Sozialisten lassen Strauss-Kahn fallen

Sozialisten lassen Strauss-Kahn fallen
Frankreichs Sozialisten gehen auf Distanz zu ihrem einstigen Star. Ex-Premier Rocard hält DSK gar für geisteskrank.

Einige Sozialisten halten es für eine gefährliche Drohung: Dominique Strauss-Kahn (DSK) , dessen Rückkehr nach Paris am Wochenende erwartet wird, soll einen Auftritt in einem TV-Abendjournal planen. Was auch immer der in den USA über eine Sex-Affäre gestrauchelte ehemalige Chef des Weltwährungsfonds sagen mag, es kommt eher ungelegen - jetzt, wo sich die französische SP im Aufwind für die Präsidentenwahlen 2012 befindet.

Vorbei sind die Zeiten, als DSK noch als größter Hoffnungsträger der Linksopposition galt, um Nicolas Sarkozy vom Präsidentenstuhl zu stoßen. Und vorbei ist auch die Phase, in der viele Franzosen DSK als Opfer einer Intrige sahen, bei der Sarkozy oder gar Euro-feindliche US-Finanzer die Fäden gezogen hätten. Inzwischen sind laut Umfrage 80 Prozent gegen sein Polit-Comeback.

Machtposition

Dabei wurde DSK inzwischen durch die Einstellung des Verfahrens gegen ihn in New York vom Vorwurf der Vergewaltigung der Hotelbediensteten Nafissatou Diallo de facto reingewaschen. Aber gleichzeitig wurde klar, dass er nicht nur einen "überstürzten Kontakt" (so der Staatsanwalt) mit dem Zimmermädchen hatte, sondern dass er seine Machtposition gegenüber Frauen in mehr oder weniger untergebener Stellung chronisch und in höchst unsensibler Weise ausnützte. Zumindest im Fall einer französischen Journalistin, der in Paris noch gerichtsanhängig ist, besteht der Verdacht, DSK habe auch körperliche Gewalt angewendet.

Jetzt brach einer der angesehensten Persönlichkeiten der französischen SP, Ex-Premier Michel Rocard, den innerparteilichen Schweigebann in Sachen DSK und Sex. Er diagnostizierte bei Strauß-Kahn eine "Geisteskrankheit" und "mangelnde Triebkontrolle".
Vor allem aber erklärte SP-Vorsitzende Martine Aubry, sie denke "das Gleiche wie viele Frauen über die Haltung von DSK gegenüber den Frauen". Aubry, die bei den internen Vorwahlen für die Nominierung des sozialistischen Präsidentschaftskandidaten antritt, muss sich auch einiges vergeben lassen, wenn sie als Frau auf weibliche Wähler zählen will. Aubry hatte anfangs überschwängliche Treueschwüre für DSK abgegeben. Deswegen ließ sich Aubry jetzt für die Illustrierte Paris Match im Beisein von Dutzenden prominenten SP-Politikerinnen fotografieren und als "stärkste Verfechterin der Frauenrechte" feiern.
Solche Fleißaufgaben hat ihr wichtigster Rivale, François Hollande, gar nicht nötig. Der besonnen und zugänglich wirkende Ex-SP-Chef gilt laut Umfragen als klarer Favorit sowohl für die SP-Vorwahlen als auch für die Präsidentenwahlen. Hollande wahrte gegenüber DSK stets nüchterne Distanz. Sarkozy dürfte die Affäre DSK jedenfalls nicht viel nützen: Laut Umfrage wünschen 64 Prozent einen Wahlsieg des Linkskandidaten, nur 36 Prozent setzen auf den bürgerlichen Amtsinhaber.

Der Fall DSK: Eine Chronologie

14. Mai Dominique Strauss-Kahn (DSK) wird wegen des Verdachts der Vergewaltigung in New York festgenommen. Er kommt auf die Gefängnisinsel Rikers Island.

19. Mai DSK tritt als Chef des Int. Währungsfonds zurück.

20. Mai Der Franzose verlässt das Gefängnis gegen Kaution und harte Auflagen (Hausarrest, elektronische Fußfesseln).

1. Juli Nach Zweifeln an der Tatversion wird der strenge Hausarrest aufgehoben.

23. August Die Anklage gegen Dominique Strauss-Kahn wird fallen gelassen.

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