Wilhelminenberg: Kommission nimmt Arbeit auf

Wilhelminenberg: Kommission nimmt Arbeit auf
Vier Experten sollen die mutmaßlichen Missbrauchsfälle im ehemaligen Wiener Kinderheim untersuchen.

Wir sind allen Betroffenen schuldig, dass die Wahrheit möglichst gut ans Licht kommt", sagte Barbara Helige Mittwochvormittag bei der Präsentation der "Kommission Wilhelminenberg".

Das Experten-Gremium wird die Geschichte des Wiener Kinderheimes im Schloss Wilhelminenberg unter die Lupe nehmen. Im Vordergrund stehen die "bestürzenden Vorwürfe" (Helige), wie Massenvergewaltigung und Verschwinden einzelner Kinder, aber auch "andere schwere Übergriffe", die in der Zeit von 1948 bis 1977 stattgefunden haben. Nichts, meint Helige sinngemäß, dürfe unter den Teppich gekehrt werden.

Neben der Familienrechtlerin Helige, die den Vorsitz führt, besteht die Kommission aus der ehemaligen OGH-Senatspräsidentin Helge Schmucker, der Psychiaterin und Psychotherapeutin Gabriele Wörgötter und dem Sozialhistoriker Michael John (siehe Zusatzbericht) . Historiker und Historikerinnen werden das Team ergänzen.
"Die Arbeit bezweckt die Anerkennung der Opfer und ihrer Schicksale", erklärt Helige, "und versucht nachzuvollziehen, was den Kindern tatsächlich widerfahren ist."

Einer der wichtigsten Punkte sei die Kooperation mit ehemaligen Heimkindern, die sich ab sofort - auch anonym - an die Kommission wenden können. "Tagebücher und Briefwechsel", sagt Helige, könnten die Heimzeit ebenso erhellen, wie Aussagen von Erziehern, Praktikanten, Hausarbeitern, "bis hin zum Bäcker, der das Brot geliefert hat".

Strafrecht Die Strafrechtsexpertin Helge Schmucker wird sich um ihr ureigenstes Metier kümmern: "Wenn zum Beispiel ein Erzieher strafrechtlich relevante Taten über einen längeren Zeitpunkt auch nach der Zeit im Heim fortgesetzt hat, könnte es durchaus sein, dass Verjährung keine Rolle spielt."

Beleuchtet werden soll außerdem, "inwieweit die behördliche Aufsicht vernachlässigt wurde", sagt Schmucker. Auch hier könnte das Strafrecht relevant werden. "Ganz wichtig für Opfer ist es", ergänzt Helige, "dass auch verstorbenen Tätern nachgegangen wird."

Strafrecht

Gabriele Wörgötter wird sich jener Ärzte und Psychiater annehmen, die eine Rolle gespielt haben, wenn es um die Einweisung in Heime ging. "Wo haben sie mitgewirkt, wo haben sie verdeckt, statt aufgezeigt."

Michael John hat sich unter anderem in Oberösterreich mit der wissenschaftlichen Aufarbeitung der brutalen Erziehungsmethoden in Kinderheimen einen Namen gemacht - der KURIER berichtete.

Finanziert wird die Arbeit der unabhängigen Kommission von der Stadt Wien. Helige hofft, dass man Ende 2012 den Endbericht präsentieren kann. "Bis dahin wird es regelmäßig Zwischenberichte geben", verspricht sie.

INFO

Kommission Wilhelminenberg
Stadiongasse 6/1, 1010 Wien
01/4082204-44
kontakt[at]kommission
wilhelminenberg.at
www.kommission-wilhelminenberg.at

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