Transparenzpaket im Reality-Test

Transparenzpaket im Reality-Test
Korruption: Experten zerzausen die neuen Sauberkeitsregeln der Regierung: Vieles bleibt erlaubt – und die Kontrolle des Rechnungshofes zahnlos.

Die Klubobleute der Regierungsparteien konnten sich vor Begeisterung kaum halten.
Als "epochales Werk" pries Karlheinz Kopf (ÖVP) das Transparenzpaket, das am Dienstag den Ministerrat passierte; sein roter Koalitionszwilling, Josef Cap (SPÖ), nannte es gar einen politischen "Totalstriptease".

Außer Zweifel steht, dass das neue Parteiengesetz bei manchen Fragen der Parteienfinanzierung mehr Transparenz bringen wird.
So müssen etwa Parteispenden ab 5000 Euro mit dem Namen des Spenders veröffentlicht werden, Großspenden ab 50.000 Euro sind sofort zu melden und bei Zuwiderhandeln drohen Bußzahlungen bis 100.000 Euro (der KURIER berichtete).

Die zentrale Frage ist freilich: Zwingt das neue Gesetz die Parteien zu maximaler Transparenz?
Experten bezweifeln das. Das Gesetz sei gut – weil ein Fortschritt zum Status quo; aber es sei eben längst nicht gut genug. Konkret orten Korruptionsexperten in folgenden Bereichen "grobe Mängel":

- Verdeckte Partei-Spenden à la BZÖ und ÖAAB bleiben legal

Laut Gesetzesentwurf sind mit Parteispenden nur konkrete "Zahlungen" gemeint. "Sachleistungen wie Inserate, Sponsoring oder Druckkostenbeiträge gelten ebenso wenig als Spenden wie Haftungen oder Kredite, bei denen von Anfang an klar ist, dass sie die Partei nicht zurückzahlen muss", sagt Franz Fiedler, Sprecher der Anti-Korruptionsorganisation "Transparency International".

Den ehemaligen Präsidenten des Rechnungshofes irritiert das insofern, "als damit ausgerechnet jene Praktiken der versteckten Parteien-Finanzierung ungeregelt bleiben, die der laufende Untersuchungsausschuss ja zuhauf aufgedeckt hat."

Laut Fiedler wäre das Manko vergleichsweise einfach zu beheben: "Man müsste den Begriff ,Zahlungen" nur durch ,vermögenswerte Zuwendungen" ersetzen – dann wären auch überteuerte Inserate oder Druckkosten­beiträge erfasst."

- Die Grasser-Homepage bleibt legal

Erfasst von der Meldepflicht bei Parteispenden sind Parteien, Vorfeldorganisationen und wahlwerbende Personen.

Keine Meldepflicht besteht für Zahlungen an einzelne Parteifunktionäre, Mitarbeiter von Parteien oder gar Minister. "Wenn ein Unternehmen einem Parteichef den Privatsekretär bezahlt oder einem Regierungsmitglied die Homepage finanziert (z. B. die Causa Karl-Heinz Grasser, Anm.) , so ist das nach derzeitigem Stand keine Parteispende – eine klare Gesetzeslücke", sagt Fiedler. Auch größere Bargeldzahlungen an Minister sind nicht vom Gesetz erfasst.

- Die Kontrolle des Rechnungshofes ist zahnlos

Der Rechnungshof soll künftig zwar die Rechenschaftsberichte der Parteien prüfen und veröffentlichen. Allerdings soll er dies nur "vom grünen Tisch" aus tun.

Die Regierung will, dass Wirtschaftsprüfer die Parteien prüfen und der Rechnungshof diese Berichte übernimmt. "Unsere Aufgabe soll auf das Entgegennehmen, Verwalten und Veröffentlichen beschränkt werden", sagt Rechnungshofpräsident Josef Moser.

Da dem Rechnungshof auch in Zukunft nicht erlaubt sein soll, Parteien und deren Finanzen selbst zu prüfen, zweifelt Moser an der Sinnhaftigkeit des Gesetzes: "Der Rechnungshof kann seine zentrale Rolle, eine Prüfung vor Ort, nicht erfüllen. Wir können uns also nicht davon überzeugen, ob die gemachten Angaben (bei Spenden, Anm.) den Tatsachen entsprechen." Angesichts dessen sei zu überlegen, ob der Rechnungshof "überhaupt die richtige Institution" für die Verwaltung der Rechenschaftsberichte sei.

- Parteifunktionäre haben nichts zu befürchten

Neu ist, dass falsche oder unvollständige Angaben der Parteien bei Spenden oder Unternehmensbeteiligungen mit Strafen bis 30.000 bzw. 100.000 Euro geahndet werden.

Das Problem: Adressat ist immer die Partei und nicht, wie noch im Entwurf des Kanzleramtes vorgesehen, die handelnden Personen, sprich Funktionäre oder Abgeordnete. "Wenn man Individuen dazu bringen will, Gesetze einzuhalten, dann muss man sie auch zur Verantwortung ziehen können", sagt Fiedler.

Der vorliegende Gesetzesentwurf sei diesbezüglich harmlos, "weil Funktionäre jedenfalls ungeschoren bleiben. Allfällige Geldbußen bezahlt immer die Partei".

- Selbst Geldstrafen sind eher unwahrscheinlich

Die Verhängung von Geldbußen gegen Parteien obliegt einem "Transparenz-Senat" im Bundeskanzleramt. Dieser setzt sich aus drei Personen zusammen, die einstimmig urteilen.

Korruptionsexperten wie Hubert Sickinger halten das für einen groben Fehler – was, wenn sich die drei Senatsmitglieder nicht einigen können? Wird dann dann einfach gar keine Sanktion verhängt? Die Lösung wäre laut Sickinger, das Einstimmigkeitsprinzip durch einen einfachen Mehrheitsbeschluss zu ersetzen.

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