SPÖ und ÖVP präsentieren Elektronische Gesundheitsakte

SPÖ und ÖVP präsentieren Elektronische Gesundheitsakte
Ärzte müssen künftig Befunde und verschriebene Medikamente elektronisch speichern. Für Patienten bleibt es bei der freiwilligen Teilnahme.

Gesundheitsminister Alois Stöger und ÖVP-Gesundheitssprecher Erwin Rasinger haben sich am Montag erleichtert und zufrieden über die koalitionäre Einigung über die Elektronische Gesundheitsakte (ELGA) gezeigt. Damit werden künftig alle Befunde und gesundheitsrelevanten Dokumente der Patienten elektronisch gespeichert.

Starten soll die Elektronischen Gesundheitsakte Ende 2013/Anfang 2014 durch die Nutzungsmöglichkeiten des ELGA-Portals für Patienten. Danach ist eine stufenweise Einführung vorgesehen: ab 2015 ELGA-Betrieb bei Spitälern und Pflegeanstalten, ab 2016 in Arztpraxen und Apotheken, ab 2017 in Privatkrankenanstalten.

Für die Ärzte, Apotheken und Privatspitäler wird es eine Anschubfinanzierung geben, um ihnen die Investitionen zumindest teilweise abzugelten. Die Summe bezifferte Stöger mit insgesamt 15 Millionen Euro, wobei die Aufteilung allerdings noch offen ist.
Die Gesamtkosten bis 2017 werden mit insgesamt 130 Millionen Euro beziffert. Dafür soll ab dem Jahr 2017 eine Kostendämpfung von 129 Mio. Euro pro Jahr erreicht werden. Dem stehen dann laufende Kosten von 18 Mio. Euro jährlich gegenüber.

Für Stöger ist es "ein schöner Tag", das ELGA-Gesetz biete "neue Chancen" für die Patienten, die Behandlungen würden "noch besser und sicherer". Rasinger meinte, dass nach einer langen Verhandlungszeit jetzt doch ein "gutes Gesetz" vorliege. Die Ärztekammer ist auch mit dem neuen Gesetzesentwurf nicht zufrieden. "Schlechtes ist wohl besser geworden, aber immer noch nicht gut genug", sagte Präsident Artur Wechselberger am Montag gegenüber der APA. Ihre Wiener Vertretung, sieht in der heute präsentierten ELGA-Einigung einen "Teilerfolg". Einige wesentliche Punkte konnten entschärft beziehungsweise nachgebessert werden, befand Präsident Thomas Szekeres am Montag in einer Aussendung.

Ärzte haften bei Fehlern

Für die Patienten bleibt es bei der freiwilligen Teilnahme mit einer Opting-Out-Regelung, für die Ärzte wurde die von Stöger geplante verpflichtende Teilnahme jedoch aufgeweicht.

Für die Ärzte gibt es nur eine Verpflichtung zur Speicherung von vier Befunddaten: Entlassungsbriefe aus dem Spital, Labor- und Radiologiebefunde sowie verschriebene Medikamente. Ansonsten sieht das Gesetz für die Gesundheitsdiensteanbieter (Spitäler, Ambulanzen, niedergelassene Ärzte) ein grundsätzliches "Verwendungsrecht" vor. Allerdings haften die Ärzte, wenn sie aufgrund einer Nicht-Verwendung von ELGA-Daten einen Fehler machen, weil sie nach dem jeweiligen Stand der medizinischen Forschung behandeln müssen. Stöger ist allerdings überzeugt: "Der gute Arzt wird ELGA verwenden und ich bin überzeugt, wir haben nur gute Ärzte." Verwaltungsstrafen für Ärzte wird es hingegen nicht geben. Man werde "keinen Arzt in Ketten abführen", waren sich Stöger und Rasinger einig.

Die Ärztekammer zeigte sich dennoch skeptisch. "Schlechtes ist wohl besser geworden, aber immer noch nicht gut genug", sagte Präsident Artur Wechselberger am Montag. Auch von der Opposition kam Ablehnung. Die Blauen fürchteten eine Kostenexplosion und sprachen von einem "gesundheitspolitischen Skylink". Orange und Grüne sprachen sich zwar für elektronische Gesundheitsdatenspeicherung aus, der nun gefundene Kompromiss missfiel ihnen aber wegen Datenschutzbedenken. Karl Öllinger fürchtete Missbrauch "von innen und außen" und wünschte sich Opting-in statt Opting-out.

Freiwilligkeit: Opting-Out

Für die Patienten wird die Freiwilligkeit mittels sogenannter Opting-Out-Regelung gewährleistet, wonach man automatisch teilnimmt, wenn man nicht ausdrücklich widerspricht. Der Gesundheitsminister verwies darauf, dass man auch beim Organtransplantationsgesetz eine ähnliche Lösung gewählt habe, alles andere hätte zu viel an Bürokratie bedeutet. Der Patient kann bei einer Ombudsstelle "hinausoptieren", möglich ist auch dass man Widerspruch gegen die Speicherung einzelner Befunde oder Medikamente (z.b. Viagra) direkt beim Arzt einlegt.

Zugriffe für Patienten sichtbar

Der Gesundheitsminister verwies in diesem Zusammenhang auch auf "die höchste Form des Datenschutzes". Die Daten werden dezentral beim Arzt bzw. Spital nach genau definierten technischen Qualitätskriterien gespeichert. Nur die Daten für die E-Medikation werden für kurze Zeit zentral gespeichert. Die Patienten können die Zugriffsrechte selbst bestimmen und sehen, wer auf ihre Daten zugegriffen hat. Nach Ansicht Stögers werden damit "neue Maßstäbe" gesetzt, die es etwa bei Kredit- oder Bankomatkarten nicht gebe.

Sowohl Stöger als auch Rasinger verwiesen darauf, dass die Verhandlungen mehr als eineinhalb Jahre gedauert haben und nicht leicht gewesen seien. Der Minister zeigte sich "sehr froh, das Kind auf die Welt zu bringen", auch wenn es länger gedauert habe als erwartet. Der ÖVP-Gesundheitssprecher meinte, es habe doppelt so lange wie eine normale Schwangerschaft gedauert, er hoffe, dass es "keine Steißgeburt" sei. Dass er den ersten Entwurf Stögers abgelehnt habe, begründete Rasinger damit, dass dieser "ein Auto mit fünf Rädern ohne Bremsen" gewesen sei und er "keinen Flop" verantworten wollte. Das jetzige Ergebnis sei "ein Sieg der Vernunft", mit dem man die Möglichkeit für ein sehr erfolgreiches Projekt geschaffen habe. Stöger meinte, Österreich könne damit seine Vorreiterrolle in der Gesundheitspolitk weiter ausbauen.

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