Sexmissbrauch: Streit um Beichtgeheimnis

Die irische Regierung will Priester zwingen, gebeichtete Missbrauchsfälle anzuzeigen. Die Kirche protestiert.

Pater PJ Madden aus dem ostirischen Carlow gibt sich kämpferisch. Eher gehe er ins Gefängnis, als dass er den staatlichen Behörden verrate, was ihm Gläubige bei der Beichte anvertraut haben. Madden ist nicht der Einzige, der das so sieht. Im ganzen Land laufen die katholischen Geistlichen Sturm gegen den Plan der irischen Regierung, das Beichtgeheimnis aufzuheben.

Auslöser war eine amtliche Untersuchung von sexuellen Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche in der Diözese Cork. Der sogenannte Cloyne-Report, der im Juli veröffentlicht wurde, kam zu dem Schluss, dass der Vatikan aktiv dafür gesorgt habe, dass Fälle sexueller Übergriffe auf Kinder nicht angezeigt und vor Gericht gebracht wurden.

Irlands Premierminister Enda Kenny griff den Vatikan daraufhin in einer Parlamentsrede scharf an. Und Justizminister Alan Shatter brachte die umstrittene Gesetzesänderung auf den Weg, die vorsieht, dass Hinweise auf Kindesmissbrauch künftig ausnahmslos umgehend zu melden sind - auch eine entsprechende Beichte. "Nachdem die katholische Kirche einmal mehr gezeigt hat, dass sie mit den Missbrauchsfällen nicht angemessen umgeht, sieht sich die Regierung gezwungen, Gesetze zu verabschieden, nach denen es strafbar ist, Informationen über Kindesmissbrauch zurückzuhalten", erklärte Shatter.

Das Gesetz soll in den kommenden Monaten beschlossen werden. Die Kirche will das nicht hinnehmen. "Das Beichtgeheimnis ist Teil des heiligen Bußsakraments. Es geht weit über das Thema Kindesmissbrauch hinaus", erklärte die Vereinigung der katholischen Priester Irlands. Wer in den Beichtstuhl komme, komme nicht als Krimineller, sondern als Sünder, der vor Gott Vergebung suche. Die Geistlichen betonen jedoch, dass sie Betroffenen stets raten würden, sich den Behörden zu stellen.

Laut Umfragen steht die Mehrheit der Iren hinter dem Plan der Regierung. Das Vertrauen der früher erzkatholischen Iren in die Kirche ist schwer erschüttert. Kindesmissbrauch durch Geistliche hatte auf der Insel in den vergangenen Jahrzehnten eine Dimension wie in kaum einem anderen europäischen Land.

Die Problematik mit dem Beichtgeheimnis ist aber nicht auf Irland beschränkt. 1962 beichtete in Deutschland der Fleischergeselle Jürgen Bartsch den Mord an einem achtjährigen Buben. Der Priester forderte Bartsch auf, sich den Behörden zu stellen; erst danach würde er ihm die Absolution erteilen. Wegen des Beichtgeheimnisses alarmierte der Priester nicht die Polizei. Bartsch stellte sich nicht - und ermordete in der Folge drei weitere Kinder.

Deutschland: Kloster Ettal entschädigt jetzt die Opfer

Im bayerischen Benediktinerkloster Ettal haben einige Mönche jahrzehntelang ihre Internatsschüler missbraucht, körperlich misshandelt und seelisch drangsaliert. 70 Opfer werden mit insgesamt 700.000 Euro entschädigt. Der Mindestbetrag liegt bei 5000 €, in Einzelfällen seien bis zu 20000 Euro überwiesen worden, teilte die Abtei mit. Die Entschädigungszahlungen wurden von einem unabhängigen Kuratorium festgelegt. Die Misshandlungen liegen teils mehr als 60 Jahre zurück.

Der Verein der Missbrauchsopfer würdigte in einer Stellungnahme "Mut und Anstand" der Ettaler Benediktiner bei der Aufarbeitung des Skandals. Mit den Entschädigungszahlungen setze das Kloster Maßstäbe. Der langjährige Abt musste zurücktreten.

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