Tiercoach: Igel auf Herbergsuche

Tiercoach: Igel auf Herbergsuche
Igel sind Wildtiere. Nur Nachwuchs, der jetzt noch weniger wiegt als 400 Gramm, braucht Hilfe beim Überwintern.

Igel sind unaufdringliche Hilfsgärtner. Sie schlagen sich nachts die Bäuche mit Schnecken, Engerlingen, Würmern, Erdraupen, Asseln und Käfern voll. Über den Sommer und Herbst futtern sie sich einen üppigen Fettpolster an. Im November suchen sie in Laub- oder Komposthaufen bzw. im Holzstoß ein Schlafplätzchen. Sie schlummern dort bis in den Frühling. Sofern man sie in Ruhe ruhen lässt.

"Beim Laubrechen stolpern Gartenbesitzer über kleine Igel. Aus falsch verstandener Tierliebe klauben sie die Vierbeiner ein und wollen sie retten", sagt KURIER-Tiercoach Dagmar Schratter. Die Direktorin des Tiergarten Schönbrunn rät zu besonnenem Vorgehen: beobachten, abwiegen, abwägen, notfalls durchfüttern und aussetzen.

Von Ende Oktober bis Mitte November sind Igel auf Herbergsuche. Die Einzelgänger brauchen gut isolierte Verstecke, um gesund durch die kalte Jahreszeit zu kommen. Jungtiere, die erst im August geboren wurden, sind mitunter noch recht klein. "Igel nehmen jetzt aber sehr gut zu. Tieren, die mehr als 400 Gramm wiegen, muss man nicht über den Winter helfen", sagt Schratter: "Igel dagegen, die kleiner sind als eine mittelgroße Ananas bzw. eine Konservendose, sollte man im Auge behalten."

Tiercoach: Igel auf Herbergsuche

Solange die Witterung gut ist, finden die Insektenfresser genügend Nahrung. Sinken die Temperaturen, kann zusätzliches Futter angeboten werden: Fertiges Katzenfutter, hin und wieder ein hart gekochtes Ei, auch eingesammelte Regenwürmer oder Mehlwürmer aus dem Zoofachhandel sind willkommene Kalorien. Untergewichtige Igelkinder legen mit Katzen- oder Hundemilch vom Tierarzt am schnellsten zu. Kondensmilch verdünnt mit Fencheltee, der Blähungen vorbeugt, päppelt die Babys ebenfalls auf.

"Der Igel ist kein Heimtier. Es ist schwierig, die Wildtiere in Menschenobhut zu pflegen", sagt die Expertin. Tiere mit weniger als 300 Gramm Körpergewicht benötigen alle paar Stunden Futter. Bei den Winzlingen muss die Spezialmilch mit einer Spritze verabreicht werden. Igel, die die kalten Monate drinnen verbringen, halten keinen Winterschlaf. Sie schlafen dann nur tagsüber. Ihr Lebensraum sollte zwei Quadratmeter messen, die Holzbretter müssen mindestens 60 cm hoch sein. "Igel klettern sehr, sehr gut", warnt der KURIER-Tiercoach. Die Pfleglinge in den ungeheizten Keller abzuschieben, geht nicht. Zimmertemperatur ist angemessen. Ein Schuhkarton mit Zeitungspapier dient als Schlafhäuschen. Laub und Heu bieten ideale Verstecke. Maximal ein Drittel der Nahrung kann pflanzlich sein: Karotten, Äpfel, Sonnenblumenkerne sowie harte Nüsse zur Kariesprophylaxe. Kleine Igel müssen zusätzlich mit Futterkalk versorgt werden. Vorsicht vor Verfetten!

"Jeder Findling muss zuerst einmal zu Tierarzt", sagt Schratter. Igel haben jede Menge Parasiten und sind in der Regel von unzähligen Zecken befallen. Der Experte entfernt die Plagegeister und überprüft, ob der Vierbeiner gesund und lebensfähig ist. Und ob er unter Umständen nicht doch gleich wieder zurück in den Garten kann.

Entscheidet der Tierarzt für ein Überwintern im Haus, heißt es spätestens Anfang Mai: Zurück zur Natur. "Bringen Sie den Igel an einen Ort, wo es keine Straße in der Nähe gibt", rät der KURIER-Tiercoach: "Der Platz sollte gut strukturiert sein und Unterschlupf bieten. Am besten, Sie setzen den Igel dort aus, wo Sie ihn gefunden haben."

Mehr zum Thema

  • Hauptartikel

  • Tipp

  • Bilder

Kommentare