Venedig sinkt schneller als angenommen

Venedig sinkt schneller als angenommen
Neue Forschungs­ergebnisse beunruhigen. Auch die Kreuzfahrtschiffe richten Gebäudeschäden an.

Die auf Holzpfählen errichtete Lagunenstadt sinkt schneller als bisher angenommen. Bis zu zwei Millimeter pro Jahr senkt sich der Untergrund in der Stadt, im Süden der Lagune sind es sogar bis zu vier Millimeter. Auch heute gehört Acqua Alta für die Bewohner zum Alltag. Im schlimmsten Fall könnte die Stadt bis zu 250-mal im Jahr überflutet werden, denn der Meeresspiegel steigt weiter an. Außerdem neigt sich die Stadt pro Jahr 20 Millimeter nach Osten. Zu diesem Ergebnis kam ein amerikanisch-italienisches Forschungsteam aufgrund von GPS- und Satellitenmessungen.

Die Studie schreckt die Venezianer auf. Sie gingen davon aus, dass das Absinken des Fundaments gestoppt wurde, nachdem man das Abpumpen von Grundwasser unter Venedig eingestellt hatte. In einem umstrittenen Projekt planen die Behörden, die Stadt in Zukunft durch Fluttore zwischen Lagune und Adria vor Überschwemmungen zu schützen. Doch auch der Untergrund unter den geplanten Toren würde laut Forschern sinken.

Ursache dafür sei die Plattentektonik: Die Adriatische Erdplatte, auf der Venedig liegt, wird unter den Rest Italiens und den Apennin gedrückt. Dadurch sinkt der Untergrund leicht ab. "Es ist möglich, dass der Untergrund für ein Jahrzehnt stabil war und jetzt wieder angefangen hat, abzusinken. Ich halte es aber für unwahrscheinlich", sagt Studienleiter Yehuda Bock von der University of California in San Diego.

Um Venedigs Zukunft ist auch die Bürgerbewegung "No Grandi Navi" besorgt.

Gebäude wackeln

Die Initiative will die Einfahrt riesiger Kreuzfahrtschiffe in das historische Zentrum per Gesetz stoppen. Die Riesendampfer verursachen schwere Gebäudeschäden, Lärm und Luftverschmutzung.

In den letzten Jahren hat sich der Kreuzfahrt-Boom intensiviert: 650-mal pro Jahr steuern Kreuzfahrtschiffe die Lagune an. Nach der Havarie der " Costa Concordia" vor der Insel Giglio steigt auch die Angst vor Unfällen. "In der Nacht ist ein ständiger Lärm zu hören. Wenn sie sich der Riva degli Schiavoni nähern, zittern nicht nur die Fenster meiner Wohnung, sondern das gesamte Gebäude. Und das, obwohl unser Wohnhaus einige Straßen weg vom Ufer liegt", klagt Silvana Maddaluno gegenüber dem KURIER. Die Riesendampfer fahren knapp 300 Meter vor dem Markusplatz. Doch der schönste Ausblick auf Dogenpalast und Seufzerbrücke ist es nicht wert, so Maddaluno, dass die Venezianer dafür ihre Gesundheit riskieren und die Stadt stirbt.

Kommentare