Sorge um deutsche Liberale

Sorge um deutsche Liberale
Klaus Kinkel, ein FDP-Urgestein, redet Klartext: "Den deutschen Liberalen geht es nicht gut." Vor allem die Außenpolitik kritisiert er scharf.

Klaus Kinkel, ein Urgestein der FDP und deutscher Ex-Außenminister, redet Klartext: "Den deutschen Liberalen geht es nicht gut, die FDP ist nicht im besten Zustand."

Scharf kritisiert er auch die deutsche Außenpolitik, für die ja sein Parteikollege Guido Westerwelle verantwortlich ist: "Es war ein großer Fehler, sich bei der Abstimmung über eine Libyen-Resolution im UN-Sicherheitsrat zu enthalten", der zweite große Fehler sei der "abrupte Ausstieg aus der Atom-Energie".

Doch Kinkel - er war 1991/'92 deutscher Justizminister, 1992-1998 Außenminister und 1993-1995 FDP-Chef - macht für das deutsche Libyen-Desaster nicht alleine Westerwelle verantwortlich: "Es war eine gemeinsame Entscheidung der Bundeskanzlerin (Angela Merkel, CDU) , des Verteidigungsministers (Thomas de Maizière, CDU) und des Außenministers. Natürlich war sie falsch. Die Befreiung Libyens ist den NATO-Angriffen zu verdanken", betont er im KURIER-Gespräch.

Rückendeckung

Dass Westerwelle diese Erkenntnis zu spät gekommen sei und er deswegen seit Tagen unter politischer Dauerkritik stehe, ist für Kinkel aber kein Grund für einen Rücktritt des amtierenden FDP-Außenministers: "Das wird nicht passieren, auch nicht nach den Landtagswahlen in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern. Die Parteiführung hat Westerwelle den Rücken gestärkt."

Insgesamt bemängelt er, die deutsche Außenpolitik sei noch nicht in der Realität des 21. Jahrhunderts angekommen: "Wir brauchen eine globale Außenpolitik. Die Welt ist nicht mehr bipolar wie im Kalten Krieg." Dass Europa und die transatlantischen Beziehungen das Kernstück der Außenpolitik seien, widerspricht für den Ex-FDP-Politiker dem globalen Ansatz nicht.

In der liberalen Partei hat Kinkel immer noch Gewicht. Nach seiner Rede vor Mitgliedern des Management Clubs am Mittwoch in Alpbach fuhr er zur FDP-Klausur nach Bensberg bei Köln, wo er und der einflussreiche Ex-FDP-Chef Hans-Dietrich Genscher am Abend mit Westerwelle zusammentrafen und ihn wohl auf Linie brachten.

EU-Kritik

Skeptisch betrachtet Kinkel nicht nur die deutsche Außenpolitik, sondern auch die europäische. Eine große Baustelle sei die EU-Außenpolitik unter Catherine Ashton. "Was macht die EU in Afghanistan, im Nahen Osten, Israel, Palästina, Balkan, Nordafrika, in der arabischen Welt, China, in den Schwellenländern?", fragt Kinkel - und gibt selbst die ernüchternde Antwort: "Der EU fehlt es an Strategie, auf die Umbrüche zu reagieren."

Der frühere deutsche Chefdiplomat warnt eindringlich davor, bei der Lösung der Wirtschaftskrise auf das gemeinsame Vorgehen in Europa zu verzichten. "Kein Land kann alleine überleben. Es geht um die Selbstbehauptung Europas auf der globalen Bühne. Asien wartet nicht auf Europa."

Die EU müsse integrierter werden, aber: "Die Vereinigten Staaten von Europa mit Zentralregierung in Brüssel wird es nie geben."

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