Strasser: Korruptionsverdacht erhärtet

Strasser: Korruptionsverdacht erhärtet
In dem vom ehemaligen EU-Parlamentarier angestrengten Medienverfahren gegen den KURIER wurde bisher nicht bekanntes Beweismaterial erörtert.

Ein medienrechtliches Verfahren, das Ernst Strasser gegen den KURIER eingeleitet hat, wird zum Bumerang: Der Korruptionsverdacht gegen den einstigen Innenminister und EU-Parlamentarier hat sich erhärtet.

18 der Print und online erschienenen Artikel über die "Lobbygate-Affäre" hatte Strasser eingeklagt. Gestern wurde er im Wiener Straflandesgericht mit bisher nicht öffentlich bekanntem Beweismaterial konfrontiert, das inhaltlich weit über das Video hinausgeht, das als Lobbyisten getarnte britische Enthüllungsjournalisten bei einem Treffen mit Strasser am 11. November 2010 aufgenommen hatten – es führte zu Ermittlungen wegen des Verdachts der Bestechlichkeit; darauf stehen bis zu zehn Jahre Haft.

Die zwei Reporter der Sunday Times hatten ein Abendessen mitgefilmt, bei dem ein Honorar von 100.000 Euro als Gegenleistung für Gesetzesänderungen im EU-Parlament thematisiert wurde.

Wie sich gestern zeigte, verfügt die Justiz neben dem Video über weitere, Strasser belastende Indizien. Richter Stefan Apostol verlas das Originaltranskript von besagtem Essen, das auch Gesprächspassagen enthält, die nicht auf den Clips enthalten sind. Apostol hielt Strasser auch das Protokoll eines Gesprächs vor, das er Anfang März 2011 mit den zwei Journalisten in Brüssel geführt hatte. Sie hatten ihn ersucht, für einen ihrer vermeintlichen Klienten die Fristverkürzung eines Gesetzesentwurfs im Wirtschaftsausschuss des Parlaments zu erreichen.

Er habe "die Information, dass der Entwurf vom Bericht, den ich geschickt habe, durchgegangen ist", sagte Strasser laut Protokoll. Die Frist sei zwar nicht – wie gewünscht – auf neun, aber auf zwölf Monate verkürzt worden. Für Strasser "ein sehr guter Kompromiss"; "Ich glaube, wir haben die Decke erreicht." Sollte der Klient damit nicht einverstanden sein, "müssen wir es überdenken". Strasser ließ auch wissen, den Änderungsvorschlag nicht nur ins Büro seines Fraktionskollegen Othmar Karas gebracht zu haben. Er habe ihn auch dem für die Entscheidungsfindung im Ausschuss maßgeblichen Berichterstatter übergeben: "Ja, sie haben es gesehen. [...] Ich bin zum Österreicher (gemeint offenbar Karas) , aber der Österreicher ist damit zum Spanier (gemeint der aus Spanien stammende Berichterstatter) gegangen. Und ich auch."

Provokation

Strasser blieb – als Zeuge unter Wahrheitspflicht – bei seiner Verteidigungslinie: Er habe sich mehrmals mit den Briten getroffen, "weil ich wusste, dass diese Personen nicht diejenigen sind, für die sie sich ausgeben". Seit Juli 2010 habe er geahnt, dass es die Firma, die sie ihm genannt hatten, nicht gibt. Er habe "herausfinden wollen, was die wahren Hintergründe sind", sei also zum Schein auf ihr Angebot eingegangen. – Das Verfahren wurde vertagt, um weitere Beweise beizuschaffen.

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