Verfassungsschützer in Nazi-Terror verwickelt

Verfassungsschützer in Nazi-Terror verwickelt
Deutschland: Beim letzten "Döner-Mord" in einem Kasseler Internet-Café soll ein Mitarbeiter des Verfassungsschutzes anwesend gewesen sein.

Der 21-jährige Halit Yozgat wurde 2006 in seinem Internetcafé in Kassel von Neonazis erschossen. Zur Tatzeit befand sich nach Informationen der FAZ ein Mitarbeiter des hessischen Verfassungsschutzes im Café. Nach offiziellen Angaben hatte der Mann aus "der Pannentruppe" (©Spiegel) eine Minute vor dem tödlichen Schuss aus einer Waffe mit Schalldämpfer den Tatort verlassen. Er wurde vom Dienst suspendiert, die Staatsanwaltschaft Kassel stellte das Verfahren gegen ihn im Jänner 2007 ein. Laut SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann hatte der hessische Verfassungsschützer eine "offenkundig stark rechte Gesinnung", das berichtete die FAZ. Laut Allgemeine Zeitung sei er außerdem in seinem Heimatort unter dem Spitznamen "kleiner Adolf" bekannt gewesen und galt als Waffennarr. Bei der Durchsuchung seiner Wohnung sollen auch Auszüge aus Adolf Hitlers "Mein Kampf" gefunden worden sein.

Wie die Bild-Zeitung am Dienstag ohne Angaben von Quellen berichtete, soll der Mann bei sechs der neun sogenannten Döner-Morde an Gewerbetreibenden ausländischer Herkunft in der Nähe des jeweiligen Tatorts gewesen sein. Alle Taten werden drei rechtsextremen Ostdeutschen zugerechnet. Ein Anschlag mit einer Nagelbombe 2004 in Köln wird neu aufgerollt.

Zwickauer Zelle

Möglicherweise hat die sogenannte Zwickauer Zelle (dort befand sich ihr letzter Wohnsitz) aber noch mehr Verbrechen begangen. Mit mutmaßlich 14 Banküberfällen hatten die drei ihren Lebensunterhalt in dem gutbürgerlichen Wohnviertel finanziert. Zwei mutmaßliche Komplizen sind in Haft. Einer hat die Wohnung angemietet, einer gilt als Helfer. Ob es noch weitere gibt, steht noch nicht fest.

Zwei Männer, Uwe Böhnhardt, 33, und Uwe Mundlos, 38, hatten sich nach einem missglückten Banküberfall in ihrem Wohnmobil umgebracht, ihre Komplizin Beate Zschäpe, 36, sprengte dann die gemeinsame Wohnung in Zwickau in die Luft, nachdem sie ihre zwei Katzen zu einem Nachbarkind gebracht hatte.

Die Gruppe stammt aus Jena. Die drei waren Schulabbrecher und tauchten 1998 unter, nachdem ihnen ein Bombenanschlag missglückt war und sie im Visier von Verfassungsschutz und Polizei standen. Doch vermutlich waren sie sogar V-Leute und bekamen deshalb "legale illegale" Papiere.

Kriminaltechniker analysieren immer noch das zynische Manifest und das Geständnis, das die drei Terroristen auf DVD brannten.

Geld vom Staat

Dieser deutsche Neonazi-Krimi sorgt für immer heftigere politische Reaktionen. "Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass auch in Zukunft die Antreiber in den Nazi-Organisationen vom Staat bezahlte Informanten sind," sagte Thomas Oppermann (SPD), der Vorsitzende des für die Kontrolle der Geheimdienste zuständigen Bundestagsgremiums. Auch der Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) will überprüfen lassen, ob der Verfassungsschutz künftig noch Verbindungsleute in der Neonazi-Szene einsetzen darf. "Ein Instrument, das uns nichts bringt, brauchen wir auch nicht."

Die Mordserie an Einwanderern und an einer jungen Polizistin aus Heilbronn will er nun "mit kühlem Kopf und heißem Herzen" aufgeklärt wissen. "Wir werden nicht zulassen, dass das positive Bild von Deutschland durch ein paar solche Verbrecher Kratzer bekommt".

Mehr zum Thema

  • Hauptartikel

  • Hintergrund

  • Hintergrund

Kommentare