"Noch immer geil auf Erfolg"

Erni Mangold spielt Shakespeares Puck: „Er ist böse, hinterfotzig und verlogen, aber auch charmant“.
Erni Mangold über Preise, Shakespeare, Gier, Josef Hader, Jugendwahn.

Die großartige Erni Mangold, 88, spielt ab 24. April im Volkstheater den Puck im "Sommernachtstraum".

KURIER: Sie sind für die KURIER-ROMY nominiert, für Ihre Rolle in dem Film "Der letzte Tanz" .

Erni Mangold: Ich glaube ja nicht, dass ich die ROMY krieg, denn das ist ja ein Publikumspreis. Den Film haben sich vielleicht 12.000 Leute angeschaut. Er ist ja leider während der Fußball-WM herausgekommen, und da schau auch ich lieber WM.

Sie spielen ab 24. April im Volkstheater den Puck im "Sommernachtstraum" – eine ungewöhnliche Besetzung.

Nein, die ist gar nicht ungewöhnlich. Wenn man nachdenkt, ist sie eigentlich genial. Ich finde, ein alter Mensch wie ich, mit seinem Wissen und seiner Geschichte am Buckel, aber auch mit Witz und Humor und Schlitzohrigkeit, ist die ideale Besetzung. Der Puck, denke ich, ist schon seit Hunderten Jahren in diesem merkwürdigen Wald, und alles, was sich dort abspielt, wiederholt sich. Und langsam ist ihm fad.

Wie ist dieser Geist, der Puck?

Ich habe ja 20 Jahre lang unterrichtet. Und wenn einer der Studenten den Puck vorgesprochen hat, dann wurde der immer ein Quirl, eine Hupfdohle – und ich finde, das ist er nicht. Ich denke, er ist gelangweilt – aber immer interessiert an Streichen. Er ist böse, hinterfotzig, verlogen – aber auch charmant und liebenswürdig. Er hat viele clowneske Züge.

Eine herrliche Rolle!

Ja, und man kann machen, was man will. Es ist mir auch egal, wenn dann ein Kritiker schreibt: Naja... Die Rolle ist einfach zu schön. Man kann auch die Leute direkt anreden und anschimpfen. Ich habe ja in meinem Alter immer noch eine kräftige Stimme und kann herrlich losbrüllen!

Der " Sommernachtstraum" ist eines der erfolgreichsten Stücke überhaupt.

Es kann sogar schlecht inszeniert sein und wird trotzdem funktionieren. Es geht um das Verwechslungsspiel: Heute liebe ich den, morgen liebe ich einen anderen . Man kann sich in die Märchenwelt hinbegeben – aber man kann anhand dieses hoch intelligenten Textes auch über die Realität nachdenken.

Shakespeare ist ja 400 Jahre nach seiner Zeit immer noch enorm beliebt. Erstaunlich.

Erstaunlich ist das gar nicht. Er bietet einfach, um es in der Schauspielersprache zu formulieren, viel Fleisch. Ich finde ein einziges Stück nicht gut, das ist "Macbeth".

Warum?

Nach fünf Minuten Tralala fängt er an zu morden und und mordet sich durchs ganze Stück. Das ist langweilig.

Sie spielen derzeit im Volkstheater in "Haben" eine Hebamme, die auch Menschen aus dem Leben hinausbefördert.

"Noch immer geil auf Erfolg"
ABD0184_20150226 - WIEN - ÖSTERREICH: Erni Mangold als "Frau Kepes" am Donnerstag, 26. Februar 2015, während der Fotoprobe von "Haben" (Premiere am 27.02.2015) im Volkstheater in Wien. - FOTO: APA/HANS KLAUS TECHT
In dem Stück geht es um sehr, sehr arme junge Frauen. Sie können es sich nicht einmal leisten, einen jungen Mann zu heiraten. Und dann kommt meine Figur auf die Idee, dass man ja alte Männer heiraten und beerben könnte, indem man sie umbringt. Und dann können sich die Frauen einen Jungen leisten. Aber dann setzt die Gier ein – sie heiraten noch einen Alten und noch einen... Diese Geschichte passt gut in unsere Zeit. Die Gier ist typisch für die Menschen. Ich bin halt so alt, dass die Gier mich nicht mehr betrifft – ich hab eigentlich schon alles hergegeben.

Sie spielen oft böse Rollen. Sind das die interessanteren?

Das ist immer so eine merkwürdige 08/15-Frage!

Entschuldigung.

Natürlich sind die interessanter. Aber diese Frau ist nicht böse, sie ist intelligent. Und sie hat Macht – und darauf steht die Oide! Diese Rollen haben Kraft. Man braucht Mut und Glaubwürdigkeit – deshalb spielen Schauspieler lieber solche Rollen.

Sie waren die böseste Großmutter in "Geschichten aus dem Wiener Wald", die ich je gesehen habe.

Ich bin auch die beste Großmutter, die Sie je gesehen haben! Ich bekam die Rolle danach noch drei Mal angeboten, habe sie aber immer abgelehnt. Mir ist das zu anstrengend, ich bin 88, irgendwann muss ich mich ein bisschen schonen.

Sie arbeiten doch extrem viel!

Schrecklich. Und ich mache Fernsehen auch noch.

Sie haben mit Josef Hader gedreht, für die Reihe "Landkrimi".

Ich schätze ihn, er schätzt mich, es war eine wunderbare Zusammenarbeit.

Wie geht es den österreichischen Theatern?

Schlecht. Aber das Sparen hat auch etwas Gutes – Theater sollte nicht versuchen, Film und Fernsehen zu übertreffen. Ich finde armes Theater interessanter.

Sie kommen vom Theater nicht los.

Ich arbeite gerne, und ich bin immer noch geil darauf, Erfolg zu haben. Für Schauspielerinnen ist die Zeit um 50, 60 sehr schlimm, die Ensembles sind gesteckt voll mit alten Weibern – also mittelalten, die man nicht braucht. Aber wenn man so alt ist wie ich, dann hat man keine Konkurrenz mehr – denn sie sind alle schon tot.

Sie sind – und damit schließt sich der Kreis zur ROMY-Frage – enorm beliebt.

Weil ich sehr direkt bin und nicht schwindle. Und weil ich glaubwürdig vermittle, dass ich den Jugendwahn nicht mitgemacht habe. Ich hatte keine Schwierigkeiten mit dem Altwerden, ich mag mein Gesicht immer noch.

Kommentare