Wie überlebt man eine Lawine?

KURIER.at sprach mit Michael Larcher vom Österreichischen Alpenverein über lebensrettende Maßnahmen.

Ist man einmal in eine Lawine geraten gibt es zahlreiche Methoden die Überlebenschancen wesentlich zu erhöhen. "Das wichtigste ist die unmittelbare Hilfe meiner Kameraden. Bis zu 15 Minuten nach dem Stillstand einer Lawine betragen die Überlebenschancen 92 Prozent", erklärt Michael Larcher, Leiter der Bergsportabteilung des Österreichischen Alpenvereins, gegenüber KURIER.at.

Laut Larcher ist es daher wichtig, dass die ganze Skitouren-Gruppe mit Lawinenverschüttetensuchgeräten (LVS-Gerät) ausgerüstet ist und auch damit umzugehen weiss. Laut Larcher verzichten immer noch viele Tourengeher auf dieses lebensrettende Gerät, obwohl dies zur Standardausrüstung gehören sollte.
Wird jemand aus der Gruppe von einer Lawine verschüttet gilt es vor allem, ruhig zu bleiben und zu beobachten. "Damit erfasst man gleich den primären Suchbereich, gleichzeitig sollte man sofort den Notruf unter der Nummer 112 oder 140 anrufen. Hat man keinen Empfang, hat die schnelle Suche nach dem Verschütteten Vorrang."

Was kann man tun, wenn man nun von einer Lawine erfasst wird? "Natürlich lautet der erste Tipp, herausfahren. Darauf sollte man sich aber nicht verlassen, das ist nur sehr schwer möglich. Bei einem Schneebrett zerbricht der Schnee wie ein Spiegel, man versinkt dann in den Brocken. Deswegen muss man auch versuchen durch heftiges Strampeln irgendwie an der Oberfläche zu bleiben", so Larcher.
Kommt die Lawine zum Stillstand, sollte man versuchen mit Armen und Händen vor dem Kopf einen Hohlraum, eine Atemhöhle zu schaffen. Auch ist es von Vorteil, die Ski loszuwerden. Daher empfiehlt sich eine Bindung mit Fangriemen nicht.

Nur ein Versuch

Wenn man unter den Schneemassen begraben wurde, kann man laut Larcher einen einzigen, energischen Befreiungsversuch starten. Larcher: "Mit viel Glück befindet man sich an der Oberfläche und kann sich befreien oder wenigstens einen Arm hinausstrecken. Wenn man allerdings 'einbetoniert' ist – was wahrscheinlicher ist – hat man keine Chance sich zu bewegen. Auch wenn es schwer fällt sollte man möglichst ruhig warten und auf die Kameraden vertrauen."

Neben dem LVS-Gerät gibt es zusätzliche Rettungshilfsmittel. So verhindert etwa ein Lawinenairbag in fast allen Fällen die Verschüttung.

Ebenfalls lebensrettend ist das "Avalung"-System. "Das ist eine Weste mit einem Schnorchel. Diesen Schnorchel nehme ich in den Mund, wenn ich von einer Lawine erfasst werde und atme dann den Sauerstoff aus dem Schnee. Verschüttete sterben vor allem an einer CO2-Vergiftung, da der eigene Atem immer nur in die kleine Lufthöhle gelangt. Durch den Schnorchel atmet man Sauerstoff 'vorn' ein und CO2 am Rücken aus. Damit kann man unter Schnee bis zu einer Stunde atmen, die Überlebenschancen werden sehr erhöht", erklärt Larcher.

Gegen eine weitere Todesursache, der Unterkühlung, gibt es allerdings keine Hilfsmittel. Larcher: "Durch den Eistruheneffekt nimmt die Körpertemperatur pro Stunde um drei Grad ab. Bei 33 Grad verliert man das Bewusstsein, bei 30 Grad wird es schon sehr kritisch. Es gab allerdings schon Fälle, in denen Personen mit sehr niedriger Temperatur gerettet wurden, da sie 'automatisch' in einen todesähnlichen Tiefschlaf verfielen."

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