Zweiter Versuch einer Demokratisierung

Zweiter Versuch einer Demokratisierung
Die Ägypter erleben historische Wahlen nach dem Sturz des Diktators.

Endlose Schlangen vor den Wahllokalen in einem Jahrzehnte politisch erstarrten Land - das ist die eine, Anfang dieses Jahres noch unvorstellbare Seite der Medaille im revolutionären Post-Mubarak-Ägypten. Politisches Chaos mit unbekannten Kandidaten, Stimmenkauf und Angst vor Wahlbetrug ist die andere.

Vom ersten demokratischen Urnengang im Land am Nil ist nicht zu erwarten, dass jene die politische Ernte einfahren, die im Wortsinn unter Einsatz von Leib und Leben diese politische Entscheidungsfindung überhaupt ermöglicht haben. Die Revolutionäre vom Tahrir-Platz, die Helden von Alexandria und Suez haben keine Partei, kein Zugpferd, keine ausreichende Organisation, nur ihr bisschen Wut, das sie regelmäßig in Demonstrationen gegen den Militärrat mit seinem Mubarak-artigen autoritären Gehabe ausdrücken.

Es steht auch nach menschlichem Ermessen bei Ägyptens historischer Wahl im Vorhinein der Wahlsieger fest: Wie in Tunesien die in der Diktatur verbotenen Muslimbrüder. Also ein Sieg jener, vor denen sich der Westen reflexartig schreckt.

Die Welt ist allerdings gut beraten, jedweden Wahlausgang (der erst im Jänner klar sein wird) zu akzeptieren. Denn zum einen wird es endlich der tatsächliche Wunsch der Mehrheit sein. Zum anderen zeigten Umstürze von Rumänien 1989 über die Sowjetunion 1991 bis Tunesien 2011: Das Ende einer Diktatur mit nachfolgend lupenreiner Demokratie samt zwingend sympathischen Siegern, das gibt es nur als Wunsch, nicht als Wirklichkeit.

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