Leben am Mond: Sex, Spiele und ein bisserl Rock ’n’ Roll

Leben am Mond: Sex, Spiele und ein bisserl Rock ’n’ Roll
Alltag im Weltraum: Eine Wiener Weltraumarchitektin weiß, was Menschen im All brauchen, um glücklich zu sein.

Wollen Sie einen Kaffee?" Sandra Häuplik-Meusburger gießt Wasser in den Tank der Maschine. Die kleinen Freuden des irdischen Lebens weiß die Weltraumarchitektin zu schätzen. Denn sie bastelt an Häusern für den Mond. Und der ist eine knochentrockene und extrem lebensfeindliche Region.

Doch ausgerechnet die hat sich Präsidentschafts-Kandidat Newt Gingrich als Wahlzuckerl auserkoren. Im Fall seines Wahlsieges will er bis 2020 eine Mondbasis errichten lassen. Das beflügelt die Fantasie der Weltraumarchitektin – sie ist eine von 40 weltweit. Ihre Aufgabe ist es Raumstationen lebenswert zu gestalten , sodass man dort gut wohnen und arbeiten kann. Kein leichter Job: Das Korsett der technischen Richtlinien ist eng. Geringe Schwerkraft, fehlende Atmosphäre, Strahlungsbelastung und Einschränkungen beim Transport des Materials sind eine Herausforderung für den Mann im Mond. Ihre Kritik: Die soziale und psychologische Seite der Raumfahrt genieße in den Planungen nicht den richtigen Stellenwert. Eine Nachlässigkeit – speziell bei Langzeitmissionen. Beispiel: Nach eineinhalb Jahren Isolation in der "Mars500"-Kapsel war die Crew "psychisch ausgelaugt".

 

Leben am Mond: Sex, Spiele und ein bisserl Rock ’n’ Roll

Tabu Doch was würde Menschen im All glücklich machen? Vorweg: An der Nicht-Beachtung ihrer Sehnsüchte sind die Astronauten nicht unschuldig. "Aus Angst, nicht mehr fliegen zu dürfen, haben zu Beginn viele ihre Bedürfnisse verschwiegen", weiß Häuplik-Meusburger, die etliche Astronauten interviewt hat. Manche aber skizzierten ihre Sehnsüchte recht unverblümt – wie etwa Michael Collins (Apollo 11): "Ich rate zu mehr Masturbation." Hygiene ist ebenfalls ein Thema. Gene Cernan (Apollo 17) sagte: "Nach zwei Wochen auf dem Mond schaust du aus wie ein Kumpel im Kohlebergwerk". Ein bisschen Grün muss sein: Immerhin nennen Astronauten ihre Pflanzen "Haustiere". Schließlich geht es auch um Freizeit-Beschäftigungen. Häuplik-Meusburger hat ein Astronauten-Spiel gegen Fadesse auf Langzeit-Missionen mitentwickelt.

Was lernen wir daraus? Ihre Erkenntnisse fließen in Modelle für Raumbasen ein. Außerdem startet sie im Sommersemester an der TU einen Studenten-Wettbewerb für den lebenswertesten Entwurf einer Raumstation:

Weiterführende Links

Mond-Südpol

Pioniere werden im Shackleton-Krater landen

Die NASA hat ein Programm namens "Systeme für die Mondoberfläche" am Start. Die erste Mondbasis soll demnach am Südpol entstehen. Dort, in unmittelbarer Nähe der Oberfläche des 20 Kilometer weiten Shackleton-Kraters, gibt es einige andere, permanent beschattete Krater, wo einige Meter unter der Oberfläche gefrorenes Wasser vermutet wird. Die Crews sollen mit einem SEV (Space Exploration Vehicle) die Umgebung erkunden, einer Nachfolger-Version des faltbaren Mond-Buggys der Apollo-Mission.

Nach einigen Monaten soll eine neue Siedlung im Malapert-Massiv, 130 Kilometer entfernt, errichtet werden. Ein Transportroboter namens "Athlete" wird die Ausrüstung übersiedeln. Die Maschinen werden von der Erde aus gelenkt. Die Astronauten-Crew beginnt dann erneut mit Erkundgungsfahrten. "So tasten wir uns zum Äquator vor", erklärt NASA-Programmleiter Matt Leonard.

Fertigteilhäuser Die fehlende Atmosphäre, der allgegenwärtige feine Staub und extreme Temperaturschwankungen stellen hohe Anforderungen ans Material. Zum Arbeiten und Wohnen werden den Mondforschern tunnelförmige Zylinder aus Aluminiumlegierungen dienen. Die jeweils fünf Meter breiten und 3,3 Meter hohen Module können zu Wohn-Komplexen verbunden werden. Zum Schutz vor Strahlung und Meteoriten-Einschlägen werden die Fertighäuser (denkbar sind auch aufblasbare Module, Inflatables, Anm.) eingegraben oder mit Regolith bedeckt. "In den ersten acht Jahren werden wir unsere gesamte Logistik mitbringen. Erst dann werden wir beginnen, uns selbst zu versorgen", sagt Programmleiter Leonard.

Die Sinnfrage hat sich für die Weltraumarchitektin Häuplik-Meusburger in diesem Zusammenhang nie gestellt: "Menschen sind Forscher. Wir fliegen zum Mond, weil er da ist."

 

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