Prag: Die Welt nahm Abschied von Havel
Es war keine Predigt für einen toten Staatsmann, sondern viel mehr die ganz persönliche Verabschiedung von einem langjährigen Freund. „Im Gefängnis haben wir Schach gespielt“, erinnerte sich Erzbischof Dominik Duka an seinen Zellengenossen Vaclav: „Durch deine wunderbaren Einfälle ist dieser einzig erlaubte Zeitvertreib zu wertvollen Momenten geworden.“
Viele Monate hatten Duka, damals einfacher Pater, und der damalige Dissident Vaclav Havel im Gefängnis von Pilsen verbracht, politische Häftlinge der kommunistischen Diktatur. Der Erzbischof nützte das Staatsbegräbnis im Prager Veitsdom, um noch einmal daran zu erinnern, was Havel für ihn und für die Tschechen damals war und „immer bleiben wird: „Du hast einem verzagten Volk Hoffnung gegeben und hast es so vereint.“
Ein derart prominent besetztes Staatsbegräbnis erlebt ein kleines europäisches Land wohl selten. Nicht nur, dass Staats- und Regierungschefs von Frankreichs Präsident Sarkozy bis zum britischen Premier David Cameron angereist waren. Auch viele ehemalige Politiker ließen es sich nicht nehmen, sich von einem Mann zu verabschieden, der sie in ihrer Amtszeit so sehr beeindruckt und begeistert hatte. Da war neben seiner frühren – tschechischstämmigen – Außenministerin Madeleine Albright auch Ex-Präsident Bill Clinton erschienen, der im Interview noch einmal daran erinnerte, wie nahe er und Havel sich gestanden seien.
Schwarzenbergs Versprechen
Albright ergriff in der Kirche das Wort, sprach von Havel als der Stimme des Volkes, die man stärken müsse. In diesem Sinne gab auch Außenminister Schwarzenberg, einst Havels Kabinettschef, ein Versprechen ab. Man werde weiter – ganz nach dem Motto des Verstorbenen – für „die Wahrheit und für die Liebe“ kämpfen: „Herr Präsident, Sie können sich auf uns verlassen. “
Während drinnen Politiker und Staatsmänner von Havel Abschied nahmen, hatten sich draußen vor der Kathedrale und auf dem Wenzelsplatz wieder Zehntausende versammelt, um das Ereignis über Leinwände mitzuverfolgen. „ Prag verstummt“, beschrieb ein tschechischer TV-Reporter die Stimmung in der Menge. Tatsächlich hielt die ganze Stadt inne, als um zwölf Uhr Mittag zuerst Sirenen und Glocken erschallten und danach eine Schweigeminute folgte.
Laut sollte erst wieder am Abend werden. Im Palais Lucerna auf dem Wenzelsplatz, das Havels Großvater einst gebaut und das er selbst über Jahre besessen hat, versammelten sich Musiker, die Havel gekannt und geschätzt hatten. Neben der schon in kommunistischen Zeiten legendären tschechischen Band „plastic people of the universe“, hatte sich auch die US-Sängerin Suzanne Vega angekündigt. Sie könne einfach nicht fehlen: „Dafür war unsere Freundschaft für mich viel zu tief greifend.“
ZITIERT
„Seine Stimme war im unruhigen modernen Europa eine der stärksten und überzeugendsten – immer hat er das Beste gesucht, in sich, aber auch in allen von uns.“
Madeleine Albright, Ex-US-Außenministerin
„Frankreich verliert einen Freund und Europa einen seiner klugen Denker.“
Nicolas Sarkozy, französischer Präsident
„Ob er kämpfte oder im Gefängnis litt. Havel bewahrte sich seine Vision die ganzen langen Jahre. Er war eine echte Inspiration für mein Leben.“
Susanne Vega, Sängerin
„Vaclav Havel hätte den Nobelpreis verdient, ohne ihn wäre es nie gelungen, die Herrschaft der Sowjetunion zu brechen.“
Lech Walesa, Ex-Präsident Polens
Kommentare