Benin & Togo: Die Wiege des Voodoo

Benin & Togo: Die Wiege des Voodoo
Die beiden westafrikanischen Länder sind die Wiege der mystischen Religion. Zeremonien, Trance-Tänze, Gruseliges und Befremdendes erlebt man oft.

Begreifen ist nicht möglich. Uns bleibt nur schauen, staunen und wundern.
Auf dem staubigen Sandplatz des Dorfes Sanguera in Togo tanzt sich ein Dutzend Männer in Trance. Angetrieben von dumpf dröhnenden Trommeln. Sie tragen nur knielange Baströcke, Oberkörper und Beine sind nackt und so schwarz wie die Nacht. Schweiß perlt ihnen über Gesicht und Muskeln. Rundum stehen Voodoo-Priester, klatschen Frauen den Takt der Trommeln mit.

Bei einem Baum mit einer Rinde wie Eiterbeulen steht ein Holzpflock. Eine verrostete Eisenplatte steckt darin. Immer wieder wirbelt ein Tänzer dorthin, fällt vor dem Pflock auf die Knie und berührt mit dem Kopf das Eisen.
"Kokou Voodoo" flüstert mir ein Dorfbewohner zu. Dieses Stück Alteisen also ist die Antenne zum Rachegott Kokou, für den die Männer tanzen und der in sie fahren soll.

Trance

Die Trommeln werden lauter und plötzlich überschlagen sich die Szenen. Ein Tänzer verdreht die Augen, sackt zusammen, liegt in spastischer Verrenkung im Sand, ein Bein zum Himmel abgespreizt. Die Priester streichen ihm über Kopf und Bauch, bis er langsam aus seiner Trance zurückkehrt. Ein anderer schlägt wild mit der Faust auf einen Baumstamm. Einer hat plötzlich ein Messer in der Hand und säbelt über seine Bauchdecke. Einer klettert auf den Eiterbeulen-Baum und hängt auf einem Ast kopfüber wie eine Fledermaus. Die Priester haben jetzt alle Hände voll zu tun, um die in Trance Geratenen zu beruhigen.

Voodoo ist in Togo und Benin allgegenwärtig. Auf einer Reise durch die beiden westafrikanischen Länder wird man ständig mit dieser okkultistischen, 4000 Jahre alten Religion konfrontiert, sieht Zeremonien und rituelle Tänze. Exotisch, wild, bunt.
Die Frauen der Tamberma in Togo tanzen mit Geweihen von Gazellen am Kopf, die Somba in Benin mit Kürbisgefäßen, die Fetisch-Priester des Bandjeli-Volkes mit klirrenden Eisenringen an den Füßen auf glosendem Feuer, da sie einst ein Gott die Kunst, Eisen zu schmelzen, lehrte. "Tänze sind Gebete", erklärt Reiseleiter Cosme. "Wer nicht tanzen kann, kann nicht beten."

Wiege des Voodoo

Benin & Togo: Die Wiege des Voodoo

Benin gilt als die Wiege des Voodoo. Mit den Sklaven gelangte der Kult in die neue Welt - nach Brasilien, Haiti und in die Südstaaten der USA. Welthauptstadt des Voodoo ist Quida am Golf von Benin. Von dort kamen einst die kräftigsten Sklaven. Die Könige von Dahomey, wie Benin noch bis 1975 hieß, waren die brutalsten Sklavenfänger für die Portugiesen. Gedenkstätten wie das von der UNESCO errichtete "Tor ohne Wiederkehr", der "Baum des Vergessens" und der Auktionsplatz Chacha erinnern an die Greuel.

Jeden 10. Jänner findet in Quida das größte Voodoo-Fest Westafrikas mit Zeremonien, Heilungen und Trance-Tänzen statt. Und im wichtigsten Voodoo-Tempel des Landes, dem Python-Tempel, winden sich die Riesenschlangen. Sie bringen Glück. Mutige lassen sich die heiligen Pythons um den Hals hängen.

Nase zu am Opferplatz

Voodoo-Tempel, Schutz-Fetische und Opferplätze sieht man in jedem Dorf. Aber so interessant sie auch sein mögen, eine Augenweide sind sie nicht. Tierknochen und Kultgegenstände liegen wie achtlos hingeworfener Abfall wirr durcheinander.
Beim Fetisch von Dankoli, dem wichtigsten Opferplatz und Pilgerort der Voodoo-Gläubigen in Benin, raubt uns der Gestank von verwestem Fleisch fast den Atem. Blut, Hühnerfedern, Schlangenhäute, Pavian-Schädel, Tonscherben, Lebensmittel, Dosen und Geldscheine sind durch Sonne und Tropenregen zu einem übel riechenden Misthaufen verklebt. Aber Hygiene ist hier nur das Problem von uns Europäern. Kinder rennen barfuß über den Haufen, Erwachsene stecken kleine Holzpflöcke hinein, die gegen alle vorgetragenen Nöte helfen sollen.

Am Fetischmarkt in Togos Hauptstadt Lomé gibt es sämtliche Utensilien zu kaufen, die Voodoo-Anhänger so brauchen. Schlangenhäute, Affenknochen, Wurzeln, tote Vögel, Pferdehaar-Wedel, Zähne und Felle von Raubkatzen, Steine, Puppen, Stoffbeutel, Pflanzen, Fledermäuse, Krähen-Schnäbel - Berge ekeliger Zutaten für die Rezepturen und Medizinen der Voodoo-Priester liegen auf wackeligen Holztischen. Begreifen können wir nicht, nur schauen. Wie so oft in Benin und Togo.

Menschenjagd

Auf der Bootsfahrt am palmengesäumten Mono-Fluss, der Grenze zwischen Benin und Togo, spielt - wie so oft auf dieser Reise - der Zufall wieder einmal Regie und liefert ein weiteres dieser unbegreiflichen Erlebnisse. Eine Horde von 30 bis 40 Frauen rennt mit Knüppel bewaffnet und Kampfgesängen durch ein Lehmhüttendorf. Wie sich herausstellt, hat ein Mann eine Voodoo-Priesterin verletzt. Die Frauen suchen ihn nun, um ihn zu bestrafen. Auf unsere bohrenden Fragen rückt der Reiseleiter zögerlich mit seiner Einschätzung der Situation heraus: "Es kann sein, dass sie ihn erschlagen."

Bereits lange tot ist Glélé, der letzte König des legendären Reiches Dahomey am Golf von Benin, das die Franzosen Ende des 19. Jahrhunderts eroberten. Dennoch kommt er noch ab und zu zum Schlafen und Essen in seinen Palast in Abomey, der heute Museum und Weltkulturerbe ist. Davon sind die Beniner überzeugt.

Audienz beim Prinz

Benin & Togo: Die Wiege des Voodoo

Im innersten Hof des Palastes steht in einem Rundbau aus Lehm und Blut gemauert sein Stahlrohrbett. Alle fünf Tage bringen ihm seine Nachkommen Speis und Trank und essen mit ihm in seiner "ewigen Ruhestätte". Besonders mag er gegrillte Agouti (Beutelratten). Die Pflanzenfresser, dieso groß wie Katzen werden, gelten in Benin und Togo als Leckerbissen und stehen oft auf den Speisekarten der Lokale.
Könige gibt es in Benin und Togo immer noch. Politischen Einfluss haben sie keinen, aber sie repräsentieren gern. In Togoville am Togo See, 35 Kilometer außerhalb der Hauptstadt Lomé, lebt noch König Mlapa V. als Dorfchef. Er ist ein direkter Nachkomme Mlapa III., der mit Deutschland 1884 einen Schutzvertrag schloss, womit Togo gegründet war und auch gleich unter deutsche Herrschaft kam.

Sein Nachfolger, Prinz Asrafo Plakoo-Mlapa, übt sich bereits fleißig als König von Togo. In traditioneller Prunkkleidung empfängt er mit seinen Beratern gerne Touristen in seinem mit Wellblech gedeckten Haus und zeigt ihnen sein zehn Quadratmeter großes Museum. Neben kuriosen Versatzstücken aus der Geschichte des Königreiches liegt in einem Vitrinenschrank auch die berühmte Meerschaumpfeife - ein Geschenk Kaiser Wilhelms. Der deutsche Generalkonsul Dr. Gustav Nachtigal überreichte sie dem König bei der Vertragsunterzeichnung.
Uns überreicht der Prinz zum Abschied würdevoll eine Kopie des Vertrages und setzt mit langstieliger Füllfeder sein Autogramm darauf. Ein Schmunzeln verbieten wir uns. Das würde die afrikanische Seele, die Pomp so liebt, maßlos kränken.

Infos

Beste Reisezeit Von November bis April. Im Norden gibt es eine Regen-zeit (Mai-Oktober), im Süden zwei (April-Juni und September-November).

Flug Brussels Airlines ist auf Afrika spezialisiert und fliegt 26 Ziele ex Wien via Brüssel an, u. a. Benin (hin-retour ab 1301,38 €) & Togo (ab1399,58 €). www.brusselsairlines.at

Gesundheit
Gelbfieber-Impfung vorgeschrieben. Tetanus, Typhus, Hepatitis A/B und Malaria-Prophylaxe empfehlenswert. In die Reiseapotheke sollten Mückenschutz, Antibiotikum, Desinfektionsmittel und Durchfall-Medikamente.

Sprache In beiden Ländern ist Französisch Staatssprache. In Togo, das von 1884 bis 1916 deutsche Kolonie war, danach französische, wird vereinzelt auch etwas Deutsch gesprochen.

Visa Bei den Botschaften in Deutschland beantragen. Formulare zum Download unter www.botschaft-benin.de bzw. www.botschaft-togo.de

Währung Beide Länder haben den CFA Franc. 1 € = 655 CFA

Hotels & Strände Unterkünfte in Togo & Benin sind für westafrikanische Verhältnisse erstaunlich gut und entsprechen meist europäischem 3*-Niveau. Schöne Sandstrände gibt es z. B. bei Grand Popo in Benin. Togos Hauptstadt Lomé hat einen 7 km langen Strand mit Palmen. Leider ist er stellenweise verschmutzt. Hotels und Gebäude an der Promenade sind in schlechtem Zustand.

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