"Substanzen sehr schwer nachweisbar"

"Substanzen sehr schwer nachweisbar"
Hohe Dunkelziffer: In Österreich gibt es keine Statistik über Strafverfahren, in denen Vergewaltigungsdrogen eine Rolle spielen.

Knock-out-Tropfen stellen Justiz und Wissenschaft vor ein veritables Problem: Sittlichkeitsdelikte unter Einfluss bestimmter betäubender Substanzen sind nur sehr schwer nachweisbar.

Das heißt nicht, dass es sie nicht gibt. In Österreich gibt es keine Statistik über Strafverfahren, in denen Vergewaltigungsdrogen eine Rolle spielen. Einer parlamentarischen Anfrage-Beantwortung zufolge zeigten im Vorjahr österreichweit 62 Personen einen solchen Sachverhalt an. Die Dunkelziffer dürfte um ein Vielfaches höher sein, bestätigt man beim Wiener Frauennotruf, einer auf sexualisierte Gewalt spezialisierten Beratungsstelle. "Wir verzeichnen seit mehr als einem Jahr einen deutlichen Anstieg", sagt Mayala Geneviève.

Sie berät weibliche Opfer, begleitet sie zur Polizei. Eine konkrete Zahl will die Sozialarbeiterin nicht nennen, weil sie das Bild verfälschen würde. Immerhin ist der Frauennotruf nur eine Beratungsstelle von vielen in der Bundeshauptstadt. Mit einer Mär räumt Geneviève aber auf: Rund die Hälfte der Fälle ereignet sich nicht in Discos, sondern im privaten Ambiente, in Wohnungen, bei Partys.

Frei erhältlich

Das genaue Ausmaß des Problems kennt niemand. Die Palette an verwendeten Stoffen reicht von Medikamenten bis zu Industriechemikalien, die frei erhältlich sind. Ein flächendeckendes Verbot sei "deshalb nicht realisierbar", sagt Johanna Schopper, die nationale Drogenkoordinatorin. Eine im Jahr 2009 veröffentlichte Studie des British Journal of Criminology geht gar von einer "modernen Legende" aus, da, so die Ergebnisse, die Polizei keine Hinweise auf K.o.-Tropfen gehabt habe.

Das wundert Rainer Schmid, Chef-Toxikologe im Wiener AKH, nicht. "Einige Substanzen sind eben sehr schwer nachweisbar", erklärt der Chemiker. Gerade weil Opfer an sich und ihrer Wahrnehmung zweifeln, vergeht wertvolle Zeit. Oft bleibt nur ein Zeitfenster von zwölf Stunden, um bestimmte Stoffe ausfindig zu machen. Wenn also die Polizei ihre Anzeige tippt, hat sich der Stoff, ein wichtiges Beweismittel, bereits verflüchtigt.

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