statt, wie von ihr in diesem Mikrokosmos Dorf erwartet, sich unterzuordnen. "Sie ist ebenso wenig wie Julia Grosz eine System-Erhalterin. "

Opfer

"Ich wollte immer Schauspielerin werden"
Großmutter Ruth Eberth (Hannelore Elsner) mit Tochter Katharina Berger (Franziska Weisz) © Provinzfilm International
Ganz anders ist Weisz in Andreas Grubers "Hannas schlafende Hunde", der am 1. April in die Kinos kommt. Der Film, aus der Sicht der 9-jährigen Hanna erzählt, spielt im Wels der 1960er-Jahre, handelt von einer jüdischen Familie, von Katholizismus und Antisemitismus. Weisz gibt Hannas Mutter, die alles daran setzt, ihre jüdische Herkunft zu verheimlichen, dabei in einer Opferrolle verharrt und diese auch von der Familien verlangt.

Und auch bei der im April bei Sat.1 startenden 5. Staffel der US-Serie "Homeland", die in Berlin entstanden ist, wird man Weisz sehen können. "Sebastian Koch spielt eine Hauptrolle. Meine ist eine ganz kleine. Aber es war eine sehr schöne Erfahrung", erzählt der ",Homeland‘-Fan der ersten Stunde".

Franziska Weisz steht derzeit im Scheinwerferlicht. Sie kennt es aber auch anders. "Ich hätte genug Momente gehabt, in denen ich bei mir gedacht habe, das wird nichts mehr und die Karriere ist vorüber und ich muss etwas völlig anderes machen", räumt sie ein. "Aber das ist ja auch das Unglaubliche am Beruf des Schauspielers – man kann aus einer jahrelangen Arbeitslosigkeit plötzlich zu einer Oscar-Rolle kommen. Es kann aber auch sein, dass man jahrelang ganz gut lebt und plötzlich ist es vorbei. Es steht immer wieder aufs Neue viel für einen auf dem Spiel, aber es gibt nach oben hin ganz wunderbare Möglichkeiten." Und Franziska Weisz ist soeben dabei, diese zu nützen.

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