U-Ausschuss: Große Fische, kleine Fische

U-Ausschuss: Große Fische, kleine Fische
Was bringt die Aufklärung im Parlament? Wäre es besser, zu warten, bis die Justiz ihren Teil erledigt hat?

Ist es sinnvoll, wenn ein U-Ausschuss parallel zu Ermittlungen der Justiz läuft?

Ja. Vor allem, wenn sich – wie aktuell – das Parlament und die Staatsanwaltschaft abstimmen. Die Reihenfolge, in der die Themen im Korruptionsausschuss behandelt werden, wurde unter Berücksichtigung laufender Ermittlungen festgelegt. Bis dato gibt es aus der Justiz keine Klagen, dass der Ausschuss die Staatsanwälte behindert hätte. Dazu kommt, dass politische und juristische Aufklärung durchaus kompatibel sind: Die Justiz kann nur Sachen untersuchen, die strafrechtlich relevant sind.

Im U-Ausschuss geht es hingegen rein um die politische Verantwortung – und darum, aus Affären der Vergangenheit Konsequenzen zu ziehen. Hier ist der aktuelle U-Ausschuss bisher ziemlich ertragreich: Die beiden ÖVP-Affären Amon und Hakl etwa sind symptomatisch für die enge Verflechtung zwischen Politik und staatsnahen Unternehmen wie der Telekom – sowie für die intransparente Parteienfinanzierung. Die Justiz ermittelt zwar gegen Amon, interessiert sich aber nur für etwaige steuerrechtliche Vergehen – und nicht für die mögliche politische Verflechtung zwischen Telekom und Parteien. Vieles, was nun bei der Aufarbeitung der Telekom-Affäre ans Licht kommt, ist außerdem (noch) nicht verboten – weil es in Österreich keine strengen Gesetze zur Parteienfinanzierung gibt. Dieses Graubereichs kann sich die Justiz also gar nicht annehmen – er ist ein Fall für den U-Ausschuss.

Worum geht es in den ÖVP-Affären um Amon und Hakl?

Bei beiden geht es um Zahlungen von Telekom-Lobbyist Peter Hochegger. Werner Amon, ÖVP-Fraktionsführer im U-Ausschuss, soll als Generalsekretär des VP-Arbeitnehmerbundes ÖAAB 2007 eine Scheinrechnung an die Telekom über 10.000 Euro verantwortet haben. Die Justiz prüft gegen Amon den Verdacht der Geldwäsche – ein üblicher Vorgang bei Scheinrechnungen. ÖVP-Mandatarin Karin Hakl soll im Wahlkampf 2008 von Hocheggers Firma Valora Geld erhalten haben. Pikant ist, dass Hakl damals Telekom-Sprecherin der ÖVP war – und als solche Geld vom Telekom-Lobbyisten Hochegger genommen haben soll. Hakl hat wegen der Affäre ihre Funktion als Telekom-Sprecherin ruhend gestellt.

Promi-Zeugen wie Strasser oder Mensdorff-Pouilly haben sich bei den meisten Fragen entschlagen, weil die Justiz gegen sie ermittelt.Welchen Sinn hat da die Aufklärung im U-Ausschuss?

Es stimmt: Viele „große Fische“ haben vor dem Ausschuss geschwiegen. Zu welchen Fragen sie nichts sagen wollten, war mitunter schon recht aufschlussreich. Das „System Telekom“ bzw. das „System Hochegger“ haben aber ohnehin vor allem „kleinere Fische“ transparenter gemacht: Ex-BZÖ-Werber Schmied und Ex-ÖVP-Werberin Stimpfl-Abele etwa, die die Wahlkampf-Finanzierung durch die Telekom beleuchteten.

Fokussiert der U-Ausschuss also auf „kleine Fische“ wie Amon und Hakl – und lässt die „großen Fische“ unbehelligt?

Nein. Im Zentrum der Telekom-Affäre steht noch immer Lobbyist Peter Hochegger; bei den Kapiteln „BUWOG-Privatisierung“ und „Neuvergabe Blaulichtfunk“ wird es zum Großteil um die Rollen der Ex-Minister Grasser bzw. Strasser gehen. Auch Lobbyist Alfons Mensdorff-Pouilly wird wohl noch das eine oder andere Mal Thema sein. Was bis jetzt sonst noch in der Telekom-Affäre aufgetaucht ist, ist zum Großteil auch nicht unter „Kleinigkeiten“ einzuordnen: Das BZÖ hat offenbar rund eine Million Wahlkampf-Spenden kassiert; die Ex-Minister Strasser und Gorbach bekamen von Hochegger Geld, ohne dass klar ist, was sie dafür geleistet haben. Auch bei Amon und Hakl kann man darüber streiten, ob sie derart „kleine Fische“ sind, dass man ihre Causen nicht im U-Ausschuss prüfen sollte: Immerhin ist Amon einer der wichtigsten ÖVP-Mandatare – und Hakl steht im Verdacht, sie habe als Telekom-Sprecherin ihren Wahlkampf von der Telekom sponsern lassen. Es gilt die Unschuldsvermutung.

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