Waldner: "Ich sehe skeptische Menschen"

Waldner: "Ich sehe skeptische Menschen"
EU-Budget: Für Staatssekretär Wolfgang Waldner handeln Kommission und EU-Parlament unklug, wenn sie trotz Sparzwangs mehr Geld wollen.

Den Streit um das EU-Budget von 1025 Milliarden Euro sieht Staatssekretär Wolfgang Waldner als "Diskussionsbeitrag". Für ihn zählt "das Ergebnis am Ende".

KURIER: Warum streitet die ÖVP über das EU-Budget?
Wolfgang Waldner: Es geht um verschiedene Meinungen zwischen Parlament und Nettozahler-Staaten, nicht nur innerhalb der ÖVP. Auch in der SPÖ gibt es unterschiedliche Positionen. Die Forderung von Kommission und Parlament, das Budget zu erhöhen, ist taktisch nicht klug.

Waldner: "Ich sehe skeptische Menschen"

Ist die ÖVP EU-skeptisch?
Ich habe keinen Zweifel an der Pro-Europa-Orientierung der ÖVP.

Die ÖVP will die Erweiterung, die Nachbarschaftspolitik, den Diplomatischen Dienst der EU. Das kostet Gel. Gleichzeitig will sie das Budget einfrieren. Ist das nicht widersprüchlich?
Ich sehe keinen Widerspruch. Man kann den Menschen nicht zumuten, zu sparen und gleichzeitig das EU-Budget zu erhöhen. Das ist keine kluge Vorgangsweise.

Was ist klug?

Die Position der Regierung ist eine maximale Erhöhung um die Steigerung der Inflationsrate. Ich sehe skeptische Menschen. Die Arbeit der EU gehört besser erklärt. Das ist auch Aufgabe von Kommission und EU-Parlament. Auf Kosten der Berg- und Biobauern wird Angst verbreitet. Die Förderungen für diese Gruppen werden laut Kommission nicht gekürzt. Unsere Bergbauern können sich dann freuen. Wenn das EU-Budget aber zu Lasten österreichischer Interessen geht, ist es schwer, den Menschen das zu vermitteln.

Ist dann ein Veto Österreichs vorstellbar?
Ich will nicht in diesen Alternativen denken.

Außenminister Spindelegger ist für privilegierte Partnerschaft mit der Türkei. Vereinbart sind Verhandlungen mit dem Ziel eines Beitritts.
Am Ende können mehrere Varianten auf dem Tisch liegen. Der Beitritt ist eine Alternative, so wie andere Alternativen auch.

Die EU-Stimmung in Österreich ist schlecht. Warum?
Die Stimmung ist nicht überwältigend positiv. Wir müssen den Leuten die Vorteile von Europa erklären. Hier gibt es noch sehr viel Nachholbedarf.

Was ist zu tun?
Wir brauchen sachliche, lösungsorientierte Diskussionen. Fakten müssen den Mythen und den Anti-EU- Parolen gegenübergestellt werden. Ein Beispiel: In Inseraten wurde vor Hunderttausenden Arbeitskräften aus dem Osten gewarnt. Gekommen sind nach der Personenfreizügigkeit Anfang Mai rund 8700 Leute, also viel weniger, als wir brauchen. Da fehlt mir die Erklärung.

Kommt eine neue Info-Kampagne der Regierung?
Mit Hochglanzbroschüren und Sonntagsreden ist es nicht getan. Alle Politiker sollten daran arbeiten, auch die Medien, dann wäre die Skepsis nicht so groß. Eine negative
Entwicklung der EU würde auch Österreich schaden. Eine mit Konditionen verbundene Hilfe für Griechenland hilft auch uns. Die EU ist eine Solidargemeinschaft, das betont auch das Vorsitzland Polen.

Ist die EU auch eine Transferunion?
Natürlich. Ich habe keine Angst davor. Transferunion ist kein Schimpfwort, auch nicht für Nettozahler. Wenn Hilfe und Solidarität an Bedingen geknüpft sind, haben am Ende alle etwas davon.

Wie fühlen Sie sich nach kreativen Jobs im Kulturbetrieb in der Hochbürokratie?
Es gibt keinen Unterschied zum Kulturbetrieb, die Professionalität überrascht mich. Hochbürokratie empfinde ich als Adelsprädikat.

Sie sind gebürtiger Kärntner. Was sagen Sie zur Ortstafel-Lösung?
Ich vermisse die Großzügigkeit. Die Mehrheit sollte mit der Minderheit anders umgehen. Es ist auch nicht angebracht, wenn man den Namen des Gegenübers bei den Verhandlungen verunglimpft. Das ist mangelnde Souveränität. (Für Kärntens Landeshauptmann Dörfler ist der Name des Slowenen-Vertreters Inzko das Unwort des Jahres, Anm. d. Red).

Waldner: Politiker mit viel Kunstsinn

Geboren 1954 in Villach.

Studium Jus und Romanistik in Wien. Post-graduate an Johns Hopkins University, Bologna.

Karriere 1981 Eintritt in das Außenministerium; 1988-1999 Direktor des Österr. Kulturinstitutes in New York; 1999-2011 Direktor MuseumsQuartier Wien. Seit April Staatssekretär.

Privat geschieden, 2 Töchter.

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