Putins riskanter Kontrollwahn

Putins riskanter Kontrollwahn
Sesselkleber verhindern jeden Aufbruch.

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser – dieser Lenin zugeschriebene Spruch scheint auch die politische Leitlinie von Wladimir Putin zu sein. Wenn es nach ihm geht, wird er Russland bis ins Jahr 2024 – und damit fast ein Vierteljahrhundert lang – seinen persönlichen Stempel aufdrücken. In seinen Augen mag das Stabilität signalisieren, eine wachsende Zahl von Russen wird diese Dauerherrschaft aber als totale Stagnation und Versteinerung empfinden.

Schon jetzt ist der freie Wettbewerb der Ideen in Russland stark eingeschränkt. Die offizielle Opposition im Parlament ist unkritisch, die inoffizielle auf der Straße noch inhomogen und führungslos. Ehrgeizige Oligarchen wie Michail Chodorkowski sind im Straflager verschwunden, andere Superreiche haben sich lieber arrangiert. Die Medien – vor allem das im riesigen Russland meinungsbildende Fernsehen – sind auf Linie gebracht. Über die Regierungspartei Einiges Russland laufen alle Fäden in einer Hand zusammen – in der von Wladimir Putin.

Machtmissbrauch

Ein solches System fördert fast zwangsläufig Vetternwirtschaft und Korruption, Abhängigkeiten und Machtmissbrauch. Meinungsvielfalt, Transparenz und unabhängige Kontrolle sind seine natürlichen Feinde.

Putin ist durch die straffe Schule des sowjetischen und später des russischen Geheimdienstes gegangen. Und bis heute stützt er sich vorwiegend auf Vertraute aus diesen Kreisen. Ruhe und ihre Spielart von Ordnung, in der sich eine kleine Gruppe von Mächtigen hinter verschlossenen Türen alles untereinander ausschnapst, sind ihr ideologisches Erbe.

Putin und seine Getreuen bilden einen starren Block – das hat sie lange stark gemacht. Doch zu Kompromissen mit der anwachsenden Protestbewegung, zu den dringend notwendigen Reformen und einem fairen und vernünftigen Machtausgleich sind sie nicht fähig – das macht sie auf Dauer verwundbar.

Eines sollte Putin nicht übersehen: Jahrzehntelang waren die alles kontrollierenden Geheimdienstler tragende Säulen des Sowjetsystems. Als es innerlich morsch war, konnten sie seinen Zusammenbruch aber nicht verhindern.

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