Dracula und die Saubermänner

Dracula und die Saubermänner
Das Ferien-Messe-Partnerland ist besser als sein Ruf. Viele Baujuwele sind revitalisiert.

Rumänien, das heurige Partnerland der Ferien-Messe Wien, gilt in vielen Köpfen immer noch als unterentwickeltes Ostblock-Reiseland. Bei einer Reise durch Transsilvanien (deutsche Bezeichnung: Siebenbürgen) hat der KURIER jedoch festgestellt: An den meisten Vorurteilen ist gar nicht mehr so viel dran. Neben verfallenen Häusern, Landstraßen mit Schlaglöchern und vorsintflutlichen landwirtschaftlichen Betrieben gibt es auch zahlreiche herausgeputzte Kulturschönheiten, frisch ausgebaute Überlandstraßen, feine (Design-)Hotels und respektable Wirtshäuser. Nur an der Vermarktung ihres Gruselgrafen Dracula könnten die Rumänen noch ein wenig feilen, wenn sie dringend benötigtes Geld durch Tourismus lukrieren möchten.

Vom Flughafen Bukarest geht es auf erstaunlich gut ausgebauten Stadtautobahnen Richtung Norden ins Karpatenland. Vereinzelt traben Roma mit ihren Pferdewagen auf der Autobahn ein. „Das ist jetzt streng verboten, wenn sie die Polizei erwischt, wird ihre Kutsche beschlagnahmt“, erklärt mein Guide Terry.

Je weiter ich mich jedoch von der Stadt entferne, desto häufiger überholen wir Zweispänner, und desto häufiger rumpeln wir über Schlaglöcher.

„Bist du deppert!“

Bist du deppert“, sagt Terry bei jedem Schlagloch und grinst breit. „Immer, wenn ich Österreicher durch Siebenbürgen führe, ist einer dabei, der das sagt.“ Und noch einen typischen österreichischen Satz kennt der Guide: „Mein Gott, is des schee!“

Dracula und die Saubermänner
Es gibt mehr Anlässe für einen solchen Ausdruck der Freude in Siebenbürgen, als man meinen möchte. Da ist zum Beispiel die Stadt Brasov (zu deutsch Rosenau), die mit einer schönen mittelalterlichen Burg aufwarten kann. Jeder weiß gleich, wie die Stadt heißt, denn unterhalb der Burg steht „Rasnov“ in riesigen weißen Lettern geschrieben, die an den Hollywood-Schriftzug in Los Angeles erinnern.

Nicht ganz mit Hollywood-Stars kann ein eigenartiger Geselle mithalten, der mich auf der Burg in mittelalterlichem Gewand und einer Furcht einflößenden Lanze empfängt. „Ich bin Soldat“, ruft er, setzt mir einen Stoffhut auf und fordert mich zum Spaß-Duell, ehe er sich fotografieren lässt. Na ja.

Dort, wo man dagegen ein bisschen Action erwarten würde, ist nicht viel los: Schloss Bran, das angebliche Anwesen des berühmtberüchtigten Vampirs Graf Dracula, ist erstaunlich romantisch und so gut wie gar nicht gruselig. Ein paar Schautafeln beschäftigen sich mit der Geschichte des echten brutalen Herrschers Vlad Dracul („der Pfähler“) und seiner literarischen Verwandlung zum Vampir durch den irischen Dichter Bram Stoker, ansonsten bekommen die Besucher hier nur unbedeutendes Habsburger-Mobiliar zu Gesicht. Einzig ein enger Geheimgang ist dazu geeignet, ein wenig Gruselfeeling zu erzeugen. Andererseits sollen hier ja weder der echte Dracul noch Bram Stoker je gewesen sein – das Schloss dürfte Stoker nur von Bildern gekannt haben.

Schwarze Kirche

Ein Schmuckstück ist das mittelalterliche Zentrum der Stadt Brasov (Kronstadt). Die Fußgängerzone präsentiert sich adrett mit revitalisierten Altbauten, chicen Cafés und Geschäften, die den Vergleich etwa mit der gleich großen Stadt Graz nicht zu scheuen braucht. Wahrzeichen ist die protestantische „schwarze Kirche“. Das Gotteshaus wurde 1689 bei einem Großbrand stark beschädigt, der Wiederaufbau dauerte 100 Jahre, wegen der erhalten gebliebenen rußgeschwärzten Mauern haben die Kronstädter ihrer Kirche den Namen gegeben.

Im vergleichsweise herabgekommenen Ort Prejmer (Tartlau) habe ich ein besonders imposantes Exemplar einer Wehrkirche besichtigt, wie es sie in rumänien zu Hunderten gibt. Rund um die Kirche haben die Tartlauer dicke Wehrmauern mit Lager- und Schlafräumen angelegt – als Zufluchtsorte im Kriegsfall.

Romantischer ist das Städtchen Sighisoara (Schäßburg) mit dem netten Uhrturm. Daneben soll der echte Graf Dracula geboren worden sein. Sein Geburtshaus ist jetzt ein Café und kann mit mehr Grusel-Souvenirs aufwarten als das Dracula-Schloss. Gegen Trinkgeld treibt hier ein Vampir-Verschnitt sein Unwesen – und lässt sich mit Gästen vor der Dracula-Gedenktafel fotografieren.

Zu den schönsten Städten Siebenbürgens zählt Sibiu (Hermannstadt), das 2007 vom Kulturhauptstadt-Status stark profitiert hat. Die österreichisch anmutende barocke Altstadt wurde komplett restauriert und ist UNESCO-Weltkulturerbe. „Ohne Kulturhauptstadt hätten wir nie das Geld aufgetrieben, Hermannstadt zu sanieren“, sagt der deutsche Bürgermeister der Stadt, Iohannis Klaus.

Dächer mit Augen

Dracula und die Saubermänner
Wer zu den Dächern der Stadt aufschaut, könnte sich in Sibiu verfolgt fühlen: Die Dächer haben augenförmige Fenster. Und eine Lügnerbrücke gibt es auch in der Altstadt, die angeblich einstürzt, sobald jemand sie betritt, der noch nie oder höchstens einmal in seinem Leben gelogen hat. Ist aber noch nie passiert.

Reges Treiben herrscht in den Nobelkurorten Predeal und Sinaia – mit Casino, Pensionen, Restaurants und Skihütten. Unerwartet pompöse Villen zeugen hier von ebenso unerwartet großem Reichtum. Ein verschnörkselter Prachtbau in Sinaia ist das Schloss Peleș – einst Sommerresidenz des rumänischen Königs Carol I. Die Schlossbesitzer einst und jetzt darf man als Sauberkeitsfanatiker bezeichnen: In dem vom Wiener Architekten Carl Wilhelm Ritter von Doderer geplanten Schloss befindet sich eine einzigartige zentrale Staubsaugeranlage, und Besucher dürfen die Räume nur mit Hausschuhen betreten.

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