Winterurlaub trotz Schneeflaute

Winterurlaub trotz Schneeflaute
Was tun, wenn der Schnee ausbleibt? Im Tiroler Kaiserwinkl ist man's gewöhnt und für Alternativen gerüstet.

In der Wintersaison 1989/90 herrschte große Aufregung im Südtiroler San Cassiano: Die Schneekanonen waren da! Erstmals konnte das Wintersport-Örtchen sein Schicksal selber in die Hand nehmen; stolz wurde die Unabhängigkeit von den Launen des himmlischen Fischers Petrus gefeiert.

Jahr für Jahr war die Gemeinde zu Saisonbeginn in die Kirche gepilgert. Dort hatte man gemeinsam den Himmel um Schnee gebeten und Jahr für Jahr wurden die Gebete erhört. Damit war jetzt ein für alle Mal Schluss! Mit den Schneekanonen hielt auch eine Prise Aufklärung Einzug in San Cassiano.

Was aber geschah in jenem Winter? Der Schnee blieb aus. Kein Gebet, kein Flöckchen. So erzählen es zumindest jene, die sich noch erinnern. Ab 1991 wurde wieder gebetet. Trotz Technik und Aufklärung. Man weiß ja nie...

Vabanquespiel Schnee

Winterurlaub trotz Schneeflaute
Viele Regionen fahren den Betrieb herunter oder müssen ihn gar einstellen.
Tatsache ist: Nicht alle Wintersportorte sind gleichermaßen gesegnet. Schneesicherheit gibt es nur in entsprechend hohen Lagen – und selbst dort ist diese Sicherheit eine täuschende. Ein Rundblick indie langen Gesichter der Touristikerbestätigt das: Wenn der Himmel nicht will, ist man oft der Gelackmeierte.

Aber just hier haben die kleinen Skigebiete bessere Karten. Wer nicht all seine Hoffnung in den Alpinsport setzt, weil es da größere, bessere, bekanntere Tourismusmarken gibt, wer also von vornherein zu einem breiteren Angebot gezwungen ist, wird auch unabhängiger, wenn Petrus schmollt.

"Wir haben derzeit rund 1000 Tourismusmarken in Österreich, die sich alle über schöne Berge, saubere Luft oder Kulinarik positionieren und damit austauschbar sind", analysiert Freizeit-Forscher Peter Zellmann im KURIER-Interview. Für Touristiker gelte es, Nischen zu suchen: "Vielen Tiroler Tälern ist das gelungen."

Kaiserwinkl mitunter ohne Kaiserwetter

Eines dieser Tiroler Täler ist die Region Kaiserwinkl. "Wir haben 60 Prozent unserer Auslastung im Sommer" sagt Thomas Schönwälder vom örtlichen Tourismusverband. Für ein klassisches Skigebiet sei die Lage einfach nicht hoch genug, die Saison sei schön, aber eben kürzer als etwa in den Kitzbüheler Alpen. Auch Zellmann stellt klar: "Von einer Saison können die wenigsten Hoteliers leben, abgesehen von Obertauern, die von Dezember bis April fast hundert Prozent Auslastung haben."

Was da gefragt ist? Fantasie! Schneekanonen natürlich auch. Allein das bisschen Kunstschnee macht noch keinen Traumurlaub. Für die Langlaufloipe wird der Schnee zusammengekratzt, notfalls aus höheren Lagen hertransportiert, aber das reine Vergnügen sieht anders aus...

Macht nichts. Schönwälder ist Diplomatie und improvisieren gewöhnt. Nicht zuletzt, weil sich der Tourismusverband Kaiserwinkl über zwei Bezirke (Kitzbühel und Kufstein) erstreckt, daher auch mit unterschiedlichen lokalen Richtlinien und Gegebenheiten zu kämpfen ist: "Man merkt es bereits am Bier. Wir befinden uns an der Zillertaler-Stiegl-Grenze und man muss höllisch aufpassen, für welche Veranstaltungen man welches Bier einplant." Aber der Wahl-Tiroler ist guter Dinge: Letztlich hätte man das beste beider Welten.

Flexibilität gefragt

Bloß nicht schmähstad sein, wenn es darum geht, Winterurlaub aus diesem Nicht-Winter zu zaubern. Zu wenig Schnee zum Rodeln? Dann eben Snowtubing. Das geht notfalls auch auf Eisplatten. Nimmt dann sogar mehr Speed auf. Juchheissa!

Die große Baustelle in Walchsee wird einmal ein Wasserrutschen-Paradies. Einen Reitstall gibt es, einen Eislaufplatz - das geht alles auch in schneelosen Wintern. Nur mit den angepriesenen Schneeschuhwanderungen sieht's derzeit schlecht aus ("Zu gefährlich", sagt Schönwälder), aber Gleitschirmfliegen? Kein Problem!

"Ich bin sicher, dass es heuer noch schneit", gibt sich Schönwälder beinahe optimistisch. "Spätestens, wenn wir unser Heißluftballon-Treffen haben. Dann wird es die ganze Woche durchschneien, sodass kein Ballon starten kann." Er lacht. Müssen die Ballonfahrer eben langlaufen. Das geht dann sicher gut. Kurz: Es gibt kein schlechtes Urlaubswetter. Es gibt nur Urlaubsregionen, die besser und solche, die schlechter mit den Wetterkapriolen umgehen können.

Im Kaiserwinkl trifft man sich nicht zum Saison-Gebet. Man erweitert einfach das Angebot.

Dem Kaiser zu Füßen

Exakt 3 Stunden und 42 Minuten braucht der InterCity, um vom Wiener Westbahnhof nach Kufstein zu gelangen. Gehalten wird nur, wo es unbedingt nötig ist (St. PöltenLinzSalzburg), dafür auf manchen Abschnitten mit bis zu 230 km/h gedüst. Die hohe Fahrtgeschwindigkeit führt zu den von Workaholics gefürchteten WLAN-Ausfällen entlang der Strecke, aber - hey, Sie sind auf Urlaub! Kappen Sie Ihre Internetverbindung doch einfach einmal. (Oder laden Sie sich "The Hobbit" vorab auf den Laptop. Der Film geht sich in der Fahrzeit knapp aus...) Züge fahren alle zwei Stunden ab Wien West, der erste bereits um 6:30, der letzte um 19:30.

Wenn Sie in der Region Kaiserwinkl gebucht haben, steht Ihnen die Kaiserwinkl Card zu, mit der Sie diverse Ermäßigungen nützen können. Interessant daran sind vor allem die öffentlichen Verkehrsmittel, die für die Zeit Ihres Aufenthaltes gratis zur Verfügung stehen. Im Kaiserwinkl selbst können Sie sich also problemlos autofrei bewegen. Für den Transfer vom Bahnhof Kufstein zur Urlaubsdestination sorgt ein ÖBB-Shuttle, das im Preis inbegriffen ist. Fahrzeit: etwa 20 Minuten.

Mit etwas geschickter Planung (Frühbuchung mit der Sparschiene) kommen Sie somit um (bzw. ab) Euro 24.- von Wien West bis zur Hoteltür. Das liegt unter dem Preis für den Benzinverbrauch der Strecke. Außerdem ist es entspannter. ("The Hobbit" ist sowieso ein fader Film, dabei können Sie herrlich die Fahrzeit verschlafen...)

Information: www.oebb.at

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