Wahlmüdigkeit: Alarmsignal für Politik

Wahlmüdigkeit: Alarmsignal für Politik
Für Experten ist die niedrige Wahlbeteiligung in Innsbruck Ausdruck der Unzufriedenheit. Der Trend könnte sich 2013 fortsetzen.

Nur jeder zweite Wahlberechtigte (52,3 Prozent; ohne Briefwähler nur 49,7) ist am Sonntag in Innsbruck zur Gemeinderatswahl gegangen – ein Negativrekord (2006: 57,8 Prozent). Für Politikberater Thomas Hofer ist das "ein Alarmsignal, das die große Politik wahrnehmen sollte. Das war eine Abrechnung mit der Politik insgesamt."

Auch Politologe Fritz Plasser meint, dass die niedrige Wahlbeteiligung in der Landeshauptstadt "bundespolitische Aussagekraft" hat. "Das zeigt uns, wie ausgeprägt die emotionale Abkoppelung vom innenpolitischen Geschehen ist." Der Experte spricht von einer "generalisierten Unzufriedenheit".

Dramatisch ist auch, dass in jenen Sprengeln, in denen viele junge Wähler wohnen (25 Prozent unter 30 Jahren) gar nur 42 Prozent zu den Urnen gegangen sind.

Konsequenzen

Plasser sagt, der Abwärtstrend könnte sich im kommenden Jahr fortsetzen. "Wenn sich das Erscheinungsbild von SPÖ und ÖVP und den anderen im Parlament vertretenen Parteien in den nächsten acht bis zehn Monaten nicht deutlich verbessert, würde es mich sehr wundern, wenn wir bei der nächsten Nationalratswahl eine Wahlbeteiligung von 78 Prozent (Wahlbeteiligung 2008) hätten."

Im Wahlkampf 2013 mitmischen werden die Piraten. In Innsbruck haben sie den Gemeinderat, wie berichtet, bereits geentert (mit 3,8 Prozent). Hofer glaubt, "dass die Piratenmasten bei uns nicht in den Himmel wachsen werden, aber das Ergebnis zeigt, dass Potenzial für sie da ist. Bei der Gemeinderatswahl (2013) in Graz könnte noch mehr drinnen sein."

Wahlmüdigkeit: Alarmsignal für Politik

Plasser würde auch "einen Einzug der Piraten in den Nationalrat nicht ausschließen". In Deutschland sei "eine Dynamik entstanden, die auf Österreich überstrahlt. Das ist sicher in zwei Monaten noch nicht vorbei."

Lässt der SPÖ-Absturz Rückschlüsse auf den Bund zu? Hofer sieht darin ein "weiteres Indiz dafür, dass es der SPÖ auch nicht gerade gut geht". Die vielen Wahlverluste der Roten (seit 2008) seien "nur durch die Krise der ÖVP in Vergessenheit geraten".

Kapitän Ofer: "Die Piraten sind mein Baby"

Auf den Erfolg vom Sonntag genehmige ich mir erstmal einen Kuchen", feixt "Kapitän" Alexander Ofer am Montag. Nach dem Einzug der Piraten in den Innsbrucker Gemeinderat läutet das Telefon des 38-Jährigen ununterbrochen. Geboren in Hall in Tirol, verbrachte Ofer seine Jugend in Innsbruck und Schwaz. Er arbeitete mehrere Saisonen in der Gastronomie und betrieb in München eine Catering-Firma. 2002 kehrte der mittlerweile geschiedene Vater eines 14-jährigen Mädchens nach Innsbruck zurück. Nachdem er im Gastgewerbe nicht Fuß fassen konnte, trat Ofer 2006 den Piraten bei und machte eine Ausbildung zum Webmaster.

"Ich hab’ damals den ersten Stammtisch der Partei eingeführt", erzählt er – und ergänzt: "Das mit den Innsbrucker Piraten ist mein eigenes Baby. Damit hab’ ich mich aus dem Sumpf gezogen." Nach einer psychischen Erkrankung steckt Ofer seine ganze Kraft in "das Unternehmen direkte Demokratie".

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