Umstrittener Tausch: Einer gegen 1027

Umstrittener Tausch: Einer gegen 1027
Großer Empfang für den befreiten Soldaten Gilad Shalit in Israel. Dass für ihn 1027 Palästinenser freikommen, stärkt die Hamas.

Blass, abgemagert, aber körperlich unversehrt trat Gilad Shalit den Gang in die Freiheit an. Nach 1941 Tagen in der Gefangenschaft der Hamas konnte der 25-jährige Soldat am Dienstag seine Eltern endlich wieder in die Arme schließen. Die Medien, die jeden Schritt des Gefangenenaustausches verfolgten, hielten auch diesen hoch emotionalen Moment auf der Militärbasis Tel Nof fest.

"Ich habe euch euer Kind zurückgebracht", sagte Premier Benjamin Netanyahu zu Noam und Aviva Shalit, die unermüdlich für die Heimkehr ihres Sohnes gekämpft hatten. Netanyahu sieht sich beträchtlicher Kritik ausgesetzt, weil er im Gegenzug so viele palästinensische Gewalttäter freigegeben hat.

Shalit selbst sagte, er habe immer an seine Freilassung geglaubt, seine Familie und seine Freunde aber sehr vermisst. Er äußerte die Hoffnung, dass der Gefangenaustausch letztlich Frieden zwischen Israelis und Palästinensern bringen könne.

Jubelfeiern

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Während Shalits Heimkehr eher ruhig verlief, kam es in den Palästinensergebieten zu Jubelfeiern. Im Westjordanland küsste Präsident Mahmud Abbas jeden einzelnen Freigelassenen. Auch im Gazastreifen wurden sie von Hamas-Premier Haniyeh persönlich willkommen geheißen.

Mit Shalits Rückkehr öffnete sich nicht nur die Tür seines Kerkers, sondern auch ein Weg in eine veränderte politische Wirklichkeit. Israel und die Hamas beharren zwar offiziell darauf: Wir reden nicht miteinander. Doch vor dem Austausch mussten sie verhandeln. In Israel erwarten viele hochrangige Experten, dass diese indirekten Gespräche jetzt weitergehen werden. Überall in Nahost verändern sich die politischen Perspektiven - und bald wohl auch die Beziehungen zwischen Israel und der Hamas.

Umstrittener Tausch: Einer gegen 1027

Für die Führung der Islamisten war die Geisel Shalit zuletzt ein Bremsklotz. Seine Freilassung soll jetzt ihren politischen Spielraum erweitern, den Boykott und die internationale Ächtung überwinden helfen. Nötig ist dazu auch eine Waffenruhe. Die gab es bereits mehrfach. Zeitlich begrenzte Waffenruhen kann die Hamas anbieten, und auch halten. Eine endgültige Regelung nicht. Aber wer kann die zurzeit schon garantieren?

Eine dauerhafte Waffenruhe ist die Voraussetzung für jede Friedenslösung. Ohne Teilnahme der Hamas wäre sie brüchig und für Israel keinen Gebietsverzicht wert. Um die Islamisten einzubeziehen, müsste es aber zu einer Zusammenarbeit zwischen den Erzrivalen Fatah und Hamas kommen. Gerade die rückt mit der Freilassung Shalits in noch weitere Ferne.

Dass Israel für einen einzigen Soldaten 1027 Häftlinge freilassen muss, feiert die Hamas als Erfolg ihres bewaffneten Kampfes. Sie habe damit weit mehr erreicht als Präsident Abbas in jahrelangen Verhandlungen und mit seinem Vorstoß nach UNO-Anerkennung Palästinas.

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