Nordirland: Stürmisches Land

Nicht nur eine lange umkämpfte Grenze trennt den Norden vom Rest Irlands. Das Wetter ist hier ein bisschen rauer, der Humor schwärzer und die Menschen herb, aber herzlich.

Zugegeben, es gibt hübschere Wahrzeichen als Samson und Goliath, doch kaum ein anderes erzählt so viel über seine Heimat wie die beiden Kräne. Von überall in Belfast stellen sich die zwei gelben Riesen in den Blick, als wollten sie jeden Besucher daran erinnern, was diese Stadt einst groß gemacht hat. "H & W" steht in mächtigen Lettern auf dem Stahl, "Harland and Wolf", einst die größte Schiffswerft Europas. Hier baute man die Liniendampfer der "White Star Line" und auch deren wohl berühmtestes und tragischstes Exemplar: Die "Titanic".

"Titanic District" haben die Tourismusplaner das alte Dockviertel rund um die zwei Kräne genannt, und auch wenn die großen Museumspläne noch nicht so recht gediehen sind, jede alte Fabrikshalle, jedes Haus in den Arbeitersiedlungen aus Backstein erzählt hier die Geschichte Belfasts, eine Geschichte von industriellem Aufschwung, Reichtum und natürlich von Jahrzehnten des blutigen Bürgerkriegs zwischen Katholiken und Protestanten.

Die City boomt

Wer eine so stürmische Geschichte hinter sich hat, hat keine Zeit für Nostalgie. In Belfast kümmert man sich um die Zukunft, und versetzt diese Stadt in eine fast fiebrige Aufbruchsstimmung.

Vor allem die City boomt. Rund um das mächtige Rathaus aus der Zeit von Queen Victoria wachsen die Einkaufsstraßen in alle Richtungen, in den kleineren Gassen dazwischen blüht eine Pub- und Restaurantszene, die alles zwischen irischer Tradition und Multi-Kulti-Küche bietet - und spätabends Musikclubs, die von House bis irischem Folkrock alles von sich hören lassen.
Kein Wunder, dass man in Belfast Gruppen aus allen Ecken Großbritanniens trifft, die eigens wegen des Nachtlebens angereist sind.

Einsame Entdeckungen

Wem nach einer langen Nacht nach Ruhe und Einsamkeit ist, der muss in Nordirland nicht weit fahren. Knapp nördlich von Belfast beginnt die Causeway-Küstenstraße, die einem mit atemberaubenden Blicken auf die irische See nach Norden führt.

Zwischen der oft rauen See, dem endlosen Grün der Hügel und steil aufragenden Küstenfelsen kann der Blick hier hin- und herwandern. In kleinen Küstendörfern wie Cushendun oder Cushendall finden die Irland-Romantiker die Stimmung, die man sonst im Süden, in Kerry oder Cork sucht. Nur dass Touristen aus dem Ausland hier in manchen Pubs noch richtig für Aufsehen und neugierige Fragen sorgen können. Denn außer ein paar Amerikanern, die ihre Vorfahren aufspüren wollen, ist hier noch kein Fremder auf ein Bier vorbeigekommen.

Doch es wäre nicht der Norden, wenn zwischen so viel ländlicher Idylle nicht wieder das alte industrielle Herz der britischen Provinz schlagen würde. Hier kann man nicht nur Herrenhäuser, Burgen und Steilküsten besuchen, sondern auch alte Kohle-Gaswerke, Schmieden und Glasfabriken. Und überall einen Führer, der sich meist noch selbst die Hände in diesen Hallen schmutzig gemacht hat und daher wie kein anderer über die rußige Geschichte seiner Sehenswürdigkeit erzählen kann.

Schrecken und Humor

Und wenn Geschichte hier, in Nordirland, nicht rußig ist, dann ist sie eben blutig. Das kann so erschreckend und tragisch sein wie das IRA-Museum in Derry.
Hier wird, direkt am Ort des Geschehens, vom Bloody Sunday" erzählt, jenem Sonntag im Jahr 1972, an dem britische Soldaten mitten in eine Demonstration feuerten und mehr als ein Dutzend Menschen töteten. An der Kasse des Museums stehen heute Familienmitglieder und Freunde der Ermordeten.

Liegt das Grauen allerdings ein wenig länger zurück, dann begegnen die Nordiren ihm lieber mit schwarzem Humor.
Walter etwa, ein Edelmann der einst auf schaurige Weise in Derrys Burgverließ umkam, ziert bis heute das Wappen der Stadt. Und nicht nur das, auch in Torbögen und auf Hausmauern findet man das Skelett des Herren, das manchmal lacht oder sich fragend am kahlen Kopf kratzt.

Infos

Währung 1 britisches Pfund = ca. 1,14 €. Nordirische Banken drucken eigene Banknoten, die sich nur im Design vom Britischen Pfund unterscheiden.

Pubs Wer Belfast besucht, darf an den Pubs nicht vorbeilaufen. Allen voran natürlich der Crown-Liquor-Salon mit seinen Logen und dem mehr als opulenten viktorianischen Dekor. Das Tourismusbüro (Donegall Place 47, mitten im Zentrum) bietet Historic-Pub-Touren an.

Whisky Auf einen Schluck und eine interessante Führung vorbeischauen kann man in der berühmten Bushmills-Whiskydestillerie im gleichnamigen Ort. Das Bushmills-Inn nebenan ist ein stimmungsvoller Ort, um zu essen und auch zu übernachten.

Steilfelsen Der Giant's Causeway, jene bizarre Anhäufung aus riesigen Steinsäulen und Würfeln, ist der Höhepunkt jeder Küstenfahrt.

Auskünfte Irland Info in Wien, T.: 01/501 59 60 00

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