Wieder neue Vorwürfe gegen Kinderklinik

Wieder neue Vorwürfe gegen Kinderklinik
Der Druck auf die Tilak wächst. Am Donnerstag wurden von Eltern drei neue Fälle von Behandlungsfehlern publik gemacht.

Wir haben ein Kind daheim, dessen Körper normal wächst, das geistig aber auf dem Stand eines Säuglings ist", erzählt Abdellah Anafal. "Dieses Schicksal haben wir akzeptiert, aber wir verlangen von der Klinik endlich Antworten", betont der türkischstämmige Südtiroler.

Nach dem Tod der kleinen Azra an der Kinderklinik wurde Donnerstag ein weiterer schwerer Zwischenfall publik. Und Gabriele Fischer von der Plattform Kinderklinik spricht von noch zwei Kindern, bei denen - wie im Fall Azra - Propofol im Spiel gewesen sein dürfte.
Der Verein kritisiert einmal mehr das Fehlermanagement der Tiroler Landeskrankenanstalten GmbH (Tilak) und fordert Konsequenzen.

Wieder Propofol

Am 31. Juli 2006 wurde der neun Monate alte Achraf mit schweren, großflächigen Verbrühungen im Brustbereich von Bruneck nach Innsbruck geflogen. Es folgten eine Hauttransplantation und drei Wochen künstlicher Tiefschlaf - aus dem der Bub schwer behindert erwachte.

"Für die OP wurde er mit Propofol narkotisiert, aber für den Tiefschlaf haben wir es nicht eingesetzt", erklärt Klinik-Sprecher Johannes Schwamberger. Nach der Langzeit-Sedierung begann ein rund zweiwöchiger Methadon-Entzug. "Meines Wissens nach wird Methadon bei Medikamenten-Entzug wie Propofol eingesetzt", sagt Fischer.
(Anm.: Methadon, als Ersatzstoff für Heroin bekannt, wird nach einer langen Gabe von Schmerzmitteln verabreicht, um den Entzug erträglich zu machen.)

"Als unser Sohn wieder daheim war, mussten wir ihn neu kennenlernen", schildert der Vater. Doch nach und nach bemerkten die Eltern Entwicklungsrückstände. 2007 diagnostizierte eine Untersuchung dann eine schwere Gehirnschädigung. "Er hört und sieht schlecht, kann kaum mit seiner Umwelt kommunizieren und braucht rund um die Uhr Betreuung. Wir versuchen ihn bestmöglich zu fördern, aber er wird selbstständig nie etwas erreichen können."

Seit 2008 warten die Eltern vergeblich auf Antworten. "Achraf war vollkommen gesund, das belegen ärztliche Unterlagen. Als wir ihn heim holten, war er behindert. Wir wollen nur wissen, was passiert ist." Wenn nötig auch mit rechtlichen Schritten.

Transparenz

Transparenz Dieser Fall "ist ein weiterer Mosaikstein, der zeigt, was an der Tilak geschieht, und wie mit solchen Dingen umgegangen wird", kritisiert Fischer. Der gesamte Verwaltungsapparat sei auszutauschen, und die Vorgänge müssten extern überprüft werden. "Es wäre naiv zu glauben, dass an einer Klinik nichts passiert. Aber mit Fehlern muss transparent umgegangen werden, die Fälle gehören lückenlos aufgeklärt", ärgert sie sich.

Die Klinik hat gute Ärzte, aber "mit einem Pinsel kann der beste Mechaniker kein Auto reparieren" - es brauche die richtigen Strukturen. "Die Dichte an Vorfällen ist so groß, da kann keiner mehr von Einzelschicksalen reden", ist Fischer überzeugt.

Und wieder haben sich zwei Familien an sie gewandt: "Was mir da berichtet wurde, ist teilweise gruselig." Von Assistenzärzten, die extubieren, von Propofol für Langzeit-Sedierungen und von Methadon-Entzug sei die Rede. "In beiden Fällen waren es Routine-Eingriffe. Dem 16 Monate alten Kind kann wohl mit Therapien geholfen werden, das Kindergartenkind ist behindert."

Die Tilak teilte in einer Stellungnahme mit: "Der Fall Achraf war 2008 Thema bei der Patientenanwaltschaft. Damals stellten wir aber kein Fehlverhalten fest." Warum er bis Mai 2011 nicht wieder aktiv wurde, erklärt Patientenanwalt Birger Rudisch so: "Wir konnten zu den Eltern keinen Kontakt mehr herstellen."

Die Klinik will den Fall neu aufrollen und nächste Woche Stellung nehmen.

Mehr zum Thema

  • Hauptartikel

  • Hintergrund

  • Hintergrund

  • Analyse

Kommentare