Prozess - Tag 4: Mehrere Ziele für Bomben und Attentat

Prozess - Tag 4: Mehrere Ziele für Bomben und Attentat
Der Oslo-Attentäter erläuterte, wie er seine Ziele auswählte. Er rechnete nicht damit, die Bombenexplosion zu überleben.

Der norwegische Massenmörder Anders Behring Breivik hat am vierten Prozesstag erläutert, wie er zum Entschluss kam die Bombe im Osloer Regierungsviertel zu platzieren. Dabei sind ihm zunächst mehrere Ziele vorgeschwebt. Er konnte allerdings nur eine Bombe bauen.

Darüber hinaus gab er an, nicht hinter allen Aussagen seines 1500 Seiten starken Manifests zu stehen. Er erzählte auch, dass er sich ein ganzes Jahr freigenommen hatte, um das Computerspiel "World of Warcraft" zu spielen. Insgesamt wirkte er gefasster als am Vortag, als ihn Staatsanwältin Inga Bejer Engh deutlich in die Enge getrieben hatte.

Bombe: Mehrere Ziele

Breivik hatte neben dem Osloer Regierungsviertel mehrere andere Terrorziele in der engeren Wahl. Der erste Plan sei gewesen, drei Autobomben zu bauen, sagte Breivik. Als Ziele habe er sowohl das Hauptquartier der Arbeiterpartei, das Regierungsgebäude Stortinget, das Osloer Rathaus und ein Gebäude nahe der Zeitung Aftenposten überdacht und verworfen. Hier wären zu viele unschuldige Menschen in der Nähe gewesen.

Er habe auch an das königliche Schloss gedacht, das von der Arbeiterpartei für Staatsbesuche genutzt werde. Wichtig sei ihm aber gewesen, der königlichen Familie keinen Schaden zuzufügen. "Ich bin Anhänger der Monarchie", sagte Breivik. Er habe es aber nicht geschafft, mehr als eine Bombe zu bauen und daher eines der Ziele auswählen müssen.

Massaker

Zusätzlich habe er sich für ein Massaker entschieden. "Das attraktivste Ziel wäre die internationale Journalisten-Konferenz Skup gewesen." Seinen Anschlag hier habe er aus Zeitgründen 2011 aber nicht realisieren können. Das Ferienlager der sozialdemokratischen Jugend auf Utöya sei das nächstbeste Ziel gewesen.

Er habe damit gerechnet, den Bombenanschlag in Oslo nicht zu überleben, sagte der geständige Massenmörder am vierten Prozesstag. "Ich habe die Wahrscheinlichkeit, (den Angriff auf) das Regierungsviertel zu überleben, auf unter fünf Prozent geschätzt." Er habe die Situation daher simuliert und geübt, wieder herauszukommen, unter anderem mit dem Computerspiel "Modern Warfare" ("Moderne Kriegsführung").

16 Stunden täglich beim PC-Spiel

Am Morgen gab er an, sich ein ganzes Jahr freigenommen zu haben, um das Computerspiel " World of Warcraft" zu spielen. Er habe im Schnitt 16 Stunden am Tag vor dem Computer gesessen. "Das war aber reine Unterhaltung, ein Hobby, und hatte nichts mit dem 22. Juli zu tun", betonte er. Für seinen Anschlag habe er mit echten Waffen trainiert. Er sei mehrmals beim Schießtraining eines Vereins gewesen.

Auf das Computerspiel-Hobby habe seine Umgebung mit Entsetzen und Schock reagiert. "Ich konnte ihnen ja nicht sagen, dass ich ein freies Jahr nehme, weil ich mich fünf Jahre später in die Luft sprengen wollte." Zuvor sei er immer recht sozial gewesen, betonte Breivik, der früher als Selbstständiger tätig war.

Manifest nur "Entwurf"

Mit seinem Manifest sei er nicht ganz fertig geworden, es sei nur ein Entwurf, sagte der selbsternannte "Schriftsteller". Auf die Frage von Staatsanwältin Engh, ob er allem zustimme, was in dem Kompendium stehe, antwortete Breivik mit "Nein". "Sie haben 77 Menschen getötet, ohne ganz sicher über das zu sein, was im Manifest stand?", fragte Engh ungläubig. Breivik betonte, er stimme dem allermeisten zu.

Er habe beim Schreiben aber Rücksicht auf andere nehmen müssen. Das Manifest repräsentiere daher nicht seine Meinung, sondern die von vielen Europäern, sagte Breivik. Er hatte zuvor angegeben, von einem Netzwerk militanter Nationalisten mit dem Schreiben des Dokuments beauftragt worden zu sein. Nur Stunden vor den Terroranschlägen hatte der Massenmörder das Manifest mit dem Namen "2083 - Eine europäische Freiheitserklärung" per E-Mail an rund 1000 Adressaten versandt.

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