Prominenz im "Häf’n"

Prominenz im "Häf’n"
Mehrere österreichische Politiker sind derzeit akut bedroht, für längere Zeit im Gefängnis zu landen. Ein hartes Los – ganz besonders für Menschen, die ein Leben im Luxus gewohnt sind.

Natürlich ist "Sitzen" für einen kleinen Fahrraddieb genauso unangenehm wie für einen Politiker oder TV-Star. Aber es ist zweifellos ein doppelter Schock, wenn man aus einer Villa oder einem Luxus-Penthouse in den "Häf’n" übersiedelt. Einer, dem das bald blühen könnte, ist Kärntens Ex-ÖVP-Chef Josef Martinz, der diese Woche in erster Instanz zu fünfeinhalb Jahren unbedingter Haft verurteilt wurde. Aber auch eine Reihe weiterer Politiker sehen Gerichtsverfahren entgegen, die ähnliche Folgen haben könnten.

Prominenz im "Häf’n"

Was das bedeutet, weiß Ex-BAWAG-Chef Helmut Elsner, der wegen Untreue und Betrugs zu zehn Jahren verurteilt wurde, von denen er vier Jahre absaß. "Das Schlimmste im Gefängnis", sagte er, "ist die Einsamkeit". Deutlicher wurde während der Haftzeit seine Frau Ruth im KURIER-Interview: "Ich darf ihn bei meinen Besuchen nur durch eine Glasscheibe sehen, wir können uns nicht berühren und sprechen über ein Telefon. Die Justiz hat die gesamte Familie mitvernichtet. Mein Mann erleidet das schlimmste Schicksal, das es gibt: Seiner Freiheit beraubt zu sein." Elsner, der zeitweise mit einem Frauenmörder in einer Zelle saß, wurde 2011 aus Gesundheitsgründen entlassen.

Meinl

Prominenz im "Häf’n"

Völlig unvorbereitet traf Julius Meinl V. die U-Haft. Er wurde 2009 wegen vermuteter Untreue und anderer Delikte zur Einvernahme geladen, bei der der Staatsanwalt erklärte: "Jetzt kommt der unangenehme Teil, Herr Meinl, Sie sind festgenommen!" Der Banker stand im feinen Nadelstreif fassungslos da und durfte die Justizanstalt Wien-Josefstadt nicht verlassen.

Die erste Nacht verbrachte er in einer Einzelzelle, die zweite mit Stefan Matschiner, dem wegen Dopingvergehens einsitzenden Manager des Radprofis Bernhard Kohl. "Herr Meinl" sei ein Häftling wie jeder andere, erfuhr man aus der Direktion des Grauen Hauses, "er muss seine Bettwäsche ausfassen und sein Bett selbst überziehen". Zu Essen gab’s Einbrennsuppe, Spaghetti und tags darauf Augsburger Würstel.

Kaution

Prominenz im "Häf’n"

Nach 39 Stunden kam Meinl gegen Zahlung einer Rekord-Kaution in Höhe von 100 Millionen € frei. Er ließ sich nicht, wie nach anderen Terminen, vom Chauffeur im Bentley holen, sondern verließ das Gefängnis im Taxi.

In jenen Tagen war Wiens Landesgericht ein richtiger "Promi-Häf’n", denn neben Meinl und Elsner saß dort auch Waffenlobbyist Alfons Mensdorff-Pouilly, der sein Schloss im Burgenland für fünf Wochen gegen eine 12 große Zelle tauschen musste. Seine Mithäftlinge wählten ihn zum "Stocksprecher".

London

Prominenz im "Häf’n"

Im Jahr darauf wegen Bestechungs- und Korruptionsverdachts in London festgenommen, erhielt "Graf Ali" dort nach sechs Tagen U-Haft 430.000 Euro Entschädigung. Sein launiger Kommentar: "Hätte ich das gewusst, wäre ich länger geblieben."

Auch nach seiner Wiener U-Haft schien er gut gelaunt. Mensdorff tauchte kurz nach seiner Freilassung bei der Wahl zum "Feinschmecker des Jahres" auf, wo ihn "Seitenblicke"-Redakteur Walter Kienreich über seine Zeit hinter Gittern befragte. "Ich habe mit Häftlingen Gespräche geführt, und das hat mich auf den Boden der Realität zurückgebracht", antwortete der Graf. "Ich bin vorm Spiegel gestanden und hab gesagt: ,Ali, du bist im Häf’n, nimm zur Kenntnis, du bist im Häf’n!’" Weitere derartiger Aufenthalte drohen ihm.

Kein anderer "Promi" hat die Haftzeit – zumindest äußerlich – so gut verkraftet wie Mensdorff. Auch Ex-Sturm-Präsident Hannes Kartnig nicht, der 2007 in der Grazer Justizanstalt Jakomini landete. Zwar durfte er die U-Haft nach zwei Monaten verlassen, doch wurde er im Februar 2012 wegen Betrugs und anderer Delikte (noch nicht rechtskräftig) zu fünf Jahren unbedingt verurteilt. In der U-Haft hatte sich Kartnig, laut Anstaltsleitung, "angepasst verhalten".

"Lebenslang" lautete das 1992 verhängte Urteil gegen Ex-Demel-Chef Udo Proksch, nachdem er wegen eines Versicherungsbetrugs die "Lucona" in die Luft gesprengt hatte und damit zum sechsfachen Mörder wurde. In der Haftanstalt Graz-Karlau betätigte er sich als Bibliothekar, gab – wie einst vor seinen prominenten Freunden – jetzt vor seinen Mithäftlingen den Hofnarren, erhielt Besuch von Erika Pluhar und Niki Lauda. Er starb 2001 nach einer Herztransplantation.

Prominente Häftlinge gab es schon zu Kaisers Zeiten, etwa den Kriegsminister Moritz von Auffenberg, der geheime Informationen aus dem Ministerrat für private Börsenspekulationen verwendete und 1912 in Haft ging. In der Zweiten Republik wurden Niederösterreichs "schwarzer" Landeshauptmannstellvertreter Viktor Müllner wegen Veruntreuung von Landesgeldern zu vier Jahren und der "rote" Gewerkschaftspräsident Franz Olah wegen widmungswidriger Verwendung von Gewerkschaftsgeldern zu einem Jahr Haft verurteilt.

Strauss-Kahn

Prominenz im "Häf’n"

Aber nicht nur Österreichs Prominenz landet im "Häf’n". Im Vorjahr wurde IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn in New York verhaftet, als ihn ein Zimmermädchen beschuldigte, sie vergewaltigt zu haben. Die Anklage wurde niedergeschlagen, aber seine Karriere ist zerstört. Ähnlich der Fall des Fernsehstars Jörg Kachelmann, der 2010 eine Frau vergewaltigt haben soll. Nach vier Monaten U-Haft freigesprochen, kann er wohl nie wieder ARD-Wetter-Moderator werden.

O. J. Simpson

Prominenz im "Häf’n"

Amerikas Footballstar und Schauspieler O. J. Simpson wurde 1994 des Mordes an seiner Frau und deren Geliebten angeklagt. Er wurde zwar freigesprochen, ist aber seit 2007 wegen eines Raubüberfalls in Haft.

Totschlag an ihrem Geliebten beging 1977 die deutsche Schauspielerin Ingrid van Bergen und saß dafür fünf Jahre. Sie konnte danach ihre Karriere fortsetzen.

Paris Hilton verbrachte 20 Tage im Gefängnis, weil sie gegen die Bewährungsauflagen wegen Alkohols am Steuer verstoßen hatte. Die Haft ließ die Quoten ihrer TV-Auftritte in die Höhe schnellen.

Arg erwischte es den New Yorker Börsenmakler Bernie Madoff, der Tausende Kleinanleger um 65 Milliarden Dollar betrog und 2009 zu 150 Jahren Haft verurteilt wurde.

Das kann dauern.

Kommentare