Verpatzte Reise: Bis zu 50 Prozent Geld zurück

Wer eine Kreuzfahrt plant, sollte sich am besten im Vorhinein über die Usancen informieren: Viele Reedereien setzen automatisch acht bis zehn Euro pro Tag und Person als Servicepauschale auf die Rechnung. "Ist man damit nicht einverstanden, kann man als Reisender Einspruch erheben und einen neuen Betrag nennen", erklärt die Touristikexpertin.
Neue Urteile zeigen, was ein verpatzter Urlaub wert ist. Wenn man mit Gelsen oder Mitreisenden kämpfen muss.

Caramba, so hatte sich das Paar aus Wien die Luxus-Kreuzfahrt auf der "Vision of the seas" nicht vorgestellt. Statt Kapitäns-Dinner in Smoking und Abendkleid stürmten die Mitreisenden, nur mit einem Badetuch notdürftig verhüllt, das Buffet. Lateinamerikanische Gäste ließen ihrem Naturell freien Lauf, pfiffen durch die Finger, schwangen grölend die Stoffservietten über ihren Köpfen, nahmen die voll beladenen Teller sogar mit in den Pool und bröselten ins Wasser.

Die Szenerie – so beschreiben es die Wiener Urlauber – glich eher einem Stierkampf als dem im Katalog gepriesenen "Ambiente aus lässiger Eleganz". Das Bordpersonal war überfordert und stand nur achselzuckend daneben. Die Wiener hatten pro Person 1100 Euro gezahlt, aber in der Dominikanischen Republik wurden die bei Weitem nicht ausgebuchten Plätze an Einheimische verschleudert, die sich eine Kreuzfahrt sonst nicht hätten leisten können.

Darf man sich seine Mitreisenden aussuchen? Kann man auf einen Dresscode pochen?

Tumult

Das Bezirksgericht für Handelssachen Wien, bei dem das Paar aus Wien den Reiseveranstalter geklagt hatte, stellt fest: Aufgrund der Zusicherungen im Katalog habe das Wiener Paar von einem Vier-Sterne-Niveau ausgehen können, "wozu auch die Bekleidungsvorschriften zählen". Wegen der "tumultartigen Szenen und des unansehnlichen Buffets aufgrund des ungebührlichen Verhaltens der lateinamerikanischen Gäste, auf welches das Schiffspersonal keinen Einfluss genommen hat, steht den Wienern ein Preisminderungsanspruch von 25 Prozent zu. So lautete das Urteil.

Rechtsanwalt Eike Lindinger sammelt seit Jahren Reiserechtsurteile wie dieses. Seine Wiener Liste dient als Orientierungshilfe, wie viel man sich für einen verpatzten Urlaub vom Pauschalpreis zurückholen kann.

0 Prozent Keine Preisminderung, wenn auf einem (ausreichend gereinigten) öffentlichen Strand vor dem Hotel Kühe "weiden". Der ungewöhnliche Anblick eignet sich immerhin als Ansichtskartenmotiv. Staubflankerln und Spinnen im Zimmer werden ebenso wenig als Reisemangel gewertet, wie der Anker am Kreuzfahrtschiff, der Klopfgeräusche von sich gibt.

1 Prozent Das Fehlen eines deutschsprachigen Radioprogramms in einem türkischen Hotel und der Mangel an Metaxa an einer griechischen Bar fällt kaum ins Gewicht, bringt aber doch ein paar Euro.

5 Prozent Dass das Grab von Tut-Anch-Amun in Ägypten nicht besichtigt werden konnte, schmälerte den Wert der Reise.

7 Prozent In den winzigen Kleiderschrank im Hotelzimmer passte der Kofferinhalt höchstens zur Hälfte.

10 Prozent Dass es die zugesagte italienische Küche nicht gab, wurde schon als gröberer Mangel gesehen.

25 Prozent Die Schlacht am Buffet entsprach nicht dem, was man von einer Kreuzfahrt erwarten darf.

40 Prozent Bis zu 100 Insektenstiche pro Tag muss man nicht hinnehmen. Die Urlauber hätten gewarnt werden müssen, dass das Hotel im Sumpfgebiet liegt.

50 Prozent Ein Wiener musste sich auf der Andalusienrundfahrt in den engen Sitzreihen im Reisebus jeweils in Rückenlage einfädeln. Der Vordermann saß ihm die ganze Zeit quasi auf dem Schoß. Damit war der Urlaub nur die Hälfte wert.

Wiener Liste: Was als Reisemangel anerkannt wird

Orientierungshilfe Früher wurde der Urlauberfrust auch in Österreich gern mit der Frankfurter Tabelle (Sammlung deutscher Urteile) gemessen. Seit einigen Jahren dient die nach Stichworten geordnete Wiener Liste zur Reisepreisminderung (Urteile des Handelsgerichts Wien, bei dem die meisten Rechtsstreitigkeiten zwischen Reiseveranstaltern und Urlaubern ausgetragen werden) von Eike Lindinger als Orientierungshilfe bei der Einschätzung der Prozesschancen. Bindend ist die Wiener Liste (in Buchform bei Manz) allerdings ebenso wenig wie die Frankfurter Liste.

Urlaubsfreude Zusätzlich zum Preisnachlass steht dem Urlauber bei gravierenden Reisemängeln für den entgangenen Erholungswert auch noch Schadenersatz zu. Der Nachteil muss über bloße Unlustgefühle hinausgehen.

20 bis 30 Euro pro Kopf und Tag sind ein Richtwert.

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